Marianne SchiederSPD - Frauen- und Gleichstellungspolitik
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren, wie Sie schon gehört haben, heute gleich mehrere Anträge der Opposition zur Gleichstellung von Männern und Frauen. Auch ich möchte mich vor allen Dingen auf das Thema „Gleichstellung in der Wissenschaft“ konzentrieren, da ich genauso wie Frau Dr. Lücking-Michel dem entsprechenden Ausschuss angehöre.
Das Grundanliegen der beiden dazu vorgelegten Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke teilen wir. Gerade im Bereich von Wissenschaft und Forschung sind wir weit davon entfernt, wirklich von gleichen Chancen für Männer und Frauen sprechen zu können.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Komm, Marianne, wir machen das!)
Die Lage bessert sich. Doch der Fortschritt ist hier in der Tat eine Schnecke.
Seit geraumer Zeit besuchen mehr Mädchen als Jungen weiterführende Schulen und erreichen auch die besseren Schulabschlüsse. Mit Ausnahme der Ingenieurwissenschaften sind Frauen in allen Studiengängen meist gleich vertreten, wenn nicht sogar überrepräsentiert und erreichen auch hier die besseren Abschlüsse. Also fragt man sich: Wie kann es immer noch sein, dass Frauen in den Führungsebenen unserer Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen kaum zu finden sind?
Sicher ist es so, dass Frauen, wenn sie überhaupt im System bleiben, dann spätestens während der Promotion und der Habilitation erfahren, dass sie es viel, viel schwerer haben als ihre männlichen Kollegen. Der Wunsch – es ist darauf hingewiesen worden –, Familie und Beruf miteinander vereinbaren zu wollen, stellt junge Wissenschaftlerinnen vor die allergrößten Herausforderungen. So viel zur Problemanalyse, bei der wir uns, wie gesagt, schnell einigen können. Aber was folgt daraus?
Schaut man sich den Antrag der Linken an, dann stellt man fest – das habe ich bereits bei der ersten Lesung, aber auch im Ausschuss gesagt –: Dieser umfangreiche Antrag ist ein Rundumschlag. Er fällt mehr unter die Kategorie „Wünsch dir was!“, als dass er sich eignen würde, Wege aufzuzeigen, wie die Lage verbessert werden kann.
(Widerspruch bei der LINKEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Wie bitte?)
– Ja, es ist so. – Kompetenzverteilung und Zuständigkeiten finden ebenso wenig Berücksichtigung wie die Selbstverwaltungshoheit der betroffenen Einrichtungen.
Was ist das zum Beispiel für eine Forderung, die Politik der temporär befristeten Pakte zu beenden und dafür als Bund die Grundfinanzierung für die Universitäten deutlich anzuheben und auf hohem Niveau zu verstetigen?
(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Konkreter geht es doch gar nicht!)
Sie sollten die Rechtslage kennen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nach der momentanen Rechtslage führt kein Weg dorthin.
(Katja Kipping [DIE LINKE]: Stimmt doch gar nicht!)
– Das stimmt schon. – Auch der Großteil der anderen Forderungen ist einfach unrealistisch und reines Wunschdenken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Gegensatz dazu ist der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen sehr viel brauchbarer.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch nach meinem Dafürhalten wäre eine neue Diskussion über Genderforschung sinnvoll.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hoffe, da kommt kein Aber!)
Vor allen Dingen, lieber Kai Gehring – das kommt in diesem Antrag ein bisserl zu kurz –, wäre eine Diskussion sinnvoll, wie die Genderforschung in allen relevanten Forschungsbereichen eine selbstverständliche Berücksichtigung finden kann.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Auch für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Fortsetzung des Professorinnenprogramms unbedingt nötig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich bin der Meinung, dass man das Programm nicht nur fortführen, sondern auch weiterentwickeln sollte.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann beschließen Sie es!)
– Ich komme darauf zu sprechen, lieber Kai. – Ich kann mir beispielsweise vorstellen, das Programm auch für Positionen vor und neben der Professur zu öffnen. Denn in der Regel scheiden jungen Wissenschaftlerinnen nicht erst kurz vor der Berufung zur Professorin aus dem System aus. Bereits während der Promotion und in der Postdocphase gehen zu viele Frauen verloren. Selbstverständlich müssten die Mittel für das Programm bei seiner Weiterführung aufgestockt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist einfach Fakt: Dieses Programm verhalf und verhilft nicht nur Frauen zu einer Professur, sondern es hat auch maßgeblich dazu beigetragen, dass das Thema Gleichstellung auf den Leitungsebenen angekommen ist und dort verankert werden konnte. Die breite Nutzung dieses Programms durch die Hochschulen unterstreicht, wie gut es angenommen wird.
Zum Schluss möchte ich mich eindringlich an unseren geschätzten Koalitionspartner wenden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde es wirklich sehr, sehr schade, dass wir heute nicht über einen Antrag von CDU/CSU und SPD zum Thema „Wissenschaft und Gleichstellung“ diskutieren können. Auf diese Weise hätten wir auch die Fortsetzung des Professorinnenprogramms beschließen können. An der SPD – das möchte ich betonen – liegt es nicht.
(Beifall bei der SPD)
Unser Antrag ist fertig. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die CDU/CSU sich hier verweigert. Mein Angebot steht nach wie vor. Noch ist Zeit für einen gemeinsamen Antrag, nicht mehr viel – das weiß ich –, aber sie reicht noch aus. Vielleicht ist der eine oder der andere ja durch die heutige Diskussion zu besseren Einsichten gekommen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082829 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Frauen- und Gleichstellungspolitik |