Thomas StritzlCDU/CSU - Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf den Zuschauern sagen: Das Dach ist dicht.
Lassen Sie mich ein paar Anmerkungen machen; fast alles ist schon erwähnt worden. – Die Initiative des Bundesgesundheitsministers und dieser Koalition, den Gesprächsfaden zur Pharmabranche nach den Erfahrungen einer ganzen Legislaturperiode mit dem AMNOG qualifiziert wieder aufzunehmen, war gut und folgerichtig.
(Beifall des Abg. Erich Irlstorfer [CDU/CSU])
Diesen Faden fortzuspinnen, erscheint mir genauso angezeigt, wie es mir ratsam erscheint, in dieser Frage eine geeignete Gesprächsebene mit dem Hohen Haus selbst zu finden.
Es ist angesprochen worden, Frau Kollegin, dass das Gesetz heute eine andere Fassung als bei der Einbringung hat.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit Montag eigentlich schon!)
Dass das so ist, finde ich auch richtig; denn sonst würde man ja sagen: Parlamentarische Beratungen haben gar keinen Wert. – Die Punkte sind auch ein bisschen schwieriger, als sie manchmal zu sein scheinen.
So haben wir jetzt – Sie haben darauf hingewiesen – keine Preisvertraulichkeit mehr. Die forschende Industrie sieht darin einerseits einen Wettbewerbsnachteil auf internationaler Ebene; auf der anderen Seite sieht sie den Weg zur Eindämmung des versorgungsgefährdenden Parallelhandels verbaut. Andere feiern das, wie gehört, als Gewinn für mehr Transparenz. Bei der Einbringung des Gesetzes im November 2016 haben die Kolleginnen und Kollegen von der Linken gar eine zutiefst antieuropäische Einstellung des Ministers vermutet.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Mit was?)
– Natürlich zu Unrecht. – Ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin einmal kurz zitieren.
Ja.
Ein für die Fachöffentlichkeit zugängliches Verzeichnis mit Listenpreisen und entsprechenden Rabatten existiert – bis auf die deutschen Erstattungsbeträge – bisher leider nicht.
Dieses Zitat stammt aus einer Publikation des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.
Wie Sie aus der Anhörung, die Sie sicherlich verfolgt haben, mitbekommen haben, hat Frau Dr. Vogler als Einzelsachverständige ausgeführt, dass immer mehr europäische Staaten dazu übergegangen seien, vertrauliche Rabatte zu vereinbaren, um der Bevölkerung Zugang zu hochpreisigen Medikamenten zu gewähren. Das sei ein Trend, den wir in den letzten Jahren gesehen hätten. In einer Erhebung, die 2011 von ihrem Behördennetzwerk gemacht worden sei, hätten damals 25 von 31 Ländern gesagt, dass sie vertrauliche Rabatte bei bestimmten Produkten haben.
Vertraulichkeit ist also die europäische Realität und nicht die europäische Ausnahme. Das ist auch der Grund, warum die Industrie eine Wettbewerbsverzerrung vermutet. Man kann es anders sehen, aber bitte nicht behaupten, dass es antieuropäisch sei, wenn das, was in Europa gemacht wird, von anderen verlangt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich noch zu einem anderen Punkt etwas sagen. Man muss sich natürlich überlegen, ob wir für so viel Transparenz sind. Ich habe gerade dem Herrn Professor zugehört, der von Geheimpreisen gesprochen hat. Wenn wir das so apodiktisch meinen – das können wir ja meinen und darüber reden; ich finde es gut, dass wir darüber diskutieren –, dann ist doch die Frage: Wieso hat der Patient keine Kenntnis über die Rabattpreise, wenn er, wie ich vorhin gehört habe, schon in der Apotheke wissen müsste, was das Medikament kostet, weil das für den Therapieerfolg ursächlich sei? Warum weiß die Kasse A nicht, was Kasse B bei einem gewissen Wirkstoff für einen Rabattvertrag vereinbart hat? Da haben wir doch die Vertraulichkeit. Wir sollten bitte schön nicht auf der einen Seite die Vertraulichkeit heiligsprechen und auf der anderen Seite einen solchen Ansatz verdammen. Ich stelle das nur dar, damit man sieht, dass man auch in der Sache sehr vernünftig über diese Punkte streiten kann. Aber sie eignen sich sicherlich nicht, Frau Kollegin, zur versuchten Stigmatisierung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Rudolf Henke [CDU/CSU]: Sehr wahr!)
Ein anderer Punkt ist die Frage des Ausschreibungsverzichts bei Impfstoffen. Da rennen Sie bei uns offene Türen ein. Wir waren immer dafür; der Kollege Henke hat vorhin darauf hingewiesen. Ich sage es noch einmal: Heiko Schmelzle, der früher bei uns für dieses Thema zuständig war und sich auch ganz wesentlich dafür eingesetzt hat – heute ist er wohlbestallter Bürgermeister –, hätte sich, glaube ich, ganz besonders über den Durchbruch gefreut.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, in der Gesamtsicht ist es richtig, dass wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich besser und mit verbesserten Impfstoffen impfen zu lassen, dass wir die Impfquote bei Grippe – Sie haben es angesprochen, Frau Kollegin – von 35 Prozent auf 75 Prozent, wie die WHO empfiehlt, anheben sollten. Dies ist ein Weg, das zu tun, weil auch die produktionsspezifischen Eigenschaften bei Impfstoffen diesen Weg als angeraten erscheinen lassen. Ich halte ihn für richtig. Wir sollten ihn also auch gemeinsam gehen.
Ein letzter Punkt, der angesprochen worden ist, ist die Streichung der Umsatzschwelle. Auch hier lassen Sie mich sagen: Ich glaube nicht, dass sich das zur Stigmatisierung eignet. Wir haben sehr bewusst und auch ganz offen miteinander über diesen Punkt geredet. Natürlich ist es so, dass das Preismoratorium die mittelständische Industrie, aber auch die Pharmaindustrie ganz massiv betrifft. Das ist eine Situation, die man nicht unbegrenzt fortschreiben kann. Umso wichtiger ist es, glaube ich, dass man Signale setzt, wo man sich noch entsprechende Verbesserungen wünscht.
(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Natürlich hat das erste Jahr ab Zugang zum Markt Bedeutung für die forschende Industrie, für neue Arzneimittel. Da kann man sich nicht so schlank hinstellen und sagen: Alles Mondpreise, alles zulasten der Versicherten!
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Doch, kann man!)
– Nein, kann man nicht, gnädige Frau.
Und man kann das jetzt auch nicht weiter ausführen, weil Sie deutlich über der Zeit sind.
Einen letzten Satz. – Sagen Sie mir bitte, was aus Sicht der Linken Heilung kosten darf. Der Wirkstoff gegen Hepatitis C gibt Hunderttausenden Menschen auf der Welt eine Chance auf Heilung statt auf Chronifizierung.
(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Millionen wird er verweigert, weil er zu teuer ist!)
Das ist an Geld doch gar nicht zu bemessen. Und wenn wir die Forschungsschwerpunkte auf Heilung und nicht auf Chronifizierung lenken, dann haben wir im Sinne der Versicherten, der Patientinnen und Patienten ein wirklich gutes Werk getan. Auch das spiegelt sich in diesem Gesetz wider.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082850 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Arzneimittelversorgung in der GKV |