Sabine Sütterlin-WaackCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu dem Thema: Ehe für alle
Warten Sie es ab.
(Heiterkeit)
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kurz und im Ergebnis wahrscheinlich wenig überraschend eins vorweg: An der Position der CDU/CSU-Fraktion hat sich seit unserer letzten Debatte zur Geschäftsordnung Ende letzten Jahres nichts geändert.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie eigentlich in dieser Fraktion?)
Vor wenigen Monaten habe ich an gleicher Stelle schon darauf hingewiesen: Die weit überwiegende Mehrheit in der CDU/CSU-Fraktion ist hinsichtlich des Inhaltes der Gesetzentwürfe der Grünen, der Linken und des Bundesrates entschieden: Wir sind der Auffassung, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Wertentscheidung des Verfassungsgesetzgebers vorbehalten ist. Werte Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Auffassung stehen wir übrigens nicht allein. Verfassungsrechtler stützen unsere Position.
(Johannes Kahrs [SPD]: Was? – Mechthild Rawert [SPD]: Bei den Juristen auch!)
Die Entscheidung zur Eheöffnung kann also nicht einfach durch Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen, wie Sie sich das vorstellen und wie das auch im Bundesrat gesehen wird. Unsere Position hierzu wird sich kurzfristig nicht ändern.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal meinen Aufsatz dazu!)
Genauso wenig wird sich aber, lieber Herr Beck, unsere Einstellung verändern, dass Menschen, die sich lieben und dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen, unsere Anerkennung und Wertschätzung verdienen, unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Na also!)
Sie verdienen die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates. Wir freuen uns, dass die bürgerlichen Lebensformen nach Jahren der totalen Ablehnung auf ein derart großes Interesse bei der Opposition stoßen.
(Johannes Kahrs [SPD]: Aber nicht bei der Union!)
Ausdruck der staatlichen Wertschätzung und Unterstützung war und ist das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da waren Sie auch dagegen! Dagegen sind Sie nach Karlsruhe gezogen! Das war auch verfassungswidrig!)
Dessen Rechte und Pflichten haben der Gesetzgeber und auch das Bundesverfassungsgericht in den letzten 15 Jahren immer weiter konkretisiert. Auch in dieser Legislaturperiode war hier kein Stillstand. Wir haben gleich zu Beginn der Wahlperiode die Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben nichts ermöglicht! Sie haben ein Verfassungsgerichtsurteil schlampig umgesetzt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie wurden dazu verdonnert!)
Überdies haben wir das nationale Recht im Sinne der Gleichstellung bereinigt.
Wir haben schon so viele Debatten zur Öffnung der Ehe in dieser Wahlperiode geführt. Deshalb sehen Sie es mir nach, wenn Sie von mir Bekanntes hören.
(Johannes Kahrs [SPD]: Schade!)
Die Eheöffnung ist eine politische Forderung von vielen. Sie ist aber eben keine zwingende grundgesetzliche Notwendigkeit.
(Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD]: Doch!)
Ohne Eheöffnung, aber bei völliger rechtlicher Gleichstellung könnte ich den Vorwurf nicht verstehen, dass weiter staatliche Diskriminierung betrieben werde. Viele in meiner Fraktion, auch ich, treten daher für eine vollständige rechtliche Gleichstellung ein und versuchen, eine Konsenslösung herbeizuführen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Über die Idee, die eingetragene Lebenspartnerschaft im Grundgesetz zu verankern und den Artikel 6 des Grundgesetzes um den Begriff „Lebenspartnerschaft“ zu erweitern, wird aber leider überhaupt nicht diskutiert.
(Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD]: Verankert Diskriminierung!)
Unser Werteverständnis vom Schutz von Familie und Ehe, verbunden mit der Gleichberechtigung und Toleranz gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, würden wir damit festschreiben. Ich finde es äußerst schade, dass dieser Weg nicht mehr als Alternative und Kompromiss diskutiert wird. Damit könnte doch die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau beibehalten werden und die eingetragene Lebenspartnerschaft gleichberechtigt danebenstehen. Eine zusätzliche Änderung des Personenstandsgesetzes wäre denkbar. Dann bliebe gleichgeschlechtlichen Paaren in administrativen Vorgängen die Offenlegung ihrer sexuellen Identität erspart.
Es hat zwar nichts mit der Frage nach der Öffnung der Ehe zu tun, aber damit etwas – darüber haben wir schon gesprochen –, was uns als Fraktion in diesen Debatten immer unterschwellig entgegenschlägt. Dort schwingt mit: Die CDU/CSU-Fraktion ist, weil sie sich gegen die Öffnung der Ehe stellt, irgendwie homophob. Weil sie sich das öffentlich nicht zu sagen traut, wird das latent durch die Abwehrhaltung in dieser Frage ersetzt. Ich möchte diese Aktuelle Stunde dafür nutzen, zu sagen: Das ist großer Unsinn.
(Beifall der Abg. Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU])
Sicher waren wir nie die Speerspitze der Bewegung,
(Mechthild Rawert [SPD]: Das stimmt!)
und sicherlich wird es nicht sonderlich schwerfallen, in alten Plenarprotokollen Aussagen zu finden, die nicht gerade von einer ganz großen Aufgeschlossenheit für dieses Thema zeugen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht gerade!)
Aber das ist lange her. Das zeigt im Übrigen auch unsere Herangehensweise an eine Thematik wie die der Rehabilitierung der Opfer des ehemaligen § 175 Strafgesetzbuch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir erkennen an, dass die Rehabilitierung der Betroffenen ein wichtiges moralisches, politisches und gesellschaftliches Anliegen ist.
(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Brunner [SPD] – Mechthild Rawert [SPD]: Gut so!)
Der Kabinettsbeschluss fehlt noch – das stimmt –, aber uns allen ist klar, dass die verurteilten Personen oftmals hochbetagt sind und wir deshalb einen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens in dieser Legislaturperiode brauchen. Dafür werden wir uns einsetzen. Wir wollen, dass die Betroffenen ihre Rehabilitierung noch erleben, und hoffen, dass sie dadurch mit unserem Rechtssystem versöhnt werden.
Denen, die mir zugehört haben, danke ich dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kollegin Mechthild Rawert spricht jetzt für die SPD.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082374 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 220 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu dem Thema: Ehe für alle |