Johannes FechnerSPD - Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Nicht erst der schreckliche Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat uns gezeigt, dass es auch bei uns in Deutschland terroristische Gefährder gibt, die Anschläge bei uns planen. Wenn sich Bürgerinnen und Bürger Sorgen machen und sich fragen, ob alles für ihre Sicherheit getan wird, dann müssen wir diese Sorgen ernst nehmen und prüfen, ob wir gesetzliche Lücken haben und wo wir gesetzliche Lücken haben, die wir schließen müssen. Dabei dürfen wir nicht überreagieren und unsere Freiheit übermäßig einschränken. Aber dort, wo es tatsächlich Schutzlücken gibt, und dort, wo das Instrumentarium der Strafverfolgungsbehörden nicht ausreicht, müssen wir handeln. Allerdings gilt für mich hier immer der Satz von Helmut Schmidt: „Auch im Zorn kühlen Kopf bewahren“, um Terror und Kriminalität effektiv zu bekämpfen.
(Beifall bei der SPD)
Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir das Maßregelrecht für extremistische Straftäter erweitern. Dabei geht es insbesondere darum, die elektronische Aufenthaltsüberwachung, die sogenannte Fußfessel, auf gefährliche extremistische Gewalttäter auszuweiten. Schon heute ist der Einsatz der Fußfessel möglich. Knapp 100 Straftäter müssen gegenwärtig eine Fußfessel tragen.
Wenn die terroristische Bedrohung zunimmt, müssen wir auch die Möglichkeiten ausweiten, dass verurteilte gefährliche Straftäter – nur um solche geht es heute – auch nach Verbüßung der Haft überwacht werden können. Deshalb wollen wir mit diesem Gesetzentwurf zum einen den Katalog der sogenannten Anlasstaten ausweiten. Das heißt, zukünftig sollen auch Straftäter, die sich wegen einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wegen Terrorismusfinanzierung oder wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung strafbar gemacht haben, mittels elektronischer Aufenthaltsüberwachung überwacht werden, was nach heutigem Recht nicht möglich ist. Zum anderen werden wir den Anwendungsbereich der sogenannten Fußfesseln ausweiten, indem die heutige Voraussetzung, nämlich die volle Verbüßung einer dreijährigen Haftstrafe, auf zwei Jahre abgesenkt wird. Diese Regelungen sind erforderlich, weil wir dadurch extremistische Straftäter, die nachweislich gefährlich sind, besser überwachen können.
In der Praxis sieht das dann so aus, dass die Fußfessel zwingend zu tragen ist und alle fünfzehn Minuten ein Signal abgibt, das über GPS von der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, der sogenannten GÜL, in Bad Vilbel aufgenommen wird. Immer dann, wenn eine unzulässige Ortsveränderung stattfindet, gibt sie Alarm. Dann kann umgeschaltet und in Echtzeit gesehen werden, wo diese Person mit der Fußfessel gerade ist, und insbesondere kann dann die Polizei vor Ort informiert werden.
Klar ist, dass die Fußfessel kein Allheilmittel ist. Der schreckliche Mord an einem französischen Priester wurde von einem Täter mit Fußfessel begangen. Deswegen ist auch uns klar, Frau Kollegin Jelpke, dass das kein Allheilmittel ist. Der große Vorteil dieser Regelung aber ist, dass die Einhaltung einer gerichtlichen Weisung an Extremisten, bestimmte Orte, etwa Flughäfen, Bahnhöfe oder Großveranstaltungen, nicht zu begehen, überwacht werden kann. Wenn sich diese Person einem solchen Ort nähert, gibt es einen Alarm, und dann kann die Polizei vor Ort sofort informiert werden und dagegen einschreiten.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass der heute vorliegende Gesetzentwurf nichts mit der Frage zu tun hat, ob und gegebenenfalls auf welcher Rechtsgrundlage und wie lange auch präventiv das Tragen von Fußfesseln angeordnet werden kann. Das ist Sache der Polizeigesetze der Länder. In manchen Ländern ist nach den gesetzlichen Regelungen durchaus eine Präventivhaft möglich und deswegen vermutlich für einen bestimmten Zeitraum auch die Fußfessel. Das müssen wir in Ruhe diskutieren; vor allem müssen das die Länder diskutieren. Das alles steht nicht in diesem Gesetzentwurf. Hier geht es nicht um den präventiven Einsatz.
Wohlgemerkt: Es geht uns darum, gefährliche extremistische Straftäter besser überwachen zu können. Angesichts der unbestritten gestiegenen Gefährdungssituation in Deutschland halte ich eine maßvolle Ausweitung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung für eine sinnvolle Maßnahme. Stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Sensburg für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7074304 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern |