Volker UllrichCDU/CSU - CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bilanz und Anhang einer Kapitalgesellschaft dienen dem Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung und der Verteilung des Gewinns auf die Anteilseigner. Darüber hinaus sollen Gläubiger und solche, die Interesse an der finanziellen Solidität der Gesellschaft haben, über deren Geschäftsvorfälle informiert werden. Aber für Gesellschaften, die eine Vielzahl von Beziehungen haben, globalisiert sind, eine Lieferkette in viele Staaten dieser Erde haben, reicht allein der finanzielle Rechenschaftsbericht nicht aus, sondern Anteilseigner, Verbraucher, aber auch interessierte Menschen, die Öffentlichkeit, haben ein Interesse daran: Wie produzieren diese Unternehmen? Wie beschaffen sie ihre Ware? Welchen Stellenwert haben sie in einer globalisierten Wirtschaft? – Diese Fragen sind nicht trivial.
Unternehmen haben selbst eine Verantwortung für Produktionsbedingungen, für Arbeitsplätze, für Menschenrechte, auch für die ökologischen Verhältnisse dort, woher sie ihre Waren beziehen. Es gibt einen Anspruch darauf, dass diese Daten geliefert und transparent gemacht werden, auch im Interesse der Unternehmen selbst. Viele Unternehmen nehmen diese Verpflichtung bereits wahr; denn Sie wissen, dass ihre Aufgabe mehr ist, als nur Gewinne zu erzielen. Sie wollen auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Aber die gesellschaftliche Verantwortung muss stärker dokumentiert werden. Deswegen ist es richtig, dass die Europäische Union mit dieser Richtlinie diesen Weg gegangen ist.
Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann stellt man fest, dass gerade viele große deutsche Unternehmen mit ihren Umsatzzahlen eine regelrechte Marktmacht haben. Allein der größte deutsche Konzern hat einen größeren Umsatz als das Bruttoinlandsprodukt von 50 afrikanischen Staaten. Das zeigt, dass in einer verflochtenen, globalisierten Welt die Fragen: „Woher beziehen Unternehmen ihre Waren? Werden Menschenrechte eingehalten? Wird der Kampf gegen Korruption wahrgenommen?“ wichtige Fragen sind. Wenn Unternehmen das zukünftig dokumentieren werden, dann können Verbraucher deutlich erkennen, wie die Unternehmen mit diesen Fragen umgehen. Deswegen ist es richtig, dass in den Rechenschaftsberichten der Gesellschaften diese Fragen zukünftig verstärkt thematisiert werden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hans-Joachim Schabedoth [SPD])
Natürlich kann man sich die Frage stellen: Warum betrifft das nur rund 300 Unternehmen, warum nicht 500 oder 1 000 Unternehmen?
(Frank Tempel [DIE LINKE]: 2 000!)
Ich will eines deutlich machen: Zunächst einmal handelt es sich bei den 300 Unternehmen um börsennotierte Gesellschaften. Es geht um viele Milliarden Euro Umsatz und um viele Millionen Arbeitsplätze. Wir bilden damit einen guten Teil unserer Wirtschaft ab. Zudem darf man bei den Berichtspflichten eine Sache nicht vergessen: Bei der Abwägung zwischen Aufwand und Ertrag bei der Erfüllung von bürokratischen Vorschriften geht es immer um ein gesundes Verhältnis. So wie wir auf der einen Seite von Unternehmen verlangen, dass sie ihre Berichtspflichten wahrnehmen und die Vorgänge dokumentieren, so wollen wir auf der anderen Seite kleinere und mittelständische Unternehmen nicht mit einer solchen Berichtspflicht überfordern. Ich vertraue darauf, dass gerade mittelständische Unternehmen, die dieser Berichtspflicht nicht nachkommen müssen, sich trotzdem an die Vorgaben halten. Größere Unternehmen, gerade solche, die börsennotiert sind, sollten die Berichtspflicht wahrnehmen. Wir haben insgesamt für ein gesundes Augenmaß gesorgt, wenn es darum geht, wie die Vorschriften umgesetzt werden sollen.
Wir können Verantwortung nicht allein durch mehr bürokratische Regelungen erreichen. Wir können Verantwortung aber dokumentieren, indem eines klargemacht wird: Unternehmen, gerade solche, die im globalen Wettbewerb stehen, stehen nicht außerhalb der Welt, sondern sie stehen mit ihrer Verantwortung in der Welt. Dass sie diese Verantwortung stärker dokumentieren, das beschließen wir heute. Ich bitte deswegen um Zustimmung zum Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7083108 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz |