09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 4 + ZP 3 u. 4

Johannes FechnerSPD - Kündigungsschutz für Mieter und Mietpreisbremse

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Tribünen! In Deutschland gibt es über 20 Millionen Mietverhältnisse. Das heißt, ein Großteil, wahrscheinlich sogar die Mehrheit, der Bundesbürger lebt zur Miete. Weil die Wohnung der höchstpersönliche Lebensraum ist und existenzielle Bedeutung für den Bürger hat, müssen wir dafür sorgen, dass Bürger gesichert in der Wohnung zur Miete leben können und keine Sorge vor Kündigung haben müssen. Wir haben ein soziales Mietrecht, aber an einigen Stellen können wir unser soziales Mietrecht durchaus noch verbessern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dabei geht es nicht darum, von Vermietern ein Feindbild aufzubauen, nein, aber wie in jeder Gruppe gibt es eben auch dort schwarze Schafe. Wir wollen nicht die normalen Vermieter treffen, sondern wir wollen die Abzocker drankriegen. Wir stellen einfach fest: Der freie Markt allein regelt die Wohnraumversorgung eben nicht ausreichend bei uns.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn heute etwa einem Mieter wegen Mietrückständen fristlos gekündigt wird, dann kann er die Mietschulden bei einer fristlosen Kündigung nachbezahlen. Das ist eine gute Regelung. Das bietet einen Anreiz, dass er sich darum kümmert, das Geld noch zu besorgen. Davon profitiert letztlich dann auch der Vermieter, wenn er doch noch seine Miete bekommt. Deshalb ist es für mich nicht einsehbar, dass wir diese Regelung nicht auch bei der ordentlichen Kündigung einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, es gibt keinen Grund, die fristlose Kündigung von der ordentlichen Kündigung zu unterscheiden.

Wir schlagen eine weitere Verbesserung vor – ein Aspekt, auf den die Linken gar nicht eingehen –: Bei Wohnraummietverhältnissen haben wir einen besonderen sozialen Schutz, anders als bei Gewerbemietverhältnissen. Ich finde, es gibt Gewerbemietverhältnisse, bei denen ein ähnliches Schutzbedürfnis besteht, etwa dann, wenn karitative oder gemeinnützige Einrichtungen die Wohnung angemietet haben. Es gibt zahlreiche karitative Einrichtungen oder gemeinnützige Vereine, die Wohnraum – etwa für betreutes Wohnen, für Frauenhäuser zum Schutz der Opfer vor Gewaltübergriffen oder für Ähnliches – angemietet haben. Ich finde, auch hier sollten wir einen besonderen Kündigungsschutz einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Schließlich finde ich Ihren Vorschlag, liebe Kollegen von den Linken, überraschend konservativ. Sie wollen die Eigenbedarfskündigung nur zulassen, wenn der Vermieter selbst oder engste Familienangehörige die Wohnung beziehen wollen. Einmal davon abgesehen, dass Sie nicht genau definieren – lesen Sie einmal nach –, was denn ein Familienangehöriger genau sein soll – Cousin, Sohn, Tante, Großeltern –, wollen Sie offensichtlich auch langjährige Partner schlechterstellen, wenn sie nicht verheiratet sind. Nach Ihrem Vorschlag kann ein Ehepaar Eigenbedarf geltend machen, nicht aber der Vermieter, der in einer langjährigen Beziehung mit seinem Partner gelebt hat. Das ist ein rückwärtsgewandtes Gesellschaftsbild, und das sollte nicht Gesetz werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD hat in dieser Legislaturperiode viel für die Mieterinnen und Mieter erreicht. Was haben wir uns Kritik anhören müssen für unsere Neuregelung zum Maklerrecht! Jetzt gilt der Grundsatz: Wer bestellt, der muss zahlen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Heute sehen wir: Die seriösen Makler profitieren – sie halten ihre Kundschaft –, und die Mieterinnen und Mieter werden deutlich entlastet, weil sie den Makler nur noch dann bezahlen müssen, wenn sie ihn tatsächlich beauftragt haben. Das ist eine große Entlastung für die Mieterinnen und Mieter bei uns.

Ferner haben wir die Mietpreisbremse eingeführt. Dass sie funktioniert, zeigen zahlreiche Urteile in ganz Deutschland, mit denen aufgrund der Regelung, die wir ins Gesetz geschrieben haben, Abzocke bei den Mieterinnen und Mietern gestoppt wurde. Diese Urteile zeigen: Die Mietpreisbremse ist sinnvoll. Sie funktioniert, und sie verhindert exzessive Mietsteigerungen. Das ist ein großer Erfolg dessen, was die SPD durchgesetzt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich kann die Mietpreisbremse noch besser werden; keine Frage. Es ist überfällig, dass wir eine Regelung zu einem Auskunftsanspruch treffen, damit der Mieter auch erfährt, was der Vormieter bezahlt hat, wodurch er erst seinen Anspruch berechnen kann. Natürlich sollten Mieter dann auch den vollen überzahlten Betrag zurückerstattet bekommen und nicht nur den Betrag, der ab dem Zeitpunkt der ersten Rüge fällig wird.

Ich bedaure sehr, dass unsere politischen Lebensabschnittsgefährten von der Union diesen Schritt nicht mitgehen wollten. Leider war auch in diesem Bereich bei Ihnen kein Herz für die Mieterinnen und Mieter vorhanden; ich muss es so deutlich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der LINKEN)

Da rund die Hälfte unserer Bürgerinnen und Bürger zur Miete lebt, werden wir uns weiterhin für ein soziales und gerechtes Mietrecht einsetzen. Der freie Markt allein wird eben nicht für eine ausreichende Wohnraumversorgung sorgen können. Die Schaffung eines besseren Mietrechts verschieben wir nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern wir verschieben es auf den Sankt-Martins-Tag, sprich: auf den Tag der Bundestagswahl.

(Beifall bei der SPD)

Ab dem 24. September wird es hier eine Mehrheit für ein sozialeres und gerechteres Mietrecht geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Da ich aus dem katholischen Bayern komme, kann ich Ihnen, was Sankt Martin angeht, sagen: So schnell wird man nicht heiliggesprochen. – Nächste Rednerin: Renate Künast für Bündnis 90/Die Grünen.

(Kai Wegner [CDU/CSU]: Jetzt geht es noch mal richtig los!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7082545
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Kündigungsschutz für Mieter und Mietpreisbremse
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