Harald PetzoldDIE LINKE - Aktuelle Stunde zu dem Thema: Ehe für alle
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Der Kollege Weinberg hat gerade in dieser Debatte, in der Aktuellen Stunde zum Thema „Ehe für alle“, beklagt, dass hier eine hitzige Debatte geführt werde.
(Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: Nein!)
Der Einzige, der hier hitzig debattiert hat, war, glaube ich, der Kollege Weinberg selbst,
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
weil er jetzt offensichtlich gemerkt hat, dass die Mehrheiten hier in diesem Haus tatsächlich andere sind, die das, was er inhaltlich vorgetragen hat, nicht teilen.
(Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU]: Weil ich eine andere Meinung habe, ist es hitzig?)
Frau Kollegin Winkelmeier-Becker, niemand hier hat gesagt, dass derjenige oder diejenige, die oder der nicht für die Homo-Ehe ist, homophob sei. Das hat niemand gesagt.
(Mechthild Rawert [SPD]: Genau! – Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Das ist aber der Tenor!)
Vielmehr ist gesagt worden: Wer einem anderen die Gleichstellung verweigert, diskriminiert. – Das ist etwas anderes.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben zu Recht darauf verwiesen, dass man in der Union im Zuge von Diskussionsprozessen Fortschritte erzielt hat. Ich bin ja Zeuge solcher Diskussionsprozesse geworden. Sie haben hier das Beispiel der LSU angesprochen. Ich kann Sie nur einladen: Kommen Sie einmal mit zum Straßenfest in die Motzstraße hier in Berlin
(Mechthild Rawert [SPD]: Schöneberg! Bester Bezirk!)
im Sommer, und schauen Sie sich den Stand der LSU an. Die Kolleginnen und Kollegen der LSU stehen ja immer gegenüber von unserem Stand, neben dem Stand der Grünen und neben dem Stand der SPD. Die Leute kommen immer gerne zum Weißwurstessen dorthin, aber inhaltlich nimmt inzwischen niemand mehr ein Stück Brot von diesen Kolleginnen und Kollegen.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)
Das ist einfach schade, weil sie möglicherweise etwas zur Diskussion beizutragen haben. Das wäre doch wichtig.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie möchten, dass der Kollege Professor Hirte bei der nächsten Podiumsdiskussion zum CSD in Köln – vielleicht wird er ja wieder angefragt – wieder wie der letzte Depp ausgebuht wird, wenn er verkünden muss, dass es wieder nicht gelungen ist, die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe durchzusetzen. Ich kann mir ebenfalls nicht vorstellen, dass Sie das der Kollegin Sütterlin-Waack zumuten wollen, dass Sie das dem Kollegen Kaufmann zumuten wollen oder dass Sie das dem Kollegen Luczak zumuten wollen. Letzterer hat ja schon getwittert, dass es endlich Zeit wird, hier für Gleichstellung zu sorgen.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Doch er wird in Berlin-Schöneberg genauso „verprügelt“, weil Sie sich weigern, endlich dafür zu sorgen, dass es gemäß der Mehrheitsmeinung, die es hier in diesem Hause gibt und die inzwischen auch Teile Ihrer Fraktion mittragen, zu einer gesetzlichen Regelung kommt.
Ich kann Ihnen, wenn Sie hier auf Minderheitenmeinungen rekurrieren, nur sagen: Niemand will von Ihnen, dass Sie ab morgen eine schwule Ehe führen, Herr Weinberg. Niemand! Sie können hier Ihre Minderheitenmeinung gerne weiter vertreten; dagegen hat doch niemand etwas. Aber die Mehrheitsmeinung, die es hier in diesem Haus, zumindest rechnerisch, gibt, muss endlich zum Tragen kommen. Deswegen fordern wir, dass Sie Ihre Blockadehaltung endlich aufgeben und wenigstens die Abstimmung freigeben.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, eines kann ich Ihnen natürlich nicht ersparen:
(Zurufe von der SPD: Oh! – Ach nein? – Was kommt jetzt?)
Sie haben sich heute im Rechtsausschuss
(Mechthild Rawert [SPD]: Ich bin Gesundheitspolitikerin!)
zum 24. Mal zum Deppen gemacht,
(Widerspruch bei der SPD)
indem Sie das schmutzige Geschäft der Union in dieser Frage freiwillig übernommen und zum 24. Mal verhindert haben, dass die drei vorliegenden Gesetzentwürfe wenigstens beraten werden. Wenigstens beraten! Nach der Rede von Frau Winkelmeier-Becker müsste Ihnen doch endlich aufgegangen sein, dass Sie warten können, bis Sie schwarz werden,
(Mechthild Rawert [SPD]: Rot werden! – Weiterer Zuruf von der SPD: Na, na! So lange nun auch wieder nicht!)
bis die Union bei der Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe gemeinsame Sache mit Ihnen macht. Wenn Sie nicht begreifen, dass Sie die rechnerische Mehrheit, die wir im Deutschen Bundestag jetzt haben, endlich nutzen müssen, dann werden Sie auch noch dafür sorgen, dass Ihre neue Gallionsfigur, Martin Schulz, zur Witzfigur verkommt. Das passiert nämlich, wenn er nur Versprechungen macht und dann die Leute merken, dass an den Versprechungen nichts dran ist.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Mechthild Rawert [SPD]: Da würde ich doch glatt mal sagen: Abwarten!)
Der Kollege Beck hat den Kollegen Kahrs ja schon zitiert. Den entscheidenden Satz, Volker, hast du aber ausgelassen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)
Der Kollege Kahrs hat nämlich versprochen, dass die Union im Deutschen Bundestag eine Abstimmungsniederlage erleiden werde,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, das wünsche ich mir doch!)
und die sei auch verdient. Dieser Satz ist, wie ich finde, wichtig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn es geht darum, dass es hier Abgeordnete gibt, die zu ihrem Wort stehen, und Abgeordnete, die nur ankündigen. Aber das Ankündigen muss endlich ein Ende haben, wenn wir Vertrauen in Politik zurückgewinnen wollen.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Ich habe in meiner ersten Rede hier gesagt, dass ich es satt habe, wie ein Bittsteller auftreten und betteln zu müssen, wenn es darum geht, dass ich dieselben Rechte in diesem Land haben möchte, wie sie der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU oder der Fraktionsvorsitzende der SPD ganz selbstverständlich haben. Ich habe auch gesagt, dass ich es satt habe, dass gute Gesetzentwürfe wieder einmal dem sogenannten Prinzip des Verfallens anheimfallen, wenn die Wahlperiode abgelaufen ist.
(Mechthild Rawert [SPD]: Diskontinuität!)
Das werden wir nicht zulassen.
Ich kündige schon jetzt an – darauf können Sie sich verlassen –: Sie haben noch bis zum 26. April dieses Jahres Zeit. Dann sind die nächsten zehn Wochen abgelaufen. Die Ausschussvorsitzende muss dann Bericht erstatten, was mit den Gesetzentwürfen im Rechtsausschuss passiert ist. Dann werden wir hier die nächste Debatte über dieses Thema führen. Dann wird sich zeigen, ob der Kollege Kahrs nur die Backen aufgeblasen hat oder ob wir hier tatsächlich zu einer Abstimmung kommen und endlich für Gleichstellung und Gleichberechtigung sorgen können.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mechthild Rawert [SPD]: Vielleicht kommt ja sogar vorher schon etwas!)
Der Kollege Dr. Karl-Heinz Brunner spricht jetzt für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082362 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 220 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu dem Thema: Ehe für alle |