09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 16

Christian HaaseCDU/CSU - Zeit- und Kostenrahmen bei Großprojekten des Bundes

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gewissenhaft wie ich bin, versuche ich, alle Anträge der Grünen ernst zu nehmen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gut!)

In diesem Fall hieße das – etwas polemisch gesagt –: Wir sollten in Deutschland am besten gar nicht mehr bauen.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie wollen weiter das Geld zum Fenster rausschmeißen!)

Die Argumentation liest sich folgendermaßen:

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Politik der CDU: sinnlos Milliarden verschwenden!)

Großprojekte sind viel zu teuer. Also: Lasst uns viel Geld ausgeben, um die Bauverwaltung aufzublähen. Diese kann dann lang und ausgiebig prüfen, um am Ende festzustellen, dass gar nicht gebaut wird. – So stellen sich die Grünen offenbar Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes vor.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CDU stellt sich die Investitionen so vor: Geld verbrennen sinnlos!)

Dabei ist es völlig richtig, dass bei den im Antrag genannten Großprojekten viel falsch gelaufen ist.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, daraus hätten wir lernen können!)

Dafür werden zutreffende Gründe genannt: mangelnde Kompetenz, politische Änderungswünsche und fehlende Öffentlichkeitsarbeit. Aber der Handlungsbedarf ist doch längst erkannt. Die Bundesregierung hat im letzten Jahr einen Reformbericht vorgelegt, der viele richtige Punkte benennt. Wie Sie angesichts von neun Handlungsfeldern und 34 Maßnahmenempfehlungen im Bericht – Herr Hofreiter, ich hoffe, Sie kennen diese Dinge – und der Ankündigung eines jährlichen Sachstandsberichtes Bundesbau darauf kommen, dass es – ich zitiere aus Ihrem Antrag – „keine weitergehende Initiative“ gibt, ist mir wirklich ein Rätsel.

Einen der vielversprechenden Lösungsansätze schließen Sie von vornherein kategorisch aus. Im Antrag wird der vollständige Verzicht auf öffentlich-private Partnerschaften gefordert – mit der fadenscheinigen Begründung, es gebe keine unabhängigen Untersuchungen zu diesem Thema. Herr Kühn, das ist doch Ideologie pur. Klar: Es gibt bei ÖPP-Projekten Risiken, aber diese Partnerschaften sind doch kein Teufelswerk. Mit klaren Regeln und weihwasserdichten Verträgen kann man das in den Griff bekommen.

Natürlich muss man bei der Auswahl der privaten Partner auf Qualität und Seriosität achten. Aber anstatt ÖPP-Projekte zu untersuchen und zu verbessern, wollen Sie sie einfach abschaffen. Das ist mal wieder grüne Verbotspolitik in Reinkultur.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einfach: Der Staat soll öffentliche Aufgaben machen! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen Geldverschwendung zu sein, ist bei Ihnen Verbotspolitik! Sie haben recht: Wir sind für das Verbot von Geldverschwendung! Mein Gott!)

ÖPP ist ein guter Ansatz, um Gemeinwohlorientierung und effiziente Leistungserbringung zusammenzubringen. Spezialisierte Unternehmen haben langjährige Erfahrungen im Bau von Großprojekten, anders als viele öffentliche Bauverwaltungen, die solche Projekte vielleicht alle zehn Jahre einmal stemmen müssen. Selbst die Bundesbauverwaltung stellt pro Jahr nur etwa 20 Hochbauprojekte fertig.

Herr Kühn, woher sollen denn Ihrer Meinung nach die Spezialisten, die Sie fordern, kommen? Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Das kann niemals von dem einen auf den anderen Tag geschehen, so wie Sie sich das vorstellen, weil diese guten Leute in den Unternehmen arbeiten. Deshalb ist es viel, viel besser, wir arbeiten mit diesen privaten Unternehmen zusammen, als sie zu verteufeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wie machen wir Großprojekte denn nun zum Erfolg? Ein Hauptgrund für die vielen Negativbeispiele ist sicherlich die Komplexität, verbunden mit dem hohen Kostendruck. Nur Insidern sagen Begriffe wie „RBBau“, „RZBau“ und „ZBau“ etwas. Das sind die kleinteiligen Regelungen zur Umsetzung öffentlicher Bauvorhaben. Natürlich: Wir brauchen Regeln. Aber eine Entrümpelung dieser Vorschriften wäre ein guter Schritt zum Bürokratieabbau. Das wäre ein sicherlich guter Beitrag der Politik, die Komplexität zu senken und die Effizienz zu steigern.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie denn in dieser Legislaturperiode?)

Kommen wir zu den Kosten. Anbieter sind regelrecht gezwungen, zu günstige Angebote zu machen, wenn sie überhaupt eine Chance bei den Ausschreibungen haben wollen. Dabei sind die Planungs- und Ausführungsphasen bei Großprojekten viel zu lang, um belastbare Aussagen über Baukosten und Bauzeiträume zu treffen. Nachher darf es natürlich nicht verwundern, wenn die Kosten explodieren. Man muss sich am Anfang ehrlich machen, auf höhere Qualität setzen und von Anfang an die Preisentwicklung und andere Risiken einplanen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir ja!)

Das ist auch nötig, um die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Wir dürfen nicht den Eindruck erzeugen, dass ihre Steuergelder verschwendet werden. Aber genau das passiert, wenn die Summen Stück für Stück im Nachhinein nach oben korrigiert werden müssen. Wenn man von Anfang an ehrlich plant, wächst auch die Akzeptanz für Großprojekte.

Es ist ja nicht so, dass Großprojekte grundsätzlich zum Scheitern verurteilt sind. Das Berliner Stadtschloss zeigt, dass man mit der richtigen Herangehensweise auch bei einem großen Projekt Erfolg haben kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Angefangen bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung über eine strukturierte und realistische Planung bis hin zu einer soliden Finanzierung einzelner Bauabschnitte wurde hier vieles richtig gemacht. Das Berliner Stadtschloss ist ein Best-Practice-Beispiel, wie man Großprojekte anpackt.

Meine Damen und Herren, Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Im Gegensatz zu den Grünen bin ich daher sehr zuversichtlich, dass wir unsere Effizienz bei Großprojekten in Zukunft steigern werden. Viele dieser Projekte bringen unser Land kulturell, technologisch und wirtschaftlich voran. Darauf können und sollten wir nicht verzichten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sabine Leidig hat als nächste Rednerin für Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083013
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Zeit- und Kostenrahmen bei Großprojekten des Bundes
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta