17.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 219 / Tagesordnungspunkt 26

Xaver JungCDU/CSU - MINT-Bildung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Mutlu, das war ja ein richtiges Horrorszenario, das Sie uns hier von der letzten PISA-Studie gemalt haben.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist Realität! Das ist eine Studie! Lesen Sie die Studien!)

Das stimmt doch alles gar nicht, und das wissen Sie auch. Die Grünen sind in zehn Bundesländern in den Landesregierungen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In elf!)

Sie sind da dafür zuständig, aber hier jammern Sie jetzt über die Ergebnisse, die herausgekommen sind.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie gestern im Ausschuss schon gesagt!)

Richtig ist vielmehr, dass wir mit unserem Antrag dazu beitragen wollen, mehr Schülerinnen und Schüler für Technik, Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften zu begeistern; denn hier liegt für unsere Arbeitsplätze die Zukunft. Wir brauchen eine ganz neue Generation von MINT-Nachwuchs – nicht nur im IT-Bereich, wozu der Kollege Sven Volmering gleich noch etwas sagen wird. Ich denke auch nicht nur an Hochschulabsolventen. Wir brauchen dringend junge Menschen, die programmieren können, die dieses Handwerk beherrschen und die das auch wollen. Chefs haben wir nämlich genug in Deutschland.

Wir halten hier oft schöne Reden und stellen Anträge. Das ist das eine. Wenn man aber vor Ort nicht die richtigen Leute hat, beispielsweise motivierte Lehrer und Ehrenamtliche, dann wird das nichts. Wie sieht es denn aus an unseren Schulen? Da flattern ständig von außen neue MINT-Angebote ins Haus. Es fehlt aber oft der Überblick, es fehlt an ausreichend qualifiziertem Personal. Damit fehlt es auch an ausreichender Motivation. Interes­sierte Schülergruppen werden oft als zu klein angesehen, um AGs zu bilden. Also bleiben deren Wünsche auf der Strecke. Uns gehen damit die sehr wohl vorhandenen Talente verloren.

Das sind doch die Hauptursachen, warum das Interesse von Jugendlichen an MINT im Verlauf der Schulkarrieren nachlässt. Begeisterung für MINT schaffen, geht anders. Für ausreichende Lehrerstellen aber sind – wie wir alle wissen – die Länder zuständig. Und auf diese Defizite weisen wir hier schon seit Jahren hin, lieber Herr Mutlu. Da überschätzen Sie auch die Möglichkeiten einer Verfassungsänderung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie uns doch gemeinsam die Verfassung ändern!)

Meine Damen und Herren, Wissenschaft und Forschung müssen für Schülerinnen und Schüler als Abenteuer, als alternative Freizeitbeschäftigung, als interessantes Hobby angeboten werden, und zwar nicht nur im großstädtischen Bereich, sondern im ganzen Land. Wie sieht die Realität im Land aus? Wenn ich früher als Lehrer ins Schülerlabor des Oberstufenzentrums Kaiserslautern wollte, bedeutete das, einen kompletten Tag unterwegs zu sein, mit Bus, Bahn, Bus und dann zu Fuß, um dann dort höchstens zwei Stunden zu experimentieren und zu forschen. Das heißt, die Zeit für den Weg dorthin war fast doppelt so lang wie die Zeit für den eigentlichen Zweck der Reise. Das ist für Schülerinnen und Schüler unzumutbar. Dass sie dann den Spaß verlieren, ist – glaube ich – offensichtlich. Die Schüler haben sich zwar gefreut, weil aufgrund des hohen Zeitaufwands viel Unterricht ausgefallen ist,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

aber Spaß am Forschen und am Experimentieren ist da nicht aufgekommen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wissen wir es!)

Wir müssen dorthin, wo die Schüler sind, und wir müssen hier auch die ständige Benachteiligung des ländlichen Raums beenden.

Offenbar gab es diesbezüglich in der DDR paradiesische Zustände. Ich frage mich nur, warum dann die Wirtschaftskraft der DDR nicht dazu ausgereicht hat, wirkliche Spitzentechnik zu produzieren.

(Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE]: Dazu könnte ich auch was sagen!)

Meine Damen und Herren, das Konzept der MINT-Region – wir haben es gehört – ist ein wunderbares Instrument, um das zu ändern. Es verbindet schulische Akteure mit Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft systematisch entlang der Bildungskette. Ein von mir initiierter Verbund von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Institutionen bemüht sich gerade bei der Körber-Stiftung um Anerkennung. Ich kann alle nur ermutigen, solche Regionen zu gründen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Bei mir stehen Angebote für Schulen einer großflächigen Region – von Zweibrücken bis Rockenhausen, von Birkenfeld bis Landau mit dem Zentrum Kaiserslautern – künftig bereit. Wir werden regionale Außenstellen schaffen, digitale und mobile Angebote suchen, um die Wege zu verkürzen. Aber auch dazu braucht man Personal.

Bekanntlich ist aller Anfang schwer. Am Anfang stehen oft Misstrauen und Eifersucht zwischen den Institutionen, aber der Zwang zur gemeinsamen Aktion ist da, und so werden irgendwann aus misstrauischen Konkurrenten doch vertrauensvolle Partner. So ist es bei uns gewesen.

Ich bedanke mich bei allen, die da mitgemacht haben. Unser vorliegender Antrag stützt solche Regionen künftig. So können wir umfangreicher und gezielter fördern, und das finde ich gut.

Ich fordere Sie auf – wenn Sie an der Zukunft unseres Landes mitarbeiten wollen, und dazu ist der vorliegende Antrag sicher ein weiterer Schritt –: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Die Lehrer, die Eltern und auch die Schüler werden Ihnen dankbar sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank, Xaver Jung. – Aber die Schulausflüge lassen Sie nicht ganz ausfallen; die fand ich nämlich am coolsten. – Nächste Rednerin: Dr. Daniela De Ridder für die SPD-Fraktion.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7074381
Wahlperiode 18
Sitzung 219
Tagesordnungspunkt MINT-Bildung
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