Peter WeißCDU/CSU - Stärkung der betrieblichen Altersversorgung
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, so heftig man eine Debatte auch führt, sollte man zu dem, was eigentlich nicht strittig ist, nicht erklären, dass es strittig sei. Nicht strittig ist – das erkläre ich jetzt für die CDU/CSU-Fraktion und auch für die gesamte Koalition –, dass eine starke gesetzliche Rente natürlich auch in Zukunft die erste starke Säule der Altersversorgung in Deutschland ist und bleiben wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dann stärkt sie doch!)
Weil jeder von uns im Alter einigermaßen gut leben will, ist es aber zwingend notwendig, dass eine starke zweite Säule dazukommt, und es geht heute darum, dass wir diese zweite starke Säule schaffen, sichern und unterstützen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Idee des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist einfach, dass in Zukunft nicht nur 60 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland eine starke zweite Säule in Form einer Betriebsrente ihr Eigen nennen können, sondern möglichst jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer in Deutschland. Darum geht es uns.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn uns das mit diesem Gesetz am Schluss gelingen sollte, dann gilt wirklich: Wer nicht bei der betrieblichen Altersvorsorge mitmacht, der hat sich wirklich falsch entschieden. Wenn uns dieses Gesetz gelingt und wir wirklich eine weitere Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge schaffen, dann wäre das heute sogar eine Sternstunde für die deutsche Altersvorsorge der Zukunft.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Kaum ein Gesetzesvorhaben war so gründlich vorbereitet wie dieses, nämlich mit mehreren Gutachten, die das Arbeitsministerium und das Finanzministerium in Auftrag gegeben haben und in denen sehr genau analysiert wurde, auf was es ankommt.
Es ist völlig richtig, verehrte Frau Ministerin: Es geht hier nicht nur um das Sozialpartnermodell, sondern es geht uns natürlich darum, alle Formen der betrieblichen Altersvorsorge zu stärken.
Hier ist als Erstes der Zugang für Geringverdiener wichtig. Wir schaffen einen Geringverdienerzuschuss, der zu einem guten Teil dem Arbeitgeber über die Steuer refinanziert wird. Dieser macht es für Geringverdiener überhaupt erst möglich, in die betriebliche Altersvorsorge einzusteigen.
Als Zweites schaffen wir Freibeträge in der Grundsicherung. Hundert Jahre lang war das Prinzip der Nachrangigkeit das eherne Prinzip staatlicher Fürsorgeleistungen, also staatlicher Unterstützung aus Steuermitteln. Danach wurde alles, was man sonst noch hat, angerechnet.
Mit diesem Gesetzentwurf machen wir, wie ich finde, nicht nur einen historischen Schritt, sondern es ist sogar eine echte Revolution im deutschen Sozialrecht, dass wir erstmals eine Regelung schaffen, wonach mindestens 100 Euro und maximal 200 Euro monatlich von dem, was man sich an zusätzlicher Altersversorgung angespart hat, nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden. Auf gut Deutsch: Wer etwas zusätzlich fürs Alter macht, der weiß eines ganz bestimmt, egal wie das Leben weiterverlaufen wird: Wenn ich eines Tages Grundsicherung beantragen muss, dann habe ich auf jeden Fall mehr als derjenige, der nichts getan hat. Das ist die wichtigste Botschaft für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, gerade auch für die Geringverdiener.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Da hätte auch einmal die SPD klatschen können!)
Natürlich ist es wünschenswert, dass das, was jetzt auch schon Praxis ist, dass nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifverträge einen automatischen Zugang zu einer Betriebsrente bekommen, verbreitert wird. Das ist die Idee des sogenannten Sozialpartnermodells.
Was der Kollege Birkwald von den Linken hier vorgetragen hat, ist schlichtweg unglaublich. Er hat dieses Modell als „Pokerrente“ diffamiert.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zielrente ist Pokerrente!)
Um es jedem zu erklären: Es geht darum, dass die jeweiligen Arbeitgeberverbände und die zuständigen Gewerkschaften miteinander einen Tarifvertrag abschließen, in dem sie die Details regeln, wie die betriebliche Altersversorgung organisiert und finanziert wird.
Nun gibt es in den Gewerkschaften etliche Kolleginnen und Kollegen, die meinen, ihre politischen Ziele eher mit der Linkspartei durchsetzen zu können.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das sind die Guten!)
Heute ist deutlich geworden, wie Linke wirklich über Gewerkschaften denken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Quatsch!)
Der Vorwurf, dieses Tarifvertragsmodell sei eine Pokerrente, ist die Misstrauenserklärung gegenüber den deutschen Gewerkschaften seitens der Linkspartei.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Völliger Unsinn!)
Dass Sie den Arbeitgeberverbänden misstrauen, haben wir eh unterstellt. Aber heute ist noch einmal deutlich geworden, wie Sie in Wahrheit über Gewerkschaften denken.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Kümmern Sie sich mal um die Doppelverbeitragung! Da sind die Arbeitgeber an unserer Seite, Herr Weiß!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Tat ist die Frage, wie wir zusätzliche Anreize schaffen, zum Beispiel durch das betriebliche Opting-out-Modell, das die Ministerin vorgestellt hat, oder die Überlegung, eingesparte Sozialversicherungsbeiträge durch die Entgeltumwandlung an den Arbeitnehmer als Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge weiterzugeben. Das sind wichtige Elemente, die einen zusätzlichen finanziellen Anreiz darstellen, um sich einer betrieblichen Altersvorsorge anzuschließen und entsprechend anzusparen.
Die betriebliche Altersvorsorge ist deswegen in unserem Fokus, weil wir gerade in einer Niedrigzinsphase mit der betrieblichen Altersvorsorge darstellen können, dass große Kollektive, die versichert werden, auch attraktive Angebote aufseiten der Versicherung finden, und Kosten gespart werden, dass aber eine Altersvorsorge auch in Zeiten niedriger Zinsen mit einer Rendite dargestellt werden kann. Deswegen ist es richtig, dass wir gerade in dieser Zeit unser Augenmerk auf die Stärkung der Betriebsrente richten.
Der Gesetzentwurf ist ein Gemeinschaftswerk von Bundesfinanzministerium und Bundesarbeitsministerium, und ich möchte beiden Häusern und den Mitarbeitern herzlich dafür danken. Erlauben Sie mir, dass ich einen besonderen Dank an den Bundesfinanzminister richte. Denn der Bundesfinanzminister hat zwar zunächst einmal die Aufgabe, das Geld zusammenzuhalten, aber wenn man die betriebliche Altersvorsorge richtig gestalten will, dann muss es auch ein paar finanzielle Anreize – und zwar zusätzlicher Art – geben. Dass der Bundesfinanzminister sich dazu hat durchringen lassen
(Dr. Carola Reimann [SPD]: Durchringen lassen! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Durchringen lassen! – Lachen bei der SPD und der LINKEN)
– ich glaube, für jeden Finanzminister, egal welcher Partei er angehört, ist es ein Durchringen –, dass der Bundesfinanzminister bereit war, ein paar zusätzliche finanzielle Anreize für die Förderung der Betriebsrente zu geben, ist ein richtiges Zeichen in der Niedrigzinsphase, indem man nämlich sagt: Wer spart, den wollen wir als Staat zusätzlich unterstützen. Und das wird mit diesem Betriebsrentengesetz gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es handelt sich insgesamt um einen guten Gesetzentwurf. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass wir, die Koalitionsfraktionen, ihn im parlamentarischen Verfahren noch gemeinsam optimieren. Aber was wir mit der ersten Lesung heute bezwecken sollten, ist, ein klares Signal zu geben: Grünes Licht, freie Fahrt für eine starke betriebliche Altersversorgung für möglichst alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Weiß. – Als Nächster spricht der Kollege Markus Kurth von Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7083186 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 222 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der betrieblichen Altersversorgung |