Florian HahnCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUTM Somalia
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Horn von Afrika ist in der letzten Zeit angesichts der Vielzahl neuer Krisenherde auf der Welt ein bisschen aus dem Fokus geraten. Deshalb ist es gut, dass wir uns heute mit Somalia beschäftigen, mit dem Land, das als Paradebeispiel eines Failed State gilt.
Sie haben erwähnt: Die Korruption ist nach wie vor außerordentlich hoch. – Transparency International kürte Somalia sogar zum korruptesten Staat der Welt. Außerdem steht das Land erneut vor einer riesigen Hungerkatastrophe. Das wäre die dritte Hungersnot innerhalb von 25 Jahren.
Durch die extreme Dürre am Horn von Afrika und die anhaltende Gewalt in der Region sind über 22 Millionen Menschen bedroht. Somalia trifft es ganz besonders hart. Laut UN werden bald mehr als 6 Millionen Somalier auf internationale Hilfe angewiesen sein. Das ist etwa die Hälfte der Bevölkerung. Mittlerweile hat die Regierung des nordostafrikanischen Staates in einigen Landesteilen den Ausnahmezustand verhängt. Das alles sind furchtbare Zahlen. Die humanitäre Situation ist derart dramatisch, dass es an dieser Stelle auch nichts zu beschönigen gibt.
Guterres, der gestern oder vorgestern dort war, sagte: Die Kombination aus Konflikten, Dürren, Klimawandel, Cholera und Korruption sind ein Albtraum. – Betroffen sind auch Nachbarstaaten wie Nigeria, der Jemen und Südsudan.
Trotzdem möchte ich sagen, dass das Land, zumindest politisch gesehen, einen hoffnungsvollen Weg eingeschlagen hat bzw. dass es hier einen Hoffnungsschimmer gibt. Anfang Februar wurde – auch das wurde schon gesagt – ein neuer Präsident gewählt. Er genießt einen exzellenten Ruf und gilt als Kämpfer gegen Korruption. Bereits als Ministerpräsident 2010 hat er sich bemüht, die Korruption in seinem Land einzudämmen. Unter seiner Herrschaft erhielten die Soldaten beispielsweise regelmäßig ihre Gehälter. Natürlich müssen nun erst einmal Taten folgen. Aber ich möchte schon jetzt mit aller gebotenen Vorsicht sagen: Es tut sich etwas in diesem Land. Die Bevölkerung Somalias setzt große Hoffnungen in den neuen Präsidenten.
Meine Damen und Herren, unter diesen Gesichtspunkten die Ausbildungsmission abzubrechen, wie es die Grünen und die Linken fordern, wäre ein fatales Zeichen. Gerade jetzt, wo zum ersten Mal so etwas wie eine Aufbruchsstimmung in dem fragilen Land herrscht, einfach zu gehen und Somalia wieder sich selbst zu überlassen, wäre verantwortungslos. Die extreme Dürre stellt ohnehin die erste große Herausforderung für den neu gewählten Präsidenten dar.
Das Erreichen unseres langjährigen Ziels, die somalische Regierung zu befähigen, schrittweise selbst für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, und die Unterstützung somalischer Behörden bei der Errichtung nachhaltiger und langfristig selbsttragender Staatsstrukturen sind jetzt so wichtig wie nie.
Lassen Sie mich deshalb auf die Kritik der Linken an dem Einsatz eingehen. Letztes Jahr beispielsweise wollte Frau Dağdelen die Mission abbrechen und das Geld lieber in Kitaplätze in Deutschland stecken. Das heißt im Klartext: hier Kitas bauen, statt in Somalia Kindersoldaten zu verhindern. Das ist die Entscheidung, vor die Sie uns stellen wollen. Aber da gehen wir nicht mit. Wir entscheiden uns für die Verantwortung – sowohl für unsere Kinder in Deutschland als auch für die Krisenregionen auf der Welt. Wir investieren auf Rekordniveau in den Kitaausbau hier in unserem Land und beschließen trotzdem die Mission EUTM Somalia zum Aufbau der Sicherheitsarchitektur in Somalia.
Lieber Herr Neu, ich habe mit Interesse festgestellt, dass Sie eigentlich nichts dagegen haben, dass man in solchen Ländern wie Somalia auch für Sicherheit sorgt. Der Grund, den Sie genannt haben, warum Sie an dieser Stelle nicht mitgehen können, war die nicht einheitliche Ausbildung, also die unterschiedlichen Akteure, die es da gibt. Wenn ich es richtig verstanden habe: Gäbe es nicht unterschiedliche Akteure, sondern wäre die Ausbildung aus einer Hand und würden die Soldaten regelmäßig bezahlt werden, dann wären Sie dafür.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist fehlinterpretiert!)
Ich finde, das ist neu und ganz interessant.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er heißt ja auch so!)
Herr Nouripour, Sie haben heute wie auch in der letzten Debatte gesagt, der Hauptgrund, warum Ihre Partei einer Mandatsverlängerung nicht zustimmt, ist, dass die Soldaten ihre Gehälter nicht bekommen und sich früher oder später gegen den Staat wenden werden.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Problem!)
Das stellt sich doch aktuell etwas anders dar. Zumindest ein Vertrauensvorschuss für den neuen Präsidenten, der als Ministerpräsident vor sieben Jahren sehr wohl alle Gehälter gezahlt hat, wäre angemessen. Außerdem zahlt die EU Stipendien für die ausgebildeten Soldaten. Hier können wir selbst etwas tun, damit unser Training auch nachhaltig der richtigen Seite zugutekommt.
Grundsätzlich gilt: Man kann einem zerrütteten Staat nur helfen, wenn man einen langen Atem beweist. Diesen langen Atem sollten wir auch in Somalia haben, auch wenn dieser Einsatz aktuell nur neun Soldatinnen und Soldaten umfasst.
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082965 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUTM Somalia |