17.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 219 / Zusatzpunkt 10

Susanne MittagSPD - Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes kommt vom Titel unscheinbar und ein klein bisschen kompliziert daher. Wenn man es allerdings genauer betrachtet, dann ist es ein größerer Umbau beim BKA als nur die Neustrukturierung eines einzelnen Gesetzes. Heute ist die erste Lesung. In den kommenden Wochen werden wir die Details weiter beraten, diskutieren und aushandeln. Der Entwurf ist eine Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Jahr. Meine Vorredner haben schon in diverser Bandbreite darauf hingewiesen, was das oberste deutsche Gericht bemängelt hat und was zu verändern ist. Das will ich hier jetzt nicht wiederholen. Aber wir haben auch eine Frist – wie schon erwähnt – bis Juni 2018 für die Umsetzung des Urteils. Die voraussichtlich letzte Sitzungswoche, in der wir noch Gesetze beschließen können, ist Ende Juni dieses Jahres. Danach – das weiß jeder – ist Wahlkampf. Bis sich eine neue Bundesregierung etabliert hat, kann 2017 schon vorbei sein. Ich denke, das Gesetz ist so wichtig, dass wir jetzt darüber reden müssen. Man muss ja nicht immer alles auf den letzten Drücker entscheiden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Aktueller und wichtiger denn je ist der Austausch von Daten zwischen den Sicherheitsbehörden. Darauf zielt der Entwurf unter anderem ab. Das Gesetz verbessert auch den Schutz von personenbezogenen Daten. Das Bundesverfassungsgericht hat erklärt, dass die bisherige Praxis beim BKA mit der Verfassung zum Teil nicht im Einklang steht, und das soll jetzt verbessert werden. Nun schützen wir personenbezogene Daten nach dem Grundsatz der – man höre und staune – hypothetischen Datenneuerhebung. Das heißt, Daten, die zum Beispiel in einem Fall aus einer Telekommunikationsüberwachung gewonnen wurden, dürfen nur dann zu einem anderen Zweck verwandt werden, wenn sie auch für diesen zweiten, neuen Zweck rechtmäßig erhoben werden könnten. Das ist doch schon mal ein ziemlich erheblicher Unterschied. Damit soll eine Datennutzung ins Blaue hinein verhindert werden. Beschäftigte beim BKA sollen auch nur auf Daten zugreifen können, auf die sie auch zugreifen dürfen.

Gleichzeitig müssen aber die Daten auch so vernetzt sein, dass nicht unnötig viel Personal und Zeit darauf verwandt werden muss, unterschiedliche Systeme miteinander arbeiten zu lassen oder gar Informationen per Hand einzugeben – das soll es ja auch gegeben haben. Dieser wichtigen Forderung des ersten NSA-Untersuchungsausschusses aus der vergangenen Legislaturperiode können wir mit diesem Gesetz auch nachkommen. Das sollte man nicht ganz vergessen.

Aber die Stärkung des Datenschutzes und die gleichzeitige Vernetzung der Daten sind nicht mit der jetzigen IT-Architektur des BKA zu bewerkstelligen. Daher muss ein völlig neues Konzept aufgebaut werden. Das BKA wird in seiner Zentralstellenfunktion gegenüber den anderen Polizeien des Bundes und der Bundesländer gestärkt. Das ist dringend erforderlich. Deswegen haben wir bereits die Erhöhung der Haushaltsansätze im IT-Bereich beschlossen; das war schon mal sehr vorausschauend. Es kann nicht sein, dass es insgesamt 19 verschiedene Datensysteme mit unterschiedlichen Schnittstellen bei der Polizei, bei den Ländern gibt und man irgendwie versucht, dass sie miteinander kommunizieren. Nein, Informationen müssen allen, die zu ihrer Nutzung berechtigt sind, schnell zur Verfügung stehen. Die Datenverantwortlichkeit – das ist vielleicht auch nicht ganz unwichtig – bleibt bei den eingebenden Dienststellen, geht also nicht auf das BKA über.

Das gilt nicht nur für das Inland, sondern auch für die Kooperation außerhalb, und zwar in der Europäischen Union. Dort funktioniert der Datenaustausch auch nicht so reibungslos, wie wir ihn eigentlich brauchten. Ich möchte da nur ein Beispiel nennen: Im Prümer Beschluss haben die Mitgliedstaaten 2008 vereinbart, dass sie DNA-, Kraftfahrzeug- und Fingerabdruckdaten zur Verfügung stellen – 2008! Neun Jahre später gibt es immer noch fünf Mitgliedstaaten, die sich nicht oder nur zum Teil daran beteiligen. Wir müssen also nicht nur bei uns daran arbeiten, sondern auch auf europäischer Ebene.

Auf der EU-Ebene wird an der Europol-Verordnung gearbeitet. Damit wird das BKA als nationale Stelle für die Zusammenarbeit mit der europäischen Polizeibehörde noch wichtiger. Wir müssen den Sicherheitsbehörden die Möglichkeit geben, phänomenübergreifend auszuwerten, zu analysieren und die Ergebnisse für unsere Sicherheit zu nutzen, und dies immer – das sage ich ganz klar – unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Dass wir das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz stärken wollen, ist schon erwähnt worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss noch eines sagen: Bei aller Wichtigkeit des Umbaus der Datenstruktur müssen wir auch im Auge behalten, dass es im laufenden Betrieb des BKA funktioniert. Wir machen nicht erst mal den Laden zu, bauen um, und dann geht es weiter, sondern das wird sich einige Jahre hinziehen. Das ist keine einfache Angelegenheit. Ich möchte für meine Fraktion sagen, dass das BKA dabei unsere vollste Unterstützung hat. Falls noch mehr Mittel und Personal als derzeit im Haushalt beschlossen nötig sein sollten, werden wir an Ihrer Seite stehen. Sie leisten ganz hervorragende Arbeit, und mit diesem Konzept wird sie noch erheblich verbessert werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort der Kollege Marian Wendt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7074333
Wahlperiode 18
Sitzung 219
Tagesordnungspunkt Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes
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