Martin RosemannSPD - Soziale Absicherung von Solo-Selbständigen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manches in dieser Debatte war schon bemerkenswert, und manches, finde ich, ist auch unklar geblieben, also zum Beispiel: Was gilt denn jetzt bei CDU und CSU? Die Position von CDA und Peter Weiß oder die Position von BDA und Jana Schimke?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das könnte man bei Euch auch fragen!)
– Nein, bei uns ist das klar. Dazu komme ich gleich noch.
Etwas Weiteres, was ich noch bemerkenswert fand, war die Definition von Bürgerversicherung durch die Grünen. Um es vielleicht für uns noch einmal ganz klar zu machen: Der Unterschied zwischen einer Bürgerversicherung und einer Erwerbstätigenversicherung ist, dass bei der Bürgerversicherung Beiträge auch auf Einkommen jenseits von Arbeitseinkommen erhoben werden, also auch auf Kapitaleinkommen. Das wollen wir ja gerade im Gesundheitswesen durchsetzen, um die Finanzierung unseres Gesundheitswesens auf eine breitere Grundlage zu stellen. Aber wir wollen es nicht dort, wo die Leistungen – wie in der Rentenversicherung – beitragsbezogen sind und die zusätzlichen Einnahmen aus Beiträgen auf Kapitaleinkommen am Ende nur dazu führen würden, dass die Leistungsansprüche wachsen würden. Deswegen ist dort die Erwerbstätigenversicherung richtig.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])
Ich will heute gerne Sie, Frau Zimmermann, loben, allerdings weniger für Ihre Rede als für den Entschließungsantrag Ihrer Fraktion. In Ihrer Rede ist, wie ich finde, halt wieder durchgekommen, dass Sie ein rundweg negatives Bild von Selbstständigkeit haben.
(Zurufe von der LINKEN)
Dazu muss man schon sagen: Viele Leute in diesem Land sind gerne selbstständig, und es würden sich, glaube ich, gerne noch mehr selbstständig machen. Natürlich sind Gründungen und Selbstständigkeit der Impuls für Innovationen, neue Ideen und damit für Wachstum in diesem Land. Auch das sollten Sie einmal anerkennen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Ich habe nur die Zahlen wiedergegeben, wie die Situation ist!)
Ich erkenne gerne an, dass in Ihrem Entschließungsantrag gute Ansätze vorhanden sind und dass Sie tatsächlich relevante Probleme ansprechen, nämlich dass Selbstständigkeit heutzutage eben nicht mehr automatisch mit einem hohen Einkommen oder einem hohen Vermögen verbunden ist
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Genau! Mehr habe ich auch nicht gesagt!)
und dass Selbstständigkeit häufig mit Armut im Alter verbunden ist.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Habe ich auch gesagt!)
Zum Beispiel waren 17 Prozent der Grundsicherungsbezieher zuvor selbstständig; bei denjenigen, die keine Grundsicherung im Alter beziehen, waren zuvor nur 10 Prozent selbstständig, und die Grundsicherungsquote ist unter Selbstständigen doppelt so hoch wie unter abhängig Beschäftigten. Deswegen war es ja auch so, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass bei der Anhörung, die unser Ausschuss für Arbeit und Soziales zum Alterssicherungsbericht und zum Rentenversicherungsbericht durchgeführt hat, vor dem Hintergrund der Altersarmut die Problemgruppe der Selbstständigen besonders betont wurde.
Das alles spricht dafür, dass wir uns um eine verbindliche Absicherung der Solo-Selbstständigen bemühen müssen. Wir Sozialdemokraten sehen dafür die gesetzliche Rentenversicherung im Grundsatz als den richtigen Ort an. Dafür sprechen auch noch weitere Gründe.
So sind die Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit zunehmend unklar. Sie werden fließender – Stichwort Arbeit 4.0 –; darauf hat Michael Gerdes hingewiesen. Diese Wechsel zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung haben schon zugenommen und werden in Zukunft weiter zunehmen. Deswegen hat die SPD-Bundestagsfraktion in einem Positionspapier für eine bessere soziale Absicherung von Selbstständigen dazu detaillierte Lösungen vorgelegt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wichtig ist für uns dabei, dass es keine Unterschiede zwischen gut verdienenden und weniger gut verdienenden Selbstständigen gibt. Dazu würde das Optionsmodell führen, für das Peter Weiß hier plädiert hat. Dann könnten sich nämlich die Gutverdiener aus der Solidargemeinschaft verabschieden. Wichtig ist auch, dass wir keine neue Trennungslinie zwischen Solo-Selbstständigen und selbstständigen Mitbeschäftigten ziehen; denn das wäre in der Praxis nicht umsetzbar, würde zu neuen Wettbewerbsverzerrungen führen und damit insgesamt das Problem nicht lösen.
Klar ist aber auch: Wenn wir die Selbstständigen einbeziehen wollen, dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Wir brauchen strikt einkommensabhängige Beiträge, also Bemessung am Gewinn. Wir müssen bei der Beitragsbemessung die besondere Situation von Selbstständigen mit den stark schwankenden Einkommen berücksichtigen. Wir brauchen Übergangsregelungen, und wir brauchen vor allem – das haben nahezu alle hier im Haus gesagt – gleichzeitig eine Entlastung bei den Krankenkassenbeiträgen.
(Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
All dies ist Bestandteil unseres Konzeptpapiers. All dies ist auch in das Gesamtkonzept von Bundesministerin Andrea Nahles zur Alterssicherung eingegangen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mit diesem Konzept, meine Damen und Herren, tragen wir den Bedürfnissen vor allem der Solo-Selbstständigen Rechnung, die ja nun seit vielen Jahren bereits die Mehrheit unter den Selbstständigen stellen.
Zum Schluss: Ich weiß sehr wohl, dass es unter Selbstständigen auch Vorbehalte gegen eine Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung gibt. Aber ich finde, dabei muss man berücksichtigen, dass eben die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur aus dem Einnehmen von Beiträgen und dem Auszahlen von Renten besteht, sondern dass die gesetzliche Rentenversicherung auch Schutz bei Erwerbsminderung bietet, eine Hinterbliebenenversorgung garantiert und vor allem den Zugang zu Prävention, Reha und Nachsorge sicherstellt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE])
Genau das haben wir gemeinsam mit dem Flexirentengesetz hier verbessert. Damit stellen wir sicher, dass gerade dann, wenn sich die Arbeitswelt ändert, eine bessere Unterstützung im Arbeitsleben möglich ist. Davon sollten auch Selbstständige profitieren.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7074358 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 219 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Absicherung von Solo-Selbständigen |