Thorsten FreiCDU/CSU - Zivile Krisenprävention
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich muss sich Außenpolitik weiterentwickeln, natürlich muss sich Krisenprävention weiterentwickeln – allein schon deshalb, weil sich die Ausprägungen der Krisen verändern. Wenn wir uns die vergangenen Monate und Jahre anschauen, dann sehen wir, dass wir es mit einer Gleichzeitigkeit von Krisen und mit überlappenden Krisen zu tun haben und dass Krisen in aller Welt sich auch in der Innenpolitik in Deutschland manifestieren – ob das Migrationsbewegungen sind, ob das Terrorexport ist oder was auch immer.
Wenn ich mir die Rahmenbedingungen anschaue, dann muss ich sagen: Sie werden nicht einfacher. Beispielsweise ziehen sich die USA stärker auf sich zurück, möchten als Ordnungsfaktor in relevanten Regionen der Erde keine Rolle mehr spielen, und sie weisen darauf hin, dass wir Europäer zukünftig mehr eigene Sicherheitsverantwortung werden tragen müssen.
Wir sehen ferner Russland, für das es offensichtlich keine Rolle mehr spielt, die Vereinbarungen der Charta von Paris auch tatsächlich wirksam werden zu lassen. Schließlich haben wir eine Europäische Union, die in den nächsten zwei Jahren mehr mit sich selbst beschäftigt sein wird, insbesondere mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der gemeinsamen Union.
Das sind die Rahmenbedingungen, die, glaube ich, schon Anlass geben, eine Bestandsaufnahme zu machen und auch zu überlegen, wie wir Krisenpräventionspolitik in der Zukunft vernünftig weiterentwickeln können. Aus meiner Sicht sind drei Grundpfeiler ohne Frage gegeben: erstens der Vorrang des Zivilen; zweitens: Niemals allein, immer multilateral.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Aber der Vorrang muss sich doch auch ausdrücken! Er muss auch materiell werden!)
Und zum Dritten, liebe Frau Vogler – das will ich Ihnen an der Stelle gern sagen –, brauchen wir auch den gesamten Instrumentenkasten der Außenpolitik. Das bedeutet Diplomatie, das bedeutet Entwicklungszusammenarbeit, das bedeutet Krisenprävention, das bedeutet aber dort, wo es notwendig ist, auch den Einsatz militärischer Mittel im Sinne eines umfassenden Sicherheits- und Verteidigungsansatzes.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist es – so glaube ich –, was uns an dieser Stelle unterscheidet.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Das stimmt!)
Sie haben in Ihrer Rede, liebe Frau Vogler, ein echtes Zerrbild der Wirklichkeit gezeichnet.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das werfen Sie uns immer vor!)
Wir haben am 12. Mai 2004 den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention“ durch die Bundesregierung implementiert bekommen. Was ist in den vergangenen 13 Jahren passiert? Wir haben eine mehr als Verzehnfachung der Mittel für zivile Krisenprävention erlebt; wir haben heute die Abteilung Krisenprävention im Auswärtigen Amt, die über ein Budget von 1,7 Milliarden Euro verfügt.
Was heißt denn das? Das heißt doch nichts anderes, als dass die zivile Krisenprävention in der deutschen Außenpolitik in den vergangenen 13 Jahren unheimlich an Bedeutung gewonnen hat. Wir sehen, dass wir einen umfassenden Ansatz brauchen, wenn wir die richtigen Antworten auf die Krisen in der Welt geben möchten; nichts anderes bedeutet das. Das stellen Sie mit Ihrem Antrag in Abrede.
In den letzten 13 Jahren ist noch mehr passiert. Auch institutionell ist die zivile Krisenprävention auf ganz neue Füße gestellt worden, ob durch das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze, durch die Bundesakademie für Sicherheitspolitik oder auch durch andere Einrichtungen. Jetzt geht es darum, langfristige Leitlinien zu definieren, um Krisenprävention für die Zukunft richtig aufzustellen. Dabei wird es sicherlich darauf ankommen, Ressorteigeninteressen besser zu überwinden als in der Vergangenheit. Es muss uns gelingen, besser zu evaluieren, wie die eingesetzten Mittel tatsächlich wirken. Es kommt auch darauf an, dass wir nicht nur ein Topgeber bei der UN und anderen internationalen Organisationen sind, wenn es ums Geld geht, sondern dass wir auch, wenn es um Polizeikräfte und zivile Experten geht, mit Man- und Womanpower an der Front tätig werden.
Ich glaube, dass wir mit der Novellierung des Gesetzes, das wir heute beraten, einen gewaltigen Schritt in die Zukunft tun, weil es uns damit gelingen wird, mehr als nur 160 zivile Krisenexperten in den Einsatz zu entsenden. Das ist ein echter Beitrag zur Krisenprävention, zur Fluchtursachenbekämpfung und dazu, den Menschen in ihren Herkunftsländern ganz persönliche Lebensperspektiven zu geben. Ich glaube, es ist richtig, diejenigen, die wir entsenden, zu unterstützen und sie mit sozialversicherungsrechtlicher Absicherung auszustatten, was die Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung angeht. Wir sollten auch profane Dinge wie Reisekosten vernünftig regeln, damit wir diejenigen, die für uns im Auslandseinsatz sind, tatsächlich unterstützen können.
Lassen Sie mich einen letzten Gedanken sagen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr Verantwortung in der Welt übernehmen müssen. Das bedeutet auch, dass wir unsere Sicherheits- und Verteidigungskapazitäten innerhalb der NATO in Richtung des 2-Prozent-Ziels ausbauen müssen. Ich möchte aber ergänzen: Ich finde, der Vorschlag, den der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Ischinger, Ende letzten Jahres gemacht hat, ein 3-Prozent-Ziel ins Auge zu fassen, das neben Sicherheit und Verteidigung auch Krisenprävention, Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit entsprechend abbildet,
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Sie mixen hier alles zusammen!)
ist der richtige Ansatz, um der Probleme in der Welt Herr zu werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Thorsten Frei. – Nächste Rednerin: Dr. Franziska Brantner für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7073962 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 218 |
Tagesordnungspunkt | Zivile Krisenprävention |