17.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 219 / Zusatzpunkt 8

Heribert HirteCDU/CSU - Managergehälter

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer oben auf den Tribünen! Das Thema Managervergütung haben Sie, liebe Kollegen von den Grünen, zu Recht auf die Tagesordnung gesetzt. Der Fall, der uns hier beschäftigt, nämlich der Fall der Abfindungszahlung an die frühere SPD-Politikerin – das muss man schon einmal sagen – Hohmann-Dennhardt, ist in der Tat skandalös.

Dann darf und muss man natürlich auch einen Blick zurück werfen, was eigentlich die Vorgeschichte ist. Ausgangspunkt waren – das haben Sie gesagt – die Manipulationen bei den Abgaswerten. Was wir jetzt sehen, ist das, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Diese Manipulationen bei den Abgaswerten haben zu Strafzahlungen in astronomischer Höhe geführt, sie haben zu Rückstellungsbedarf in der Bilanz bei Volkswagen geführt. Wir wissen noch gar nicht, ob man da schon am Ende angekommen ist. Als Folge davon sehen wir natürlich auch, dass dies möglicherweise Auswirkungen auf die Ausschüttungen an die Gesellschafter und auch auf die Berechnung der Vorstandsvergütung hat. Deshalb ist das in der Tat ein irre heißes Thema.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zu der Frage, die gerade einige der Kollegen vorgebracht haben und die auch in Ihrem Antrag enthalten ist, ob die richtige Antwort das Steuerrecht ist. Sie wollen den Betriebsausgabenabzug für Vorstandsvergütungen ab einer bestimmten Höhe einschränken.

Der Kollegin Wagenknecht stimme ich sonst nur ungern zu, aber hier tue ich das sehr gerne. Die Wirtschaft bestätigt genau das, was die Kollegin Wagenknecht gesagt hat: Steuerliche Beschränkungen dieser Art führen nicht zu einer Verkürzung, zu einer Reduktion der Vorstandsvergütung.

(Dr. Sahra Wagenknecht [DIE LINKE]: Deshalb muss man etwas anderes machen!)

Der einzige Effekt ist: Es wird weiter gezahlt, die Steuern für die Unternehmen steigen, und das bedeutet, dass das, was den Aktionären und den Arbeitnehmern zur Verfügung steht, sinkt. Das ist der Effekt des Antrags, den Sie hier bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was schlägt die CDU vor?)

– Zu den anderen Lösungsansätzen komme ich noch.

Um es kurz zu sagen: Dieser Antrag führt zu einem Mehr für den Staat, einem Weniger für Unternehmen, Kleinaktionäre und Arbeitnehmer und einem allenfalls unklaren Effekt auf die Höhe der Managerbezüge.

Wenn man das steuerlich weiterdenkt – ich habe das getan, und ich bin sicher, das Finanzministerium tut das auch –, dann stellt sich die weitere Frage, ob der Teil, der dann nicht mehr als Betriebsausgabe berücksichtigt werden kann, möglicherweise als Gewinn ausgeschüttet werden kann – mit im Übrigen besseren Effekten für die Vorstandsmitglieder, nämlich mit geringerer Besteuerung. Sie haben das nicht zu Ende gedacht. Das ist nicht die Lösung, die wir uns vorstellen können, weil sie weder gesellschaftsrechtlich, was die Vergütungshöhe angeht, noch steuerlich zu dem führt, was Sie eigentlich wollen.

Ich knüpfe an das an, was der Kollege Meister gesagt hat: Das alles muss in der Tat vor dem Grundgesetz Bestand haben, vor dem Artikel 3, der Gleichbehandlung. Wir müssen uns dann fragen: Gibt es auch andere Fälle, die ähnlich sind? Ich verweise nur auf die Aufsichtsratsvergütungen, die im Augenblick nicht abgezogen bzw. nicht voll abgezogen werden können. Wenn Sie jetzt hingehen und eine andere Obergrenze einführen wollen, dann müssten wir über die Frage nachdenken, ob nicht vielleicht aus steuersystematischen Gründen auch die Aufsichtsratsvergütungen bis genau zu dieser Grenze abzugsfähig sind. Auch hier geht der Schuss nach hinten los, auch hier wurde nicht zu Ende gedacht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, es war Kollege Kindler, der gesagt hat: Dann kommen Sie mit eigenen Vorschlägen! – Ja, es gibt Vorschläge. Natürlich diskutieren wir das. Wenn man einmal Unternehmensbesteuerung auf der einen Seite und individuelle Besteuerung bei den Vorstandsmitgliedern auf der anderen Seite zusammen betrachtet und berechnet, dann treibt mich der Punkt wirklich um, dass einige dieser Vorstandsmitglieder ihr persönliches Einkommen ausschließlich im Ausland versteuern. Da muss man natürlich einmal über die Frage nachdenken dürfen, ob nicht die Tätigkeit eine Tätigkeit ist, die dem Unternehmen zuzuordnen ist und damit als persönliche Einkommensteuer dann im Inland zu versteuern ist. Es ist nicht so, dass wir da keine Vorschläge hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber Ihre Vorschläge zur steuerlichen Abzugsfähigkeit führen uns nicht zum Ergebnis. Deshalb ist es entscheidend, dass wir uns das Gesellschaftsrecht ansehen. Es ist mehrfach gesagt worden: Der Aufsichtsrat ist für die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig. Deshalb müssen wir uns fragen, warum ein Aufsichtsrat solche zu Recht als zu hoch empfundenen Zahlungen erst einmal bewilligt und anschließend, wenn es zu Schäden kommt – denn das ist die andere Seite der Medaille –, es unterlässt, die Vorstandsmitglieder haftbar zu machen. Dann fragt man sich auch hier, warum das gerade bei Volkswagen ein solcher Skandal ist. Sie haben eben nur halb darauf hinweisen und nur halb zuhören wollen, aber da sind natürlich SPD und Grüne in der Pflicht. Sie könnten in der Hauptversammlung die entsprechenden Mehrheiten organisieren und die Haftung realisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dann kommen wir zu der Frage, die uns allgemein umtreiben sollte: Warum gibt es – so wie es bei Volkswagen ist, ist es nicht bei allen anderen Gesellschaften – solche überhöhten Vergütungen? Das liegt an der Struktur börsennotierter Aktiengesellschaften mit einer anonymen Eigentümerstruktur. Wir müssen uns die Frage stellen, wie hier das Problem gelöst werden kann.

Wir haben es schon gehört: Wir sind dieses Problem angegangen. Der Kollege Schneider – ich bin ihm dankbar, dass er das ausdrücklich gesagt hat – hat erklärt: Wir müssen die Verantwortung für die Festlegung der Vergütungshöhe in die Hände derer legen, die die Zeche bezahlen. Das sind die Aktionäre, das sind die Gesellschafter. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart.

Wir warten seit drei Jahren darauf, dass das SPD-geführte Justizministerium uns hierzu einen Vorschlag macht. Wir warten nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Schließlich haben wir – auch das möchte ich sagen – eine solche Regelung am Ende der letzten Legislaturperiode in diesem Hause schon einmal verabschiedet. Sie ist im Bundesrat gekippt worden, aber nicht mit den Stimmen der Union. Wir hätten schon längst eine Regelung zur Begrenzung der Managervergütung, wenn Sie sie nicht blockiert hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte aus dem Koalitionsvertrag zitieren. Da heißt es:

Um Transparenz bei der Feststellung von Managergehältern herzustellen, wird über die Vorstandsvergütung künftig die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats entscheiden.

Es geht nicht darum, ihn nur anzuhören; denn das hilft nicht. Man muss entscheiden. Am Ende entscheiden die Eigentümer.

Natürlich folgt die Frage, ob das reicht, weil möglicherweise in den Hauptversammlungen die gleichen Mehrheiten bestehen, die den Aufsichtsrat gewählt haben. Ich kann Ihnen sagen: Natürlich denken wir auch darüber nach. Ich kann Ihnen auch die Idee nennen, die ich schon ein paar Mal in den Raum gestellt habe. Wir brauchen ein Recht der Minderheitsaktionäre – eine Zahl X, einen bestimmten Prozentsatz –, das es ihnen ermöglicht, sich dann, wenn ihnen die Vorstandsvergütung als zu hoch erscheint, an ein drittes Gremium zu wenden. Das wäre naheliegenderweise – der Kollege Meister hat es eben schon angesprochen – wie bei den Kreditinstituten die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Dort könnte geklärt werden, ob die Höhe angemessen ist.

Angemessenheit orientiert sich an dem, was die ordentliche mittelständische Wirtschaft, nämlich die Leistungsträger unserer Gesellschaft, an Vergütung zahlt. Damit führen wir die Vergütung auf Maß und Mitte zurück. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen – wenn nicht jetzt mit Ihnen, dann in der nächsten Legislaturperiode.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Mit wem denn dann?)

Das Wort hat der Kollege Dr. Johannes Fechner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7074099
Wahlperiode 18
Sitzung 219
Tagesordnungspunkt Managergehälter
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