Karsten MöringCDU/CSU - Neuordnung der Klärschlammverwertung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lenkert, es ist wie so oft bei den Linken: Es zahlt immer der liebe Gott oder irgendein edler Spender.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Nein, der Gebührenzahler!)
Verraten Sie mir einmal den Unterschied zwischen dem Gebührenzahler, der für das Abwasser zahlt, und dem Steuerzahler, der dafür zahlt, wenn es die Kommune bezahlt. Ich sehe da keinen nennenswerten Unterschied. Insofern brauchen wir uns darüber nicht zu streiten. Wir haben schon x-mal festgestellt, dass Umweltschutz, Recycling und alles, was damit zusammenhängt, Geld kosten. Dieses Geld bringt immer der Endverbraucher, der Steuerzahler, der Stromkunde auf. Das ist so, und das können Sie nicht wegreden. – Das als Vorbemerkung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen hat schon einmal ein Vespasiani benutzt – das könnten Sie in Rom getan haben –
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt machen wir eine Fragestunde! Das finde ich gut!)
oder ein Vespasienne? Das könnten Sie in Paris getan haben.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vespa! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Vespa meinen Sie?)
– Nein, meine ich nicht. Wenn es angesichts des Themas, um das es geht, nicht vielleicht ein bisschen befremdlich wäre, müsste man sagen: Diese Benennung ist zu Ehren einer Person gefunden worden, die vor rund 2 000 Jahren etwas gemacht hat, was wir heute auch machen, in diesem Fall der römische Kaiser Vespasian. Vespasian war derjenige, der die öffentlichen Toiletten in Rom nutzte, um Urin zu sammeln und diesen Urin den Gerbern zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Gerbprozesse durchführen konnten. Er war auch der Erfinder, der dieses Verfahren zusätzlich besteuert hat, was ihm Krach mit seinem Sohn bescherte, der sich über den Geruch der öffentlichen Toiletten beschwerte. Als sein Vater ihm einen Geldschein oder eine Geldmünze, die er dafür eingenommen hatte, unter die Nase hielt, hat er den berühmten Spruch geprägt: Pecunia non olet! Geld stinkt nicht!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Hat der Kollege das gewusst?
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], auf Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] bezogen: Er hat das gewusst! Er hat das große Latinum!)
– Das verbindet uns. Ich habe es auch. Aber kehren wir zum Kern des Themas zurück.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wieder zum Klärschlamm!)
Was machen wir, um die Recyclingquote zu verbessern? Es muss jetzt heißen: Recycling stinkt nicht, sondern ist notwendig. Mit der Verordnung sorgen wir letztendlich dafür, dass sich die Recyclingquote erhöht. Aber – die Problematik ist schon angerissen worden – womit haben wir es zu tun? Wir haben es damit zu tun, dass wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, dass wir das Ausbringen von Klärschlamm reduzieren wollen, weil das eine Schadstoffbelastung mit sich bringt und der Aufwand groß ist, die Schadstoffe herauszufiltern. Zudem wird sowieso schon ein großer Teil nicht mehr ausgebracht, sondern verbrannt, und damit ist alles, was an nützlichen Stoffen im Klärschlamm enthalten ist, weg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
– Danke für die Gelegenheit zur Trinkpause.
Wie machen wir das? Wir machen das, indem wir die Rückgewinnung von Phosphor vorschreiben. Warum ist Phosphor für uns von so großer Bedeutung? 1 Gramm Phosphor ist notwendig zur Erzeugung von 100 Gramm Biomasse. Als wir in einer Zeit lebten, als Phosphor noch in Waschmitteln enthalten war und dadurch in unsere Gewässer gelangte und wir das Problem der Überdüngung hatten, hatten wir zusätzlich das Problem, dass der Abbau der so erzeugten Biomasse wiederum 150 Gramm Sauerstoff verbrauchte, was dazu führte, dass viele Gewässer umkippten. Diese Zeiten sind vorbei.
Jetzt haben wir ein zweites Problem, nämlich dass wir uns bei der Versorgung mit Phosphor, das wir dringend für den Pflanzenwuchs brauchen, dessen Vorkommen aber endlich ist und das leider in Gegenden der Welt vorkommt, in denen die politischen Verhältnisse nicht sehr menschenwürdig und auch nicht sehr stabil sind, mehr auf unsere eigenen Vorkommen besinnen müssen, und die finden wir eben im Kreislaufprozess im Zusammenhang mit Klärschlamm. Es geht also darum, möglichst viel Phosphor rückzugewinnen. Das ist unser Hauptziel. Trotzdem haben wir in der Verordnung eine gestaffelte Übergangszeit festgelegt; Kollege Thews hat schon begründet, warum das notwendig ist. Wir haben aber Anlagen in der Größenordnung „50 000 Einwohner und kleiner“ von dieser Regelung ausgenommen, weil – Herr Lenkert, hören Sie gut zu! – wir uns natürlich über die Belastung der Gebührenzahler Gedanken machen. Es ist ganz einfach so, dass bei den großen Anlagen durch Skaleneffekte die Rückgewinnung von Phosphor preiswerter ist als bei kleinen Anlagen. Deshalb haben wir in der Abwägung verschiedener Ziele diesen Kompromiss gefunden, und ich meine, es ist ein guter Kompromiss.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wer zahlt das Ganze? Es zahlt – die Berechnungen in der Begründung der Vorlage, was die Größenordnung angeht, sind möglicherweise richtig; genau wissen wir es auch noch nicht, weil wir die großtechnischen Anlagen für die Rückgewinnung noch nicht entwickelt haben – letztlich der Gebührenzahler oder der Steuerzahler. Darüber gibt es noch Streit. Sie wissen, dass die Gegenargumente des VKU, der kommunalen Vertreter, genau auf diesen Punkt zielten. Sie befürchten, dass sie auf einem Teil der Kosten sitzenbleiben. Das ist eine Frage, der sicherlich noch geklärt werden muss, genau wie die Frage, mit welchen Anlagen wir das Ganze erreichen können. Wir haben die Möglichkeit der Monoverbrennung, um den Phosphor aus der Asche zurückzugewinnen. Es gibt Verfahren, mit denen wir Magnesiumammoniumphosphat direkt gewinnen können; die Ausbeute ist zwar nicht besonders groß, aber es wäre direkt als Dünger verwendbar.
Wie die Vermarktung später aussieht, wissen wir auch noch nicht. Der Kostenunterschied wurde eben angesprochen; das ist richtig. Also entweder steigt der Phosphorpreis wegen der Knappheit irgendwann so stark, dass die rückgewonnenen Mengen an Phosphor damit konkurrieren können, oder wir werden die Beschaffung von Phosphor auf irgendeine Weise subventionieren müssen. Da es sich um einen begrenzten Stoff handelt, den wir zwingend brauchen, ist das auch gerechtfertigt. Das ist ein weiterer Grund dafür, weshalb wir lange Übergangszeiten brauchen: Wir brauchen Zeit, um die nötigen Entwicklungen voranzubringen und wichtige Abschätzungen vornehmen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir könnten davon sprechen, dass wir hier eine Klärschlammschlacht schlagen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir tun das auch. Aber anders als bei anderen Schlammschlachten gehe ich davon aus, dass diese Schlammschlacht keine Verletzungen verursacht, hoffentlich auch keine Verschmutzungen, sondern dass es eine Klärschlammschlacht ist, bei der es letztlich nur Gewinner gibt. Es gewinnt die Umwelt, es gewinnt die Landwirtschaft, und über beides gewinnen unsere Bürgerinnen und Bürger.
Angesichts der späten Stunde schenke ich dem Plenum die letzten zwei Minuten meiner Redezeit.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit zu dieser späten Stunde.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Ich gebe zu: Ich habe nicht erwartet, dass die Debatte insgesamt so interessant werden würde.
(Heiterkeit)
Also, liebe Kollegen, es lohnt sich auch, spät ins Plenum zu kommen.
Peter Meiwald hat als letzter Redner in der Aussprache das Wort.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peter, das ist jetzt schwer zu toppen! – Max Straubinger [CDU/CSU]: Letzte Chance, sich beliebt zu machen!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Neuordnung der Klärschlammverwertung |