10.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 51

Carola ReimannSPD - Stärkung der betrieblichen Altersversorgung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige erste Lesung des Entwurfs eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist ein klares Zeichen für die Handlungsfähigkeit unserer Regierungskoalition. Wir werden in den verbleibenden Wochen dieser Legislaturperiode die Zeit nutzen und bis Juni weitere wichtige Weichenstellungen in der Alterssicherung vornehmen. Neben dem Betriebsrentenstärkungsgesetz werden wir die Absicherung der Erwerbsminderung weiter verbessern. Wir werden mit der Ost-West-Rentenangleichung die Weichen dafür stellen, dass 2025 endlich ein einheitliches Rentenrecht in ganz Deutschland gilt. Wenn sich die Union in den nächsten Tagen noch einen Ruck gibt, steht auch der gesetzlichen Solidarrente eigentlich nichts mehr im Wege. Dann bekommen Beschäftigte, die jahrzehntelang gearbeitet, aber nur wenig verdient haben, auf jeden Fall mehr als die Grundsicherung im Alter. Das hilft vor allem Frauen. Das will ich in der Woche des Internationalen Frauentags noch einmal betonen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie man ein Gesetzgebungsverfahren erfolgreich und sehr gut vorbereitet. Vor rund zwei Jahren haben die ersten Diskussionen begonnen. Seitdem ist es unserer Ministerin gelungen, die für die Umsetzung zentral wichtigen Sozialpartner nicht nur ins Boot zu holen, sondern auch von dieser Idee zu überzeugen. Das hat mit viel Beharrlichkeit und guter, fundierter wissenschaftlicher Begleitung zu tun, vor allem aber auch mit der Bereitschaft, mit allen Beteiligten ergebnisoffen die Vor- und Nachteile zu diskutieren und abzuwägen. Da schließe ich Ihren Ministerkollegen Herrn Schäuble ausdrücklich ein. Für diesen Einsatz will ich mich an dieser Stelle bedanken.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen sind sehr geeignet, die Verbreitung von Betriebsrenten in kleinen Unternehmen und bei Beschäftigten mit kleinen Einkommen zu steigern. Das wird auch von den Gewerkschaften so gesehen. Natürlich wünschen wir uns eine stärkere Tarifbindung im Land. Das finde ich auch nicht verwerflich, Kollegen. Deswegen haben wir, eingehend auf Ihren Einwand, durch die Möglichkeit der Bezugnahme vorgesehen, tarifvertragliche Regelungen anzuwenden. Die Hinweise, dass es in bestimmten Branchen Schwierigkeiten gibt, will ich gerne aufnehmen. Ich finde es aber sehr erfreulich, dass zum Beispiel Verdi klar sagt, man werde sich aktiv dafür einsetzen, das Sozialpartnermodell umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Dabei sind die Branchen, im Speziellen der Einzelhandel, angesprochen.

Neben diesem Sozialpartnermodell sind es vor allen Dingen drei Regelungen, die die Betriebsrente attraktiver machen.

Erstens. Zukünftig zahlen Arbeitgeber den Großteil der durch diese Entgeltumwandlung ersparten Beiträge in die Betriebsrente ihrer Beschäftigten ein.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Warum nicht alles?)

Das ist heutzutage leider nicht die Regel. Es gibt aber, wie ich finde, keinen Grund, warum Arbeitgeber davon profitieren sollten, dass ihre Arbeitnehmer Teile ihres Arbeitslohns umwandeln. Da machen wir jetzt den ersten Schritt. In den jetzt anstehenden Beratungen werden wir deshalb noch einmal klären, ob diese Regelungen nicht auch außerhalb des Sozialpartnerschaftsmodells Anwendung finden sollten.

(Beifall bei der SPD)

Gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wenig verdienen – da bin ich ganz bei Ihnen –, ist es wichtig, dass sich die Arbeitgeber an ihrer Betriebsrente beteiligen.

Zweitens. Wir als Staat werden uns deswegen an dieser Arbeitgeberfinanzierung massiv beteiligen. Zahlt der Arbeitgeber einen Beitrag von 240 bis 480 Euro für seinen Beschäftigten, bekommt er bis zu 144 Euro erstattet. Das läuft ganz einfach und simpel über das Steuerabzugsverfahren. In den anstehenden parlamentarischen Beratungen können wir gerne prüfen, ob wir die bisher vorgesehene Lohngrenze in Höhe von 2 000 Euro nicht besser auf 2 500 Euro anheben.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Kolleginnen und Kollegen, wir werden erstmals einen Freibetrag einführen. Das halte ich für extrem wichtig. Wenn ich mit Leuten über die Betriebsrente rede, werde ich ganz oft gefragt: Frau Reimann, lohnt sich die Betriebsrente für mich denn überhaupt? Wenn es schlecht läuft und ich im Alter auf Grundsicherung angewiesen bin, wird die Rente doch angerechnet. Dann habe ich nichts davon und hätte vielleicht das Geld vorher lieber für andere Sachen ausgegeben. – Das finde ich sehr nachvollziehbar. Deshalb finde ich es wichtig, einen Freibetrag einzuführen.

Die Ministerin hat diesen Schritt gerade als „historisch“ bezeichnet; ich glaube, dass das ein ganz wichtiger Punkt ist. Ein Sockelbetrag von 100 Euro bleibt immer frei. Darüber hinaus werden zusätzlich 30 Prozent des übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge bis zu einer Höchstgrenze von 50 Prozent ebenfalls nicht angerechnet. Damit kann eine Zusatzrente bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro anrechnungsfrei bleiben. Das ist eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass der Regelbedarf für Alleinstehende im Moment bei 409 Euro liegt.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Betriebsrentenstärkungsgesetz kann es uns gelingen, die Zahl der Betriebsrenten in kleineren Unternehmen und bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt zu erhöhen. Das ist das Ziel. Jetzt wird es darauf ankommen, dass die Sozialpartner diese neuen Spielräume wirklich nutzen und mit Leben füllen. Die bisherigen Signale sind vielversprechend. Aber eins müssen alle Beteiligten wissen: Sollte es nicht klappen und sollten wir auf diesem Weg keine Fortschritte erzielen, dann werden wir um ein Obli­gatorium nicht herumkommen.

Danke.

(Beifall bei der SPD – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Schon eingeplant, das Obligatorium?)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt spricht für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083190
Wahlperiode 18
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Stärkung der betrieblichen Altersversorgung
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