Patrick SensburgCDU/CSU - Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, zuerst Herrn Minister Maas und Herrn Innenminister de Maizière für die guten Gesetzentwürfe zu danken, die sie vorgelegt haben und die wir jetzt in erster Beratung debattieren.
Wichtig ist, dass wir im parlamentarischen Raum die Chance haben, uns die Gesetzentwürfe anzugucken und vielleicht noch Ideen einzubringen; ich sage dazu gleich noch etwas. Es ist aber, glaube ich, auch wichtig, an dieser Stelle festzustellen, dass Fußfesseln funktionieren; denn das wird ja teilweise bestritten. Wir sehen zurzeit – das ist gerade vom Kollegen Fechner gesagt worden – an 100 Fällen, dass Fußfesseln technisch und in der Praxis funktionieren und ein probates Mittel sind, um zu überprüfen, wo sich die Träger der Fußfesseln befinden.
Kollege Ströbele, ich glaube, Sie haben den Sinn und Zweck der Fußfessel falsch verstanden. Es geht nicht darum, eine Person an einen Ort zu fesseln, sondern es geht darum, die Möglichkeit zu haben, die Spreu vom Weizen zu trennen und zu sehen, wer sich an entsprechende Auflagen, an bestimmte Regelungen hält und wer nicht.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Fall Amri war das alles bekannt!)
Für die 24-Stunden-Überwachung eines Gefährders – sonst macht die Überwachung ja keinen Sinn – werden bis zu 30 Polizeibeamte benötigt. Deswegen sucht man nach Mitteln und Wegen, die einen weniger intensiven Eingriff darstellen. Und wenn bei der Überwachung eines Gefährders 30 Polizeibeamte eingesetzt werden, die sich um ihn herum aufhalten, dann halte ich das auch für einen Grundrechtseingriff. Ich glaube, dass die Fußfessel ein sehr probates Mittel ist, um zu überprüfen, ob diejenigen, die zwei Jahre nach ihrer Verurteilung wieder in Freiheit gekommen sind, sich an ihre Auflagen halten, und das bei weniger polizeilichem Aufwand. Diejenigen, die wiederholt und regelmäßig die Auflagen brechen, die reisen, muss man intensiv unter polizeiliche Beobachtung stellen. Dafür ist die Fußfessel ein probates und taugliches Mittel. Minister Maas hat das gerade dargestellt.
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie denn mit der Fußfessel verdeckt überwachen?)
Ich glaube, dass wir noch etwas weiter denken müssen; das sei im parlamentarischen Raum auch erlaubt. Wir wollen die Fußfessel auf die terroristische Betätigung ausdehnen, also über das Maß hinaus, für das sie schon geregelt ist. Warum weiten wir sie nicht auch auf den Bereich des Rechts- und Linksterrorismus aus? Bei denjenigen, die beispielsweise für linksextremistische Taten zwei, drei oder vier Jahre verurteilt worden sind und nach Verbüßung der Freiheitsstrafe wieder gleiches Gedankengut propagieren und Polizeibeamte oder staatliche Institutionen angreifen, würde ich auch darüber nachdenken, ob eine Fußfessel nicht ein probates Mittel ist, um zu überprüfen, ob sie wieder zu entsprechenden Veranstaltungen, zum Beispiel nach Berlin zum 1. Mai, reisen.
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, der 1. Mai, Herr Sensburg! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dass Sie da nicht selbst lachen müssen!)
– Meine Damen und Herren von den Grünen, es ist schön, dass Sie lachen, wenn es um Linksextremismus geht, wenn es um Angriffe auf Polizeibeamte geht. Ich wollte gerade sagen: Das Gleiche gilt für mich bei rechtsextremistischen Straftaten.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, jetzt wird’s peinlich! – Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kommt ja die Fußfessel für Hooligans und Fußballfans!)
Ich halte es für unsäglich, wenn Rechtsextremisten, die Menschen verletzt haben, die Gewalttaten begangen haben, nach zwei oder drei Jahren rauskommen und wieder genau das Gleiche tun. Diese Personen würde ich auch gerne auf den Schirm nehmen. Das geht über den Gesetzentwurf hinaus. Aber es ist schon klar, meine Damen und Herren von den Grünen, dass Sie hier wieder laut schreien, wenn es um rechtsextremistische und linksextremistische Straftaten geht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kollege Sensburg, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Konstantin von Notz?
Ich würde gerne im Zusammenhang vortragen. Die Kurzintervention wird ja kommen. Dann können wir unsere Gedanken austauschen, Herr Kollege von Notz.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich mache doch keine Kurzintervention bei so einem Quatsch! Jetzt lassen Sie doch meine Frage zu! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch maximal unsouverän!)
Ich wollte gerade auf einen Punkt zu sprechen kommen, den der Kollege Ströbele eben angesprochen hat, nämlich das Thema Verhältnismäßigkeit. Die Verhältnismäßigkeit von staatlichen Eingriffen und Grundrechtseingriffen muss gewahrt sein. Das ist mit der Fußfessel als sehr mildem Mittel gewährleistet.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So etwas Unsinniges! – Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geeignet, erforderlich, angemessen! Es scheitert schon an der Geeignetheit!)
Ich hatte eigentlich erwartet, dass Frau Jelpke in die Diskussion einbringt, ob die Fußfessel beim verurteilten Täter nicht am Bein reibt, ob das nicht ein unzulässiger Menschenrechtseingriff ist. Sie haben immer die Täter im Blick. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wir müssen auch einmal die Opfer im Blick haben.
Wenn wir, um den unsäglichen Anschlag hier in Berlin anzusprechen, die Fußfessel in Nordrhein-Westfalen eingesetzt hätten, als das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen am 28. Oktober von der Stadtverwaltung Köln die Meldung bekam, Tunesien erkenne die Staatsbürgerschaft an,
(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Amri wurde verdeckt überwacht! Wie wollen Sie das denn mit der Fußfessel machen?)
wäre es meiner Meinung nach möglich gewesen, zu wissen, dass diese Person bleibt; die Fußfessel hätte den genauen Ort bekannt gegeben.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hätten Sie dann gemacht? Hätten Sie ihn festgenommen?)
Insofern sind Fußfesseln probate, verhältnismäßige Mittel. Wir werden in Nordrhein-Westfalen aufarbeiten müssen, warum das Innenministerium, das die Erkenntnisse der Stadtverwaltung Köln hatte, Anis Amri nicht auf dem Schirm hatte
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil er bei Herrn Henkel in Berlin war! Der ist bei Herrn Henkel untergeschlüpft!)
und sich mehrere Monate keine Gedanken gemacht hat. Ich hätte den Wunsch gehabt, dass Innenminister Jäger bei Anis Amri ganz deutlich agiert hätte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Repressives Handeln, das wir uns hier anschauen, also die Strafverfolgung, aber auch präventives Handeln, beides ist wichtig. Da wird es darauf ankommen, ob – neben dem Gesetz, das wir gleich diskutieren, der Veränderung des Bundeskriminalamtgesetzs für die Ebene des Bundes – auch die Länder ihre Hausaufgaben machen, ob sie nicht nur sagen: „Wir wollen Gefährder auf dem Schirm haben“, sondern nachziehen und eine entsprechend probate und vernünftige Lösung finden und deswegen in den Polizeigesetzen die Überwachung von Gefährdern durch Fußfesseln regeln.
Noch einmal: Wir haben in Deutschland eine Vielzahl von Gefährdern; das ist unbestritten. Wir werden tendenziell immer mehr bekommen, die strafrechtlich verurteilt worden sind. Diese werden zu einem nicht unerheblichen Teil ihr Gedankengut später nicht über Bord werfen, sondern wieder eine Gefährdung darstellen. Wenn der Rechtsstaat die Bürger nicht schützt, dann versagt er. Die Fußfessel ist ein probates Mittel, ein geringer Eingriff im Verhältnis zu der Gefährdung, die diese Personen darstellen. Insofern kann ich nur dafür plädieren, diese beiden guten Gesetzentwürfe von Justizminister Maas und Innenminister de Maizière im parlamentarischen Raum gemeinsam zu diskutieren und eine gute Lösung zu finden – zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger. Dazu rufe ich gerade die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der Linken auf; denn sie haben leider ein doch teilweise etwas gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat, wie ich heute wieder feststellen muss.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7074308 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Maßregelrecht bei extremistischen Straftätern |