Uli GrötschSPD - Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland wird auch in Zukunft nicht alles erlaubt sein, was im Namen der Terrorabwehr technisch möglich wäre; das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. In Deutschland werden in Zukunft auch bei der Terrorbekämpfung Recht und Gesetz gelten. Auch bei der Terrorbekämpfung werden wir in Zukunft zwischen Freiheit und Sicherheit abwägen und uns die Mühe machen, diesen täglichen Spagat immer wieder aufs Neue hinzubekommen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass das mal jemand gesagt hat!)
Das jetzt in den Bundestag eingebrachte Gesetz ist in der Tat kein Allheilmittel, und auch die darin enthaltenen Aspekte sind keine Allheilmittel, sondern es sind weitere Bausteine in der deutschen Sicherheitsarchitektur, die uns und unser Land noch sicherer machen sollen; denn die allermeisten Menschen fühlen sich in Deutschland sicher, und sie vertrauen unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Auch das ist mir wichtig zu sagen.
Bei aller grundsätzlichen Kritik an Maßnahmen möchte ich sagen, dass wir hier über Befugnisse des Bundeskriminalamtes sprechen. Wer sich schon einmal mit dem Bundeskriminalamt, seiner Aufstellung und seiner Arbeitsweise befasst hat, der weiß doch, dass diese Befugnisse gerade beim Bundeskriminalamt in wirklich guten Händen sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn wir über Sicherheit vor dem Hintergrund dieses Gesetzes reden, heißt das natürlich auch, dass Sicherheit und Freiheit ihren Preis haben. Wir haben in dieser Legislaturperiode bereits mehrfach Gesetze verschärft und Befugnisse für Sicherheitsbehörden geschaffen – das stimmt natürlich –, von denen auch ich mir wünschen würde, dass sie gar nicht notwendig wären. Ich bin aber froh, dass wir sie haben, weil sie im Jahr 2017 eben notwendig geworden sind.
Dieses Gesetz hat zum einen den Anspruch, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem April 2016 umzusetzen. Das Gericht hatte geurteilt, dass heimliche Überwachungen von Wohnungen, Handys und Computern mit dem Grundgesetz vereinbar sind, sie aber künftig verhältnismäßig ausgestaltet werden müssen. Es ist ein feiner Unterschied, ob es um die Ausgestaltung geht oder ob man eine Maßnahme grundsätzlich als verfassungswidrig einstuft.
(Beifall des Abg. Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU])
Wir haben auch hier nachgebessert.
Eine Regelung ist mir besonders wichtig, auch vor dem Hintergrund des Datenschutzes. Künftig muss das BKA dafür Sorge tragen, dass personenbezogene Daten grundsätzlich nicht für andere Zwecke als für die, für die sie erhoben wurden, verarbeitet werden – bei uns, aber auch im Ausland. Denn auch die Terrorabwehr muss datenschutzrechtlichen Bestimmungen genügen, weil wir auch dahin gehend keine amerikanischen Verhältnisse haben wollen.
Wenn wir über den Datenaustausch zwischen dem BKA, der Bundesbehörde, und den Länderpolizeien reden, dann gilt natürlich auch für die Länderpolizeien, dass sie die erhobenen Daten nicht für andere Zwecke als für die verwenden dürfen, für die sie das Bundeskriminalamt erhoben hat. Das klingt zunächst sehr kompliziert, ist aber ein enorm wichtiger Aspekt dieses Gesetzes.
Es geht in diesem Gesetz weiterhin um nichts Geringeres als einen kompletten Umbau der IT-Architektur des Bundeskriminalamtes und des Informationsverbundes mit den Länderpolizeien, und zwar mit dem Ziel, unter dem Dach des BKA ein einheitliches Verbundsystem aufzubauen, was im Jahr 2017 eigentlich auch schon längst eine Selbstverständlichkeit sein sollte und was wir mit diesem Gesetz nachholen.
Zum anderen geht es um eine Reihe von neuen Befugnissen, die das BKA zur Terrorabwehr bekommt – das stimmt natürlich –, wie etwa die Ermächtigung zur Verhängung von Aufenthaltsverboten oder die Postbeschlagnahme. Zu den Befugnissen für das BKA gehören etwa auch die Onlinedurchsuchungen. Auch dazu sage ich: Man kann es durchaus als Glaubensfrage sehen, ob es in Deutschland Onlinedurchsuchungen geben sollte oder nicht. Ich bin der Überzeugung, dass es so etwas im Jahr 2017 leider geben muss, weil auch in diesem Bereich die Straftäter sehr aktiv sind. Ich glaube, das muss ich hier nicht extra betonen.
Wir, die SPD, werden in den nun anstehenden Verhandlungen größten Wert darauf legen, die Vorgaben, die uns das Bundesverfassungsgericht gemacht hat, wie etwa den Nachweis vonseiten des BKA, dass der zu überwachende Verdächtige in absehbarer Zeit wirklich einen Terroranschlag plant, umzusetzen. Denn machen wir uns alles in allem nichts vor, liebe Kolleginnen und Kollegen: Dieses Gesetz ist natürlich ein schwieriger Balanceakt zwischen der Freiheit auf der einen Seite und der Sicherheit in unserem Land auf der anderen Seite.
Die Menschen aber reagieren vor dem Hintergrund des Anschlags vom 19. Dezember doch mit völligem Unverständnis, wenn ein Terrorverdächtiger wie Anis Amri vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwinden kann.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von den Sicherheitsbehörden völlig zu Recht, dass sie Gefährder und ihre Netzwerke im Blick haben. Apropos Gefährder: Das teile ich. Ich denke auch, wenn wir heute darüber sprechen, was wir im Gesetz mit den Gefährdern tun wollen und welche Maßnahmen wir dagegen ergreifen wollen, dann müssen wir natürlich auch als Legislative beschreiben, wer das eigentlich ist: ein Gefährder. Ich glaube nicht, dass die Definition des AK II der Innenministerkonferenz hierfür ausreicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetz ist, wie es der Name schon sagt, eine komplette Neustrukturierung des BKA. Ich würde mich freuen, wenn wir uns als Abgeordnete im nun beginnenden parlamentarischen Beratungsverfahren im Rahmen ausführlicher Gespräche und einer öffentlichen Expertenanhörung eingehender mit den Details dieses Gesetzes beschäftigen könnten. Wir sollten als Parlament und als Regierung alles dafür tun, dass dieses Gesetz diesmal verfassungssicher ausgestaltet wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Dr. Konstantin von Notz.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7074322 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes |