17.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 219 / Tagesordnungspunkt 23

Heiko Maas - Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zurück zur Fußfessel.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten im ganzen Hause)

Wie ich bereits heute Morgen – zwar an der falschen Stelle, aber in der Sache, wie ich finde, nach wie vor richtig – ausgeführt habe, wollen wir extremistische Straftäter, die nach einer Freiheitsstrafe weiterhin als gefährlich gelten, in Zukunft besser überwachen. Dafür schlagen wir drei Änderungen vor.

Erstens. Wir weiten den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung per Fußfessel aus. Wir wollen das tun, indem wir den Katalog der terroristischen Straftaten, bei denen dieses Instrument in Betracht kommt, ergänzen. Wenn also jemand wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wegen Terrorismusfinanzierung, wegen Unterstützung in- und ausländischer terroristischer Vereinigungen oder wegen des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für diese Vereinigungen verurteilt worden ist, soll künftig in all diesen Fällen nach der Entlassung aus der Haft im Rahmen der Führungsaufsicht eine Überwachung per Fußfessel grundsätzlich möglich sein.

Zweitens. Wir wollen die Voraussetzungen für den Einsatz der Fußfessel bei diesen und anderen extremistischen Delikten absenken. In Zukunft soll schon eine Verbüßung von zwei Jahren Freiheitsstrafe ausreichend sein; bisher lag die Schwelle bei drei Jahren.

Drittens. Schließlich wollen wir für extremistische Straftäter auch die Möglichkeit der Sicherungsverwahrung erweitern. Damit können wir in ganz extremen Ausnahmefällen sogar verhindern, dass sie überhaupt wieder in Freiheit kommen, solange sie noch als hochgradig gefährlich gelten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU])

Meine Damen und Herren, die elektronische Fußfessel macht es unseren Sicherheitsbehörden leichter, gefährliche Extremisten zu überwachen. Dadurch steigt das Entdeckungsrisiko. Außerdem kann die Polizei schneller eingeschaltet werden und möglicherweise auch noch rechtzeitig einschreiten.

Praktische Wirkung entfaltet die Aufenthaltsüberwachung vor allem in Verbindung mit einer Weisung, bestimmte Gebiete nicht zu betreten, etwa potenzielle Anschlagsziele wie Flughäfen, Bahnhöfe, den Umkreis von Kraftwerken oder Sportstadien. Verstößt der Betroffene gegen diese Auflage, wird das elektronisch sofort angezeigt. Dann kann eingeschritten werden.

Denkbar ist auch, dass jemand einen Landkreis oder ein Bundesland nur mit Erlaubnis verlassen darf. Wir wissen mittlerweile, dass Extremisten hoch mobil sind, quer durch das Land reisen und viele Kontaktstellen haben. Diese Netzwerke zerschneiden wir, indem wir künftig Beschränkungen des Aufenthalts eben nicht nur anordnen können, sondern diese Anordnungen auch tatsächlich überwachen können.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf sorgen wir für den verstärkten Einsatz der Fußfessel nach einer einschlägigen Verurteilung und Haftverbüßung. Wir brauchen aber auch mehr Möglichkeiten, gefährliche Extremisten zu überwachen, die noch nicht gegen die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs verstoßen haben oder, wie im Fall Anis Amri, hier in Deutschland eher als Kleinkriminelle aufgefallen und wahrgenommen worden sind. Dazu sind auch Änderungen im Polizeirecht nötig. Die Bundesregierung hat, soweit der Bund dafür zuständig ist, mit dem vor zwei Wochen vom Kabinett beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des BKA-Gesetzes auch hinsichtlich dieser Frage neue Regelungen auf den Weg gebracht. Wir hoffen, dass die Länder dort, wo sie zuständig sind, auch aktiv werden.

Die bessere Überwachung von gefährlichen Extremisten durch die elektronische Fußfessel – ganz gleich, ob vor oder nach einer Verurteilung – ist nach unserer Auffassung und nach den gemachten Erfahrungen sowohl notwendig als auch angemessen. Sie ist aber – auch daraus machen wir keinen Hehl – kein Allheilmittel. Deshalb brauchen wir auch darüber hinausgehende Anstrengungen.

Wir müssen – auch das ist kein Geheimnis; aber das können wir allein in Deutschland nicht regeln – noch mehr für eine effiziente Zusammenarbeit der Behörden in Deutschland tun, insbesondere beim Datenaustausch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vor allem aber wollen wir die Anstrengungen zur Prävention deutlich verstärken und die politische Radikalisierung von Menschen so früh wie möglich stoppen. Wir wollen diese Menschen abbringen von ihrem Irrweg, der Gewalt und Hass realisiert. Das ist, wie wir finden, der beste Schutz für unser Land und die wirksamste Terrorismusbekämpfung überhaupt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7074295
Wahlperiode 18
Sitzung 219
Tagesordnungspunkt Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern
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