09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 221 / Tagesordnungspunkt 12

Johannes SelleCDU/CSU - Globale Investitionen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Weltgemeinschaft steht vor großen Herausforderungen. 2050 werden voraussichtlich 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben, davon 7 Milliarden in unterentwickelten Verhältnissen. Die Frage nach Sicherstellung der Versorgung, die Frage nach dem Schutz der Menschenwürde, nach sozialem Schutz und die Frage nach dem Erhalt der natürlichen Grundlagen sind von einer nicht mehr zu übersehenden Dringlichkeit geworden.

Unser Bundesminister hat gesagt: Wir sind die erste Generation, die die Technik, die Innovationskraft und das Wissen hat, um eine Welt ohne Hunger zu schaffen, eine Welt in Frieden ohne Aids und ohne Tuberkulose.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat schon Karl Marx gesagt!)

Aber wir sind auch die erste Generation, die durch ein „Weiter so!“ den Planeten an den Rand der Apokalypse führen kann.

Für uns in Europa ist inzwischen auch der Migrationsdruck heftig zu spüren. Man schätzt, dass über 200 Millionen Menschen in Afrika bereit sind, die Heimat zu verlassen. Das geflügelte Wort: „Überall ist es besser, als hier zu krepieren“ macht in verschiedenen Variationen die Runde.

Gott sei Dank hat ein weltweites Umdenken begonnen. Das Jahr 2015 hat eine neue Dynamik in die internationale Politik gebracht und kann als Meilenstein gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es gab die Finanzierungskonferenz in Addis Abeba, den UN-Gipfel in New York mit der Agenda 2030 und die Klimakonferenz in Paris. Ein großer Sprung gelang; denn globale Partnerschaft wird mit dringlichen Klimathemen, mit sozialen Fragen, mit nachhaltiger Finanzierung und Stärkung privater Investitionen verknüpft. Die Agenda 2030 kommt vielleicht gerade noch rechtzeitig, um wirtschaftlichen Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und ökologische Grenzen gut miteinander zu verbinden.

Es sind Rahmenwerke entstanden, die auf Umsetzung warten. Deutschland hat sich in New York verpflichtet, aktiv in der Gruppe der acht Vorreiter bei der Agenda 2030 mitzuarbeiten. Deutschland unterstützt die EU-Investitionsoffensive External Investment Plan. Wir gehen voran mit dem Marshallplan für Afrika und mit dem vom Finanzministerium vorgeschlagenen „Compact with Africa“ für den G-20-Gipfel. Deutschland stellt sich wahrlich der Verantwortung, und das erkennt die Welt auch an.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie schreiben es ja selbst in Ihrem Antrag und geben zu, dass das Bundeskabinett – einschließlich der Bundeskanzlerin – da kohärent arbeitet. Das erleben wir in Form des größten Zuwachses beim BMZ-Haushalt. Wir als Regierung und als Koalition halten am Ziel der ODA-Quote von 0,7 Prozent fest. Das kann noch nicht einmal die Opposition kritisieren.

Das wichtigste Ziel bleibt die Bekämpfung von Armut. Die Armut wird am besten bekämpft durch gute Arbeitsplätze. Gute Arbeitsplätze brauchen Investitionen. Gute Arbeitsplätze brauchen die private Wirtschaft. Ich will ausdrücklich hervorheben, dass der Antrag der Grünen das nicht infrage stellt. Dieser Antrag passt eigentlich genau in die Aufbruchstimmung. Man merkt ihm an, dass Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden sollen. Man merkt ihm an, dass er den Partnerschaftsgedanken unterstreicht. Transparenz und Kontrolle sollen Fairness und Nachhaltigkeit sicherstellen.

Ich finde auch den Bezug passend, die nationalen Entwicklungspläne zu berücksichtigen, die allerdings oftmals nicht in der Qualität vorhanden sein dürften, wie es im Antrag vorausgesetzt wird. Diese herzustellen helfen, wird zu den Aufgaben gehören, auf die wir uns einstellen können; denn es soll ja gezielt, systematisch und nachhaltig gefördert werden.

Ich kann auch gut verstehen, dass keine Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge stattfinden soll. Das sollte weitestgehend beachtet werden. Aber so kategorisch schließen wir das für uns selbst nicht aus; schließlich werden defizitär geführte öffentliche Krankenhäuser der Daseinsvorsorge privatisiert, um die Kommunen von Kosten zu entlasten.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Und die Bürger zu belasten!)

Ebenfalls sind Standards für internationale Steuerpolitik sehr wünschenswert. Sie sollten angestrebt werden, aber keine notwendige Voraussetzung sein. Wir erleben das auch unter den entwickelten Ländern, die fehlende Standards zwar beklagen, aber das nicht hinbekommen. Im Kontext mit dem Brexit wird da bereits wieder gedroht.

Auch die Investitionsplattformen finde ich sinnvoll. Diese sollten nicht nur auf mögliche Finanzierungen verweisen, sondern auch auf mit den jeweiligen nationalen Entwicklungsplänen abgestimmte Erfordernisse und damit auf Investitionschancen.

Unsere Zustimmung findet der Vorschlag, zunehmend Investitionen in Lokalwährungen möglich zu machen – ein Schwerpunkt, den die KfW in der Anhörung benannt hat. Die KfW hat gerade einen afrikanischen Fonds mitgegründet, der regionale Wertschöpfungsketten und die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion in lokaler Währung unterstützen soll.

Der Antrag ist voll von Regulierungen und Kontrollen. Da wir uns auch gezielt an kleine Unternehmen wenden – das ist ja Inhalt des Antrags –, will ich darauf hinweisen, dass das auch für solche Unternehmen passen muss. Ich denke da an eine Fischzucht und eine Korbflechterei, mit denen ich es jüngst zu tun hatte. Ich möchte nicht, dass bei allen einzuhaltenden Vorschriften der Unternehmer und Investor sein eigenes Ziel nicht mehr sieht und seinen Weg nicht verfolgen kann.

Auch bei dem rigorosen Verzicht auf Förderung, wenn fossile Energie im Spiel ist, muss differenziert werden. Wirkungsgradsteigerung und Verlustreduzierung wären bei bestehenden Anlagen nicht mehr möglich; es würde eher klimaschädlich wirken.

Im Ausschuss haben wir mehrfach das Thema „Datenschutz bei Investitionen“ behandelt. Auch da geht der Antrag wieder vollständig undifferenziert vor. Diesbezüglich muss Sicherheit gewährleistet sein, damit uns bei unseren Vorhaben die Investoren nicht ausgehen.

Die kategorische Ablehnung von Schiedsgerichten verkennt, dass diese gerade in Entwicklungsländern mit schwierigen Rahmenbedingungen und nicht ausgeprägtem Rechtsstaat notwendig sind, um das Interesse eines Investors aufrechtzuerhalten.

Der Antrag adressiert wichtige Themen. Wer ihn allerdings unvermittelt liest und die sinnvollen Vorschläge aufnimmt, hat den Eindruck: Die Bundesregierung hat geschlafen.

(Beifall des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vieles von dem, was gefordert wird, ist Standard und lang geübte Praxis. Ich würde hier eine sorgfältigere Abgrenzung empfehlen. Grund dafür gibt es genug. Deutschland ist nämlich nicht nur Vorreiter, sondern für viele Länder auch Vorbild.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das alles werden wir hoffentlich konstruktiv im Ausschuss im Detail besprechen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Thomas Lutze von der Linken hat als nächster Redner das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 18
Session 221
Agenda Item Globale Investitionen
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