09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Zusatzpunkt 6

Gudrun ZollnerCDU/CSU - Frauen- und Gleichstellungspolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin Noll! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vermittelt den Eindruck, dass wir in Deutschland in den letzten Jahren eine völlig verfehlte und völlig unwirksame Politik für die Gleichberechtigung von Frauen betrieben hätten,

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat sie nicht gesagt!)

als hätten wir nichts erreicht, als hätten wir den hohen Frauenanteil im Parlament in dieser Legislaturperiode nicht für Verbesserungen für Frauen genutzt.

Aber erinnern wir uns: Vor genau zwei Jahren haben wir hier im Deutschen Bundestag erstmals eine feste Quote für Frauen in Führungspositionen verabschiedet.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Quötchen! – Marianne Schieder [SPD]: Auf Drängen der Union!)

Wir alle und besonders wir Frauen aller Fraktionen haben das als Meilenstein in der Frauenpolitik am Internationalen Frauentag 2015 überschwänglich und zu Recht gefeiert.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann?)

Wir waren uns einig, dass wir die Rahmenbedingungen verbessern müssen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Auch hier waren wir nicht untätig: Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz, das Elterngeld Plus, das Familienpflegezeitgesetz, Ausbau der Betreuungsinfrastruktur usw.

Mittlerweile ist das vierte Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ für die Jahre 2017 bis 2020 bereits im Bundesrat beraten und im Kabinett beschlossen worden. Das Sondervermögen soll dafür um 1,126 Milliarden Euro aufgestockt werden. Ein nächster großer Schritt ist das Entgelttransparenzgesetz, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Natürlich müssen Frauen für die gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten. Dem widerspricht ja auch niemand, und das wird von uns allen ja auch gefordert. Mein persönlicher Meilenstein und meine persönliche Herzensangelegenheit ist die Verbesserung des Unterhaltsvorschussgesetzes mit dem Wegfall der Bezugsdauer von 72 Monaten und der Erhöhung des Kindesalters von 12 auf 18 Jahre. Auch das gehört zur Gleichberechtigung und zur Chancengerechtigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wer Kinder in die Welt setzt, muss sich auch finanziell verantwortlich zeigen. Die Last nur einem Elternteil aufzubürden und zum Schluss auch noch bessergestellt zu sein, das ist für mich keine Gleichstellung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir in Deutschland auf einem guten Weg sind, bescheinigt uns auch die kürzlich vorgestellte OECD-Studie „Dare to Share“, auf die Sie Bezug nehmen. Diese stellt fest, dass Deutschland in den vergangenen Jahren die Voraussetzungen für die Erwerbstätigkeit von Müttern deutlich verbessert hat und wir eines der OECD-Länder mit der dynamischsten Familienpolitik und mit der höchsten Frauenerwerbsquote sind. Ich weiß, dass jetzt gleich der Einwand kommt: Hohe Frauenerwerbsquote, schön und gut, aber viele Frauen arbeiten immer noch in Teilzeit. Ja, und? Sie reden doch immer von Vielfalt. Vielfalt bedeutet für mich auch Wahlfreiheit, die Freiheit einer Familie, zu entscheiden, welches Lebensmodell für sie am besten ist. Und es bringt uns kein Stück weiter, wenn wir immer noch in Rabenmütter und Heimchen am Herd unterscheiden und die eine Mutter wie auch die andere damit diskriminieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sprechen von Aufwertung und Wertschätzung für diejenigen, die Kindererziehung, Hausarbeit und Pflege übernehmen. Dann dürfen Sie aber bitte nicht nur ein Modell favorisieren, nämlich das der schnellen Rückkehr in den Beruf und möglichst nur noch in Vollzeit.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, aber die Chancen dürfen wir auch nicht verbauen! Für alle anderen nicht!)

Viele Frauen entscheiden sich ganz bewusst, nur in Teilzeit zu arbeiten, weil sie ihre persönliche Erfüllung in der Erziehung ihrer Kinder sehen, und immer mehr junge Väter tun es ihnen gleich.

(Katja Kipping [DIE LINKE]: Und warum entscheiden das weniger Männer?)

Schon im Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes ist festgehalten, dass Eltern das natürliche Recht und die Pflicht haben, ihre Kinder zu erziehen. Ich möchte nicht, dass der Staat diese Aufgabe übernimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das macht er auch nicht!)

Natürlich muss jeder persönlich immer sein finanzielles Auskommen und seine Rente im Blick haben. Altersarmut, besonders bei Frauen, müssen wir unbedingt verhindern. Deshalb fordern wir von der CSU auch den dritten Rentenpunkt für Mütter, die vor 1992 Kinder zu Welt gebracht haben: Alle Mütter werden dann für ihre Erziehungsleistung gleich behandelt. Das nenne ich Gleichstellungspolitik, und ich lade Sie alle herzlich dazu ein, uns hierbei zu unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, unsere Bundeskanzlerin unterstrich heute Morgen in ihrer Regierungserklärung, dass unsere soziale Marktwirtschaft die erfolgreichste in der EU ist. Die Steuereinnahmen sind auf einem Höchstpunkt, und die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Das ist ein Verdienst der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in unserem Land, und sie machen ihre Sache gut. Das verdanken wir auch den vielen Frauen, die in den Unternehmen ihre Frau stehen. Es steht außer Frage, dass Frauen in den Spitzengremien großer Unternehmen immer noch unterrepräsentiert sind, aber es ist auch deutlich: Die Quote wirkt, auch wenn es manchen vielleicht etwas zu langsam gehen mag.

Aber ich möchte auch betonen: Wir Frauen sind nicht besser oder schlechter als Männer, wir sind anders.

(Marianne Schieder [SPD]: Wir sind schon besser!)

Und so sind wir auch anders in unserer Berufswahl. Männer setzen da mehr auf hohes Einkommen oder Macht. Uns Frauen ist Zufriedenheit und Spaß an der Arbeit wichtiger, auch wenn das leider oft schlechter bezahlte Jobs sind. Aber es wäre doch einmal eine gute Aufgabe für die vielen Gewerkschaften, sich für die Vergütung der sogenannten Frauenberufe starkzumachen. Meist sehe ich in den Medien nur männliche Gewerkschaftsvertreter, die sich für Piloten oder Lokführer einsetzen.

Auch von mehr Homeoffice-Plätze würden viele Familien profitieren. Dazu ist aber eine flächendeckende Breitbandanbindung notwendig. In den Metropolen ist das kein Problem, aber in den ländlichen Räumen schon. Mit einem Internetanschluss von 3 000 Mbit/s kann man keine vernünftige Arbeit verrichten. Das gilt für Angestellte genauso wie für Selbstständige. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die Fördermittel aus dem Haus unseres Bundesministers Alexander Dobrindt sowie die zusätzlichen Gelder der Bayerischen Staatsregierung.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Dobrindt ist der größte Feminist!)

Nicht zu vergessen unsere große Aufgabe: die Integration der Schutzsuchenden in unserem Land. Bildung ist der beste Weg zur Integration, und er führt nur über das Erlernen der deutschen Sprache.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber wir reden hier über Frauen und Gleichstellung! Damit hat Herr Dobrindt nichts zu tun!)

Und hier müssen wir ganz besonders darauf achten, dass das auch den Frauen ermöglicht wird. Sie kommen meist aus einer von Männern dominierten Gesellschaft. Besonders hier müssen wir auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern bestehen. Wenn ich dann aber wie letzten Freitag in der Passauer Neuen Presse lesen muss, dass ein polnischer EU-Abgeordneter allen Ernstes der Meinung ist, dass „Frauen schwächer, kleiner und weniger intelligent“ sind, dann sind wir leider davon noch ein ganzes Stück entfernt.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und deshalb ungleich bezahlt werden müssen!)

Es zeigt uns aber wieder, dass Gesetze alleine nicht reichen und dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau noch immer nicht in allen Teilen der Gesellschaft angekommen ist.

Wie völlig absurd die Meinung dieses gewählten Volksvertreters ist, zeigt das Beispiel der tollen Luft- und Raumfahrtingenieurin Magdalena Pree aus Niederbayern, die als erste deutsche Astronautin – fünf weitere Frauen werden ihr folgen – zur ISS fliegen will.

Werte Kolleginnen und Kollegen, seien wir doch stolz auf das, was wir schon alles erreicht haben, und hören wir endlich auf, alles schlechtzureden. Natürlich gibt es immer wieder etwas zu verbessern, und das ist auch gut so. Sonst hätte die Opposition keine Arbeit mehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD] – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht ganz einfach um Gerechtigkeit! Es ist keine Frage von Zeitverschiebung!)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als Nächstes hören wir die Kollegin Katja Kipping von der Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7082812
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Frauen- und Gleichstellungspolitik
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