Karl LauterbachSPD - Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal lautet die Frage, die berechtigt gestellt wird: Ist das in Bezug auf die Arzneimittelversorgung ein Verstärkungsgesetz oder nicht? Ich will das an drei Beispielen klarmachen.
Wir haben uns erstens sehr intensiv mit der Frage beschäftigt: Sollten die verhandelten Arzneimittelpreise transparent bleiben, oder sollten sie vertraulich sein? Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Im parlamentarischen Verfahren sind wir – wofür ich mich ausdrücklich bei allen Beteiligten bedanken möchte – zu dem Ergebnis gekommen, dass vertrauliche Preise nicht zeitgemäß sind. Wir leben in einer Zeit, wo wir mehr Transparenz in unserem Gesundheitssystem benötigen und wo sowohl die Ärzte als auch die Patienten ein Recht darauf haben, die Preise der verordneten Arzneimittel zu kennen, sonst kann keine wirtschaftlich vernünftige Verordnung getroffen werden und sonst kann der Patient ein Medikament nicht wertschätzen. Außerdem wäre das nicht nur für das Ausland von Bedeutung gewesen; denn selbstverständlich sind die Informationen über hohe Preise, die der Öffentlichkeit bekannt sind, auch ein Mittel, das den Krankenkassen hilft, in den Verhandlungen über die Arzneimittelpreise entsprechenden Druck aufzubauen.
Daher ist diese Transparenz ein zeitgemäßes und sinnvolles Instrument, um im AMNOG-Verfahren überhaupt zu guten, gerechten und angemessenen Preisen zu kommen. Das ist eine Verstärkung dieses Verfahrens. Wir haben klipp und klar gesagt: Geheimpreise gehören dort nicht hinein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte zweitens ausdrücklich auf Folgendes hinweisen: Es ist ein unerträglicher Umstand, dass zwar in den Apotheken fast alle Medikamente lieferbar sind – es gibt in den Apotheken kaum Lieferengpässe –, dass aber in den Krankenhausapotheken zwischen 30 und 50 Arzneimittel, die für die Patienten unbedingt notwendig sind – fehlen diese Medikamente, kann das für die Patienten lebensbedrohlich sein –, entweder nicht erhältlich oder nur zeitweise erhältlich sind. Das ist ein Armutszeugnis, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass der Patient, wenn er diese Medikamente nicht bekommt, weil sie nicht lieferbar sind, dies nie erfährt.
Ein Beispiel: Ein krebskrankes Kind wird in einem solchen Fall mit einer Kombinationstherapie behandelt, die nicht optimal ist, weil das entsprechende Medikament, zum Beispiel Alkeran, nicht vorrätig ist. Die Eltern und das Kind erfahren nie, dass auch eine andere Behandlung sinnvoll gewesen wäre. Gleichzeitig werden diese Medikamente teilweise im Ausland zu höheren Preisen noch verkauft, oder sie werden beim Großhandel gelagert, um sie für niedergelassene Onkologen über die Lieferkette bereitzustellen. Das sind unhaltbare Zustände. Das haben wir abgeschafft.
Wir haben drittens eine Verpflichtung zur Meldung eingeführt. Wir haben darüber hinaus den Krankenhäusern die Möglichkeit gegeben, sich zu bevorraten, wenn der Hersteller nicht liefern kann. Er ist verpflichtet, dies zu melden. Das Krankenhaus kann sich für einen Zeitraum von über 14 Tagen bevorraten. Das ist eine dramatische Sanktion, weil die Hersteller, die liefern könnten, dies aber nicht tun, dadurch einen Kunden verlieren. Der Kunde, in diesem Fall das Krankenhaus, kann sich dann im Ausland die Medikamente besorgen. Somit wenden wir die Bedrohung vom Patienten ab und halten eine entsprechende Sanktion bereit.
Das Arzneimittelgesetz hätte eine wirtschaftliche Sanktion in Höhe von maximal 25 000 Euro zugelassen. Die Sanktion, die wir jetzt beschlossen haben, geht weit darüber hinaus und beinhaltet klare Verantwortlichkeiten. Ich glaube, das ist auf jeden Fall ein Schritt in Richtung Versorgungsstärkung im Arzneimittelbereich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abschließend möchte ich sagen: Ich persönlich betrachte es auch als eine Verstärkung der Versorgung, wenn in den Arztinformationssystemen demnächst nicht nur die Preise, sondern auch die Leitlinien, die Therapiealternativen, die entsprechenden Bewertungen des AMNOG-Verfahrens durch das IQWiG so präsent sind, dass sie der Arzt elektronisch schnell und in einer verständlichen Art und Weise abrufen kann. Wir dürfen uns nicht täuschen: Oft ist tatsächlich die Praxissoftware die einzig belastbare und rasch zur Verfügung stehende Quelle für einen Arzt, um sich zu informieren. Wenn ein Arzt anhand der Software die Kosten eines Medikaments, die wissenschaftliche Bewertung des IQWiG und die Therapiealternativen sieht, dann ist er auf der Grundlage des besten wissenschaftlichen Stands in der Lage, eine Entscheidung zu treffen.
Diese Möglichkeit war bisher nur im Ausnahmefall möglich und wurde von den Herstellern, die die notwendigen Informationen nur sehr zögerlich zur Verfügung gestellt haben, zum Teil unterlaufen. Das ist eine deutliche Verbesserung für die Ärzte. Das ist eine deutliche Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. Das wird im Übrigen auch dazu führen, dass die auf Basis des AMNOG verhandelten Preise und die Nutzenbewertungen mehr Einfluss auf die Versorgung haben. Auch hier sehe ich eine Verbesserung im Vergleich zu vorher.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Das Wort hat nunmehr Frau Kordula Schulz-Asche von Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082838 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV |