Kai WegnerCDU/CSU - Kündigungsschutz für Mieter und Mietpreisbremse
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Miete und Wohnen“ ist für die Menschen in unserem Land von größter Bedeutung
(Die Verblendung eines Sitzplatzes in den Reihen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN fällt zu Boden – Heiterkeit im ganzen Hause)
Entschuldigen Sie! – Ich weiß nicht, was heute mit der Opposition los ist.
(Heiterkeit im ganzen Hause – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, nach der Bundespräsidentenwahl sind sie nicht ordentlich festgezogen worden!)
Vielleicht war nachts jemand unterwegs und hat sie angesägt – keine Ahnung.
Frau Künast, ich habe doch noch gar nicht angefangen. Der Protest muss doch nicht jetzt schon kommen.
Auch diese Lücke werden wir füllen. – Herr Wegner, reden Sie bitte einfach weiter.
Das Thema „Miete und Wohnen“ ist für die Menschen in unserem Land von größter Bedeutung. Deshalb begrüße ich es in der Tat, dass wir einmal mehr in dieser Legislaturperiode eine Debatte hierzu führen.
Ein ausgewogenes und – ja – soziales Mietrecht ist für diese Koalition eine schiere Selbstverständlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gerade weil das Wohnen eine existenzielle Bedeutung hat, ist das Mietrecht in Deutschland zu Recht mieterfreundlich und mit einem weitreichenden Kündigungsschutz sowie einer Sozialklausel ausgestaltet worden. Vor diesem Hintergrund muss jeder Eingriff in das Mietrecht sorgfältig abgewogen sein, damit der gebotene Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen auch wirklich gewährleistet bleibt. Wenn ich aber zum Beispiel lese, was Linke und Grüne zum Kündigungsschutz im Wohnraummietrecht vorlegen, muss ich schon sagen, dass diese Anträge Maß und Mitte schmerzlich vermissen lassen.
Mit dem, was Sie uns hier präsentieren, werden Sie der notwendigen gesellschaftlichen Ausgewogenheit in keiner Weise gerecht. Im Gegenteil: Sie wollen übermäßig in die verfassungsmäßigen Eigentumsrechte der Vermieter eingreifen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und da machen wir nicht mit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die ganz dicke Keule der Verfassung!)
– Ja, das ist aber so.
Fast noch schlimmer ist das, was in Ihren Initiativen zur Mietpreisbremse zu lesen ist. Insbesondere der Antrag der Linken liest sich wie ein einziger Misstrauensbeweis gegen alle Vermieterinnen und Vermieter. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, leider gibt es auch unter Vermietern vereinzelt schwarze Schafe. Das dürfen wir nicht dulden. Wir dürfen denen das auch nicht durchgehen lassen. Aber einen ganzen Berufsstand an den Pranger zu stellen, meine Damen und Herren, ist eben auch nicht in Ordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vermieter ist doch gar kein Beruf! – Zurufe von der LINKEN)
Diesen Misstrauensbeweis gegen Vermieterinnen und Vermieter, die beinahe 40 Millionen Menschen in unserem Lande ein Zuhause geben, weisen wir als CDU/CSU entschieden zurück.
Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, der sowohl bei den Linken als auch bei den Grünen vorkommt und bei dem es völlig in die falsche Richtung geht. Sie fordern, dass die Mietpreisbremse auch für erstvermietete Neubauwohnungen und umfassend modernisierte Wohnungen gelten soll. Damit zeigen Sie einmal mehr, dass Sie elementare Grundprinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung nicht verstanden haben, meine Damen und Herren.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie haben es nicht verstanden!)
Kein rational denkender Mensch wird noch Geld in die Hand nehmen und neue Wohnungen bauen, wenn er das Geld nicht über die Miete wieder hineinbekommen kann, meine Damen und Herren.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat ja keiner was dagegen!)
Und kein vernünftiger Mensch wird eine in die Jahre gekommene Wohnung sanieren und die Wohnqualität für die Mieter erhöhen, wenn er dafür am Ende noch draufzahlen muss. Linke und Grüne haben offenbar bis heute nicht verstanden, dass für eine ausreichende Wohnraumversorgung zu wenige Wohnungen gebaut werden und dass für die Erreichung der Klimaschutzziele zu wenig modernisiert wird, meine Damen und Herren.
Wir haben die Mietpreisbremse eingeführt, um starken Preissteigerungen – –
(Ulli Nissen [SPD]: Wer hat es erfunden? – Weitere Zurufe von der SPD)
– Wir in der Koalition. Ich spreche doch von der Koalition; noch sind wir in der Koalition, auch wenn ihr euch etwas anderes wünscht. – Zur Wahrheit gehört, dass die Große Koalition diese Mietpreisbremse eingeführt hat. Die Vorgängerregierung aus Rot-Grün hat das übrigens nicht getan, meine Damen und Herren. Von daher ist es vielleicht ganz gut, dass die Union mitregiert.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Vorgängerregierung war Schwarz-Gelb, und die hat das Mietrecht richtig geschleift!)
Ja, meine Damen und Herren, wir haben die Mietpreisbremse mit unserem Koalitionspartner eingeführt, um starken Preissteigerungen auf den Mietwohnungsmärkten zu begegnen. Und ja, wir wollen verhindern, dass sich Mieter eine Wohnung in Gegenden, in denen es eine starke Nachfrage gibt, nicht mehr leisten können. Sie hingegen wollen eine Mietpreisbremse, die zur Investitionsbremse umfunktioniert wird, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch da machen wir nicht mit; denn so etwas nützt weder den Mieterinnen und Mietern noch irgendjemand anderem. Vielmehr brauchen wir mehr Investitionen in neuen Wohnraum, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, wir wollen den Anstieg der Mieten begrenzen. Da sind wir uns alle einig.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt nicht! Sie tun nur so!)
Ja, wir wollen, dass in Deutschland Wohnen bezahlbar bleibt. Es gibt aber einen Unterschied, meine Damen und Herren: Sie von der Opposition wollen Wohnungsmangel verwalten, wir wollen Wohnungsneubau gestalten. Und wir tun gut daran. Denn wenn die Nachfrage nach Wohnungen steigt, dann muss auch das Angebot an Wohnungen mitwachsen, um die Mietpreise konstant zu halten.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das weiß ja selbst Klein Fritzchen!)
– Na, es wäre ja super gut, Frau Künast, wenn das alle wüssten. Es wäre auch gut, wenn in Ihren Initiativen, die wir heute beraten, irgendetwas von neuem Bauen enthalten wäre.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können wir ja nicht in jeden Antrag schreiben!)
Kein einziger Punkt in Ihren Initiativen schafft irgendeine neue bezahlbare Wohnung, meine Damen und Herren. Darüber müssen wir viel mehr reden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Wegner, vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt: Es geht heute um Mietrecht und soziale Wohnraumförderung!)
Dass Linke und Grüne mit dem notwendigen Neubau von Wohnungen leider häufig Probleme haben, zeigt sich immer wieder, zuletzt einmal mehr in Berlin. Eines der größten Bauvorhaben der wachsenden Stadt wurde von Linken und Grünen und wegen der Machtfrage leider auch von unserem Koalitionspartner SPD hier in Berlin über Nacht einkassiert. 5 000 neue Wohnungen hätten auf der Elisabethaue in Pankow gebaut werden können, 12 500 Menschen hätten dort ein neues Zuhause finden können. Das Projekt wurde über Nacht einkassiert, sodass 12 500 Menschen in Berlin kein neues Zuhause finden können, meine Damen und Herren.
Das zeigt einmal mehr Ihre Doppelmoral: hier im Parlament wohlfeile Anträge formulieren und für bezahlbare Mieten kämpfen, aber dort, wo man Regierungsverantwortung hat, wo es darum geht, neue Wohnungen zu bauen, da legen Sie den Schalter um und sagen: Nein, das wollen wir nicht. – Diese Doppelmoral nehmen wir nicht hin und lassen sie Ihnen auch nicht durchgehen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Mieter, die in Berlin raussaniert werden, sind Ihnen einfach egal! Das ist leider Fakt!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, das beste Mittel – Frau Künast hat mir das bestätigt – gegen steigende Mieten ist und bleibt der Wohnungsneubau. Anders gewendet: Wenn das Wohnen in Deutschland für alle Bevölkerungsgruppen bezahlbar bleiben soll, gibt es nur ein Mittel: bauen, bauen und nochmals bauen.
Lieber Christian Kühn, du hast das Beispiel genannt: 75 Menschen stehen in Stuttgart für eine Wohnung an.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Durchschnitt!)
– Im Durchschnitt, absolut richtig. Es können auch noch mehr sein. In Berlin haben wir eine ähnliche Situation. – Jetzt würde ich gerne einmal hören, welche der Maßnahmen aus Ihren Anträgen dagegen Abhilfe schaffen würde. Wenn es keine Wohnungen gibt, werden weiterhin im Durchschnitt 75 Menschen für eine Wohnung anstehen.
(Zuruf der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Deswegen brauchen wir mehr Wohnungsbau. Ich möchte die Opposition bitten, den Schalter umzulegen. Wir brauchen mehr Baulandmobilisierung. Wir brauchen mehr Wohnungsbau in allen Preissegmenten. Das ist die Aufgabe, die wir als Deutscher Bundestag haben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen haben wir eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit beantragt!)
Ja, diese Koalition setzt auf Bauen. Diese Koalition setzt auf Investitionen in den Wohnungsbau. Wir haben uns gemeinsam auf einige Maßnahmen verständigt. Ich denke da an das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen. Wir haben eine umfassende Bestandsaufnahme vorgenommen. Wir haben auch einige Maßnahmen umgesetzt. Als Beispiel erwähne ich die Verdreifachung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr.
Nun ist es leider eben nicht so, dass die Mittel, die wir für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, von den Ländern dafür verwendet werden. Ich kann nur sagen: Wir alle sollten fraktionsübergreifend auf die Länder einwirken, damit diese Mittel endlich für den sozialen Wohnungsbau eingesetzt werden, statt in irgendwelchen Haushaltslöchern zu versickern.
(Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Es ist unanständig, was die Länder hier machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir debattieren heute Abend ein wichtiges Instrument für mehr Wohnungsbau. Wir verabschieden heute Abend die Änderung der Bauplanungsrechtsnovelle.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darüber reden wir heute Abend! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, weil Sie sich immer noch nicht trauen!)
Wir schaffen damit einen neuen Baugebietstypus, nämlich das „Urbane Gebiet“. Herr Luczak hat es schon gesagt: Die Situationen in Ballungszentren und in ländlichen Räumen sind unterschiedlich, auch was den Mietmarkt angeht. Mit diesem neuen Baugebietstypus ermöglichen wir es den Städten und Gemeinden, höhere Bebauungsdichten zu beschließen und damit zusätzliche Wohnungen in den urbanen Zentren zu schaffen. Zudem schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass die Städte und Gemeinden leichter Baurecht am Ortsrand schaffen können. Auch das entlastet den Wohnungsmarkt, gerade in den Ballungszentren.
Andere Punkte aus dem Bündnis hingegen harren noch einer Umsetzung. Ich denke zum Beispiel an die Entbürokratisierung von Vorschriften und Normen im Bauordnungsrecht.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja!)
Hier wünsche ich mir – Frau Künast, ich hoffe, da sind wir einer Auffassung –,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, schon wieder nicht!)
dass sich die Länder endlich darauf verständigen, eine einheitliche Musterbauordnung in diesem Land zu schaffen. Auch das wäre ein Schub für mehr Wohnungsbau in Deutschland.
Ein weiterer Punkt, der uns wichtig war, ist und sein wird, auch in den kommenden Auseinandersetzungen, ist die steuerliche Förderung zur Ankurbelung des Mietwohnungsbaus. Ich finde es sehr bedauerlich, dass wir uns in der Koalition mit unserem Koalitionspartner nicht einigen konnten. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir gerade in diesen Zeiten Kapital freisetzen und steuerliche Förderung ermöglichen, um den Mietwohnungsbau anzukurbeln, meine Damen und Herren.
Ein Punkt, der in den Anträgen und Gesetzentwürfen Ihrerseits überhaupt nicht vorkommt, ist die Schaffung von Wohneigentum. Die haushaltsbezogene Wohneigentumsquote liegt in Deutschland deutlich unter 50 Prozent, während in Ländern wie Schweden, Belgien oder Italien mehr als zwei Drittel der Menschen sprichwörtlich in den eigenen vier Wänden leben. Ich glaube, wir müssen hier mehr tun und den Menschen Mut machen. Auch müssen wir es ermöglichen, dass Menschen mehr auf Eigentum setzen. Dies schafft mehr Bindung für ihre Wohnung, dies schafft mehr Bindung für die Quartiere – das brauchen wir –, und es ist natürlich auch die beste Altersvorsorge, die man sich überhaupt wünschen kann.
Wir werden dafür streiten und kämpfen, dass wir ein Baukindergeld bekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, weil wir es gerade Familien ermöglichen wollen, in den eigenen vier Wänden zu wohnen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer stellt denn den Finanzminister seit vielen Jahren?)
Wir sind uns einig, dass wir jährlich zwischen 350 000 und 400 000 Wohnungen brauchen. Ich bleibe dabei: Wir brauchen diese Wohnungen in allen Preissegmenten; denn wenn wir bei den großen Neubauvorhaben nur auf sogenannte günstige Wohnungen setzen, gefährdet das die soziale Mischung in den Quartieren, und wir schaffen uns die Probleme in bestimmten Quartieren von morgen.
Denken Sie bitte an die Redezeit.
Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin.
Die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum ist eine wichtige Gestaltungsaufgabe. Diese Koalition nimmt diese Gestaltungsaufgabe an. Die Anträge und Gesetzentwürfe der Opposition gehen leider vollkommen in die falsche Richtung. Mehr Plan, weniger Markt, Misstrauen gegen Vermieter statt faires Miteinander – das kann nicht funktionieren. Deshalb werden wir Ihren Initiativen auch nicht folgen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Wegner.
Ich möchte Sie alle noch einmal bitten, sich an die Redezeiten zu halten. Wir sind schon jetzt unglaublich weit darüber.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einfach den Saft abdrehen!)
– Ich drehe nicht einfach den Saft ab. Ich möchte nur darum bitten, dass man sich an die Redezeit hält. Ansonsten ziehe ich bei den nachfolgenden Kollegen Redezeit ab. Ich habe das in einem Fall schon getan. Ab jetzt mache ich das konsequent.
Nächste Rednerin ist Nicole Gohlke für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082541 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Kündigungsschutz für Mieter und Mietpreisbremse |