Kirsten LühmannSPD - Infrastrukturabgaben und Verkehrsteuern
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sie werden jetzt nicht erwarten, dass ich als SPD-Politikerin eine flammende Rede für die Pkw-Maut halte.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hatte ich erwartet!)
Aber Sie wissen auch, dass wir einen Koalitionsvertrag haben. In diesem Koalitionsvertrag haben wir Ja gesagt zu allen Maßnahmen, unter zwei Bedingungen auch zur Pkw-Maut. Die erste Bedingung: Kein Pkw-Halter in Deutschland darf mehr belastet werden. Diese Bedingung war schon beim ersten Gesetzentwurf erfüllt. Die zweite Bedingung – auch sie sollte beim ersten Gesetzentwurf erfüllt sein –: Das Ganze soll EU-rechtskonform sein.
Ich sage einmal: Nachdem wir die Hinweise der EU-Kommission in unseren Gesetzentwurf aufgenommen haben, gehe ich davon aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit jetzt auch die zweite Bedingung erfüllt ist. Wir haben – das wurde hier mehrfach diskutiert – noch die Frage der Einnahmesituation. Das steht zwar nicht im Koalitionsvertrag, aber wenn wir irgendetwas machen, soll es etwas für uns, für unseren Haushalt bringen. Wir haben mehrere Gutachten vorliegen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Jeder in diesem Haus macht sich das Gutachten zu eigen, das ihm in seine Ideologie passt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wer recht hat, können wir hier und heute alle nicht sagen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der SPD)
Von daher erwarten wir, dass derjenige, der die Einnahmen – oder auch nicht – erhält, nämlich der Finanzminister, deutlich macht, welche dieser Gutachten plausibel sind und welche nicht. Herr Schäuble, wir fordern Sie auf: Äußern Sie sich! Ich glaube, das ist ein wichtiger Hinweis für dieses Haus.
(Beifall bei der SPD)
Der Minister hat schon erwähnt, eigentlich bräuchten wir diese Mehreinnahmen gar nicht; denn diese Koalition hat endlich einmal ausreichende finanzielle Mittel für unsere Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Wir stellen jährlich über 14 Milliarden Euro im Haushalt bereit. Das haben wir auch mittelfristig gesichert. Insofern brauchen wir uns um unsere Verkehrsinfrastruktur in Deutschland keine Sorgen zu machen.
Die Frage ist: Was passiert danach?
(Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])
– Ja, ich habe den Einwurf gehört.
Europa denkt im Moment über eine europaweite Pkw-Maut nach. Wäre es nicht auch im Interesse von Deutschland, sich in diese Diskussion einzubringen? Um unsere Belange, unsere besondere Bedeutung einzubringen, sollten wir überlegen, ob wir unsere Energie dort nicht sinnvoll einsetzen könnten. Dann würden wir unsere Einnahmen auch mittelfristig gesichert haben.
Ich habe schon gesagt: Wir stehen zum Koalitionsvertrag. Dort steht: Wenn die Bedingungen erfüllt sind, werden wir zustimmen. Ich höre schon die Opposition, die sagt: Das müsst ihr doch gar nicht.– Jetzt einmal ganz im Ernst, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich glaube nicht, dass der Ausbau des Frankfurter Flughafens das Herzensprojekt der Grünen ist, und ich glaube nicht, dass die Einführung der Elektroschocker bei der Berliner Polizei eine Herzensangelegenheit der Linken ist. Aber Sie haben einen Vertrag abgeschlossen, und darum machen Sie das mit. Das ist auch gut so; denn nur so kann man unser Land vernünftig regieren. Das erwarten die Menschen von uns.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt aber nicht, dass man Unsinn beschließen muss! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Was sind denn das für Vergleiche?)
Wir haben mitbekommen, dass die Maut für die CSU eine Herzensangelegenheit ist – wie der Mindestlohn für die SPD. Ich sage es einmal so: In meiner Ehe habe ich irgendwann einmal Ja gesagt.
(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! So arbeiten Sie in der Ehe?)
Aber die Prioritäten meines Partners verstehe ich nicht immer so ganz. Der Mindestlohn hat für 4 Millionen Menschen in diesem Land deutliche Verbesserungen beim Einkommen gebracht, viele aus Hartz IV herausgeholt. Das ist eine gute Sache. Die Pkw-Maut bringt einige Arbeitsplätze in der Verwaltung und jede Menge Bürokratie. Aber ich sage einmal so: Unsere Ehe dauert 29 Jahre, und ich hoffe, es ist erst die Halbzeit. Die Partnerschaft mit der CSU geht ihrem Ende entgegen, und dann können die Bürger und Bürgerinnen in diesem Land entscheiden, was für sie die Prioritäten sind, wenn es darum geht, das Leben bei uns zu verbessern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Ich erteile dem Kollegen Ulrich Lange für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wollen wir auch was zur Ehe hören! – Zuruf von der SPD: Ehe für alle! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich möchte über diese privaten Dinge nichts hören!)
– Dass jedenfalls Koalitionen im Unterschied zu Ehen nur für einen befristeten Zeitraum geschlossen werden, hat schon manches für sich.
(Heiterkeit)
Bitte schön, Herr Lange.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7083166 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 222 |
Tagesordnungspunkt | Infrastrukturabgaben und Verkehrsteuern |