09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 22

Peter MeiwaldDIE GRÜNEN - Neuordnung der Klärschlammverwertung

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Herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat gut, dass die zumeist kommunalen Betreiber der Kläranlagen mit diesem aus einem langen Prozess hervorgetretenen Konstrukt nun endlich Planungssicherheit für die dringend anstehenden Investitionen bekommen. Das ist positiv; das kann man nur so sagen.

Auch dass die Phosphorfrage angegangen wird, ist grundsätzlich positiv. Das ist in der Tat ein langfristiges Thema. Im Moment bzw. solange es noch keine Knappheit gibt, ist der Preis für das Produkt noch nicht hoch. Das ist offensichtlich. Grundsätzlich ist es trotzdem richtig, sich über die zukünftige Phosphorversorgung Gedanken zu machen. Ob sich die Monoverbrennung am Ende sinnvollerweise wirklich durchsetzt oder die eben angesprochene MAP-Technologie oder eine andere Technologie, das sollte sich im Laufe der weiteren Entwicklung zeigen. Ich glaube, da muss man erst einmal noch technologieoffen denken.

Die Klärschlammausbringung insgesamt zu beenden, ist auch aus anderen Gründen sinnvoll. Die Belastung des Klärschlamms konnten wir an vielen Stellen reduzieren – durch Grenzwerte und Kontrollen konnten wir einiges machen –; aber sowohl Medikamentenrückstände als auch Schwermetallrückstände sind leider nach wie vor an vielen Stellen im Klärschlamm enthalten, wenn auch nicht überall.

Eine Geschichte ist relativ neu. Dieses Thema ist bei vielen, glaube ich, noch gar nicht richtig angekommen. Es geht um eine aktuelle Untersuchung, die das Alfred-Wegener-Institut im Auftrag des OOWV, des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes, und des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz durchgeführt hat. Man hat geguckt, was an Mikroplastik im Klärschlamm enthalten ist. Dabei hat sich herausgestellt, dass allein der Klärschlamm der 46 Klärwerke des OOWV ungefähr 93 Milliarden Mikroplastikpartikel pro Jahr enthält. Bei 10 000 Tonnen bedeutet das, dass wir in einer Tonne Klärschlamm durchschnittlich 930 000 Mikroplastikpartikel haben, und da sind die Fasern noch nicht mitgerechnet, weil die noch gar nicht erfasst werden konnten.

Das heißt, wir haben über die weiter gehende Schwermetallbelastung und die Medikamentenbelastung hinaus ein Thema, das wir nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Wir wissen noch zu wenig darüber. Wir wissen zwar, dass wir über unsere Kläranlagen einen ganzen Teil an Mikroplastik aus unseren Abwässern herausfiltern können. Wenn wir das aber über den Klärschlamm hinterher wieder der Natur zuführen, haben wir nichts gewonnen. Insofern hilft es der Umwelt nicht – das ist auch unsere Kritik an diesem Verordnungsentwurf –, wenn wir an diesem Punkt stehen bleiben und uns auf die Anlagengröße beziehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Alfred-Wegener-Institut hat bei der Untersuchung festgestellt, dass es eben nicht von der Größe der Anlage abhängig ist, wie viel Mikroplastik am Ende im Klärschlamm ist. Deswegen halten wir es für sinnvoll, mit einer durchaus längeren Übergangsfrist – darum geht es ja gar nicht – auch die kleinen Anlagen langfristig einzubeziehen. Das fehlt in diesem Entwurf. Deswegen können wir ihm in dieser Form nicht zustimmen.

Wir haben hier den Bedarf, unsere Umwelt zu schützen. Wir haben an vielen Stellen mit Mikroplastik zu kämpfen; das wissen wir alle. Aber wenn wir wissen, dass solche Mengen Mikroplastik im Klärschlamm enthalten sind, sollten wir das unserer Umwelt und den Äckern nicht zumuten. Deswegen müssen wir hier eine Bremse einbauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade ist die Frage der Monoverbrennung aufgeworfen worden. Da haben wir durch Skaleneffekte bei den größeren Anlagen einfach bessere Möglichkeiten. Ich glaube, es gibt auch die Möglichkeit, die Verbrennung des Klärschlamms mehrerer Kläranlagen durch Zweckverbände und Ähnliches zusammenzuführen. Insofern sollte das für uns kein Hinderungsgrund sein, langfristig auch den Klärschlamm aus den kleinen Anlagen zu verbrennen.

Wir haben aktuell ja keinen Nährstoffmangel. Wenn man sich die Gülleproblematik und andere Dinge anschaut, muss man feststellen, dass wir im Moment keinen Bedarf an Klärschlamm haben. Wir müssen nicht sagen: Die Landwirtschaft braucht die Klärschlämme unbedingt. – Ich habe bis vor wenigen Wochen auch noch anders argumentiert und gesagt: Es ist wichtig, dass wir die humosen Bestandteile des Klärschlamms nicht sinnlos verbrennen. – Nach den vorliegenden Erkenntnissen zur Mikroplastikbelastung bleibt uns aus meiner Sicht aber keine andere Wahl, als letztlich – mittelfristig – alle Klärschlämme zu verbrennen.

Ich danke Ihnen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083036
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Neuordnung der Klärschlammverwertung
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