09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 16

Christian KühnDIE GRÜNEN - Zeit- und Kostenrahmen bei Großprojekten des Bundes

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Also mir als Baupolitiker ist es eigentlich peinlich. Deutschland war einmal bekannt für herausragende bzw. gute Architektur. Das betraf Walter Gropius, Mies van der Rohe und andere. Heute sind diese Zeiten leider längst vorbei. Wir sind in der Welt eher für Planungsdesaster als für gut realisierte Architektur bekannt.

40 Prozent der Projekte, die über einem Kostenrahmen von 10 Millionen Euro liegen, sprengen diesen Rahmen sowie auch den Zeitrahmen. Ich glaube, dies ist der Zeitpunkt, wo wir wirklich darüber nachdenken müssen, ob wir in Deutschland nicht einfach anders planen und mit Großprojekten anders umgehen sollten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Eröffnungskonzert in der Elbphilharmonie war wahrscheinlich eines der teuersten der Geschichte. Es wurden dafür vom Steuerzahler 600 Millionen Euro mehr als vorgesehen hingelegt. In meinem Bundesland Baden-Württemberg bauen wir einen Bahnknoten aus, der 1995 einmal 2,5 Milliarden Euro hätte kosten sollen. Heute liegen die Kosten irgendwo zwischen 7 Milliarden Euro und 10 Milliarden Euro. Es gibt also eine Vervierfachung der ursprünglich veranschlagten Kosten. Der BER kostet mittlerweile 2,9 Milliarden Euro mehr. Das ist eine Verdoppelung der veranschlagten Baukosten. Den Steuerzahler kostet das – wegen der Nichteröffnung – jeden Tag 1,3 Millionen Euro.

Ich finde, es ist jetzt endlich an der Zeit, dass wir uns als Politik ehrlich machen und nicht mehr zulassen, dass solche Projekte gegen die Wand gefahren werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür gibt es drei ganz einfache Regeln, die wir in unserem Antrag letztlich mit vielen Maßnahmen unterlegen. Erstens geht es dabei um die Ehrlichkeit bei den Zahlen, zweitens um den Grundsatz: Erst planen und dann bauen. Und drittens sollten staatliche Aufgaben durch staatliche Stellen erledigt werden.

Erstens. Jedes Großprojekt des Bundes sollte, finden wir, in Zukunft eine realistische Kostendarstellung erhalten, also die Risiken der Zukunft eingepreist haben, etwa Inflation und anderes. Ich glaube, wir brauchen endlich Kostenwahrheit. Es ist doch peinlich, wenn wir ein Projekt beschließen und nach zehn Jahren schließlich erklären müssen, warum es doppelt so teuer geworden ist. Das ist nicht gut für die Politik, weder für ihr Ansehen noch für den Staat als Bauherrn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Gut geplant ist halb gebaut. Wir sollten darauf achten, dass in Deutschland kein Bauprojekt mehr angefangen wird, bei dem die Planungen noch nicht beendet sind. Als Bund können wir das bei unseren eigenen Projekten tun. Da sollten wir Vorbild sein. Also: Erst planen und dann bauen. Ferner müssen wir gutes Planen fördern. Wir müssen die Bauverwaltungen mit mehr Personal ausstatten, damit das Controlling auf den Baustellen effektiv funktionieren kann.

Drittens. Wir sollten davon Abstand nehmen, staatliche Aufgaben durch sogenannte öffentlich-private Partnerschaften realisieren zu lassen. ÖPP ist intransparent. Es ist in der Finanzierung vergleichsweise teuer. Es führt am Ende dazu, dass wir als Parlamentarier keine richtige Kontrolle mehr über diese Projekte haben. Diese brauchen wir aber dringend. Deswegen sagen wir ganz klar: Finger weg von ÖPP, gerade bei Großprojekten!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diese drei Regeln beherzigen. Lassen Sie uns darauf achten, dass bei Großprojekten Kostenexplosionen nicht zum Dauerzustand werden. Lassen Sie uns Großprojekte endlich richtig in den Blick nehmen und kontrollieren. Ich finde, die Bundesregierung muss beispielsweise beim Hauptstadtflughafen als Anteilseigner energischer auftreten und Druck machen, damit die Kosten nicht weiter aus dem Ruder laufen.

Lassen Sie uns Planungsdesaster in Zukunft vermeiden. Denn es schadet der Politik; es schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland; es schadet auch dem Architekturstandort Deutschland. Das können wir uns nicht leisten.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächster Redner hat Christian Haase für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083012
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Zeit- und Kostenrahmen bei Großprojekten des Bundes
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