10.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 51

Anja KarliczekCDU/CSU - Stärkung der betrieblichen Altersversorgung

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Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kieseheuer, schön, dass Sie heute Morgen hier sind! Herzlich willkommen!

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich darf hier als letzte Rednerin den sogenannten Lumpensammler machen und will nur noch den einen oder anderen Punkt ansprechen; denn, ich glaube, vom Grundsatz her ist so ziemlich alles angesprochen worden, was in irgendeiner Form in diesem Gesetzentwurf steht.

Ich will noch ein klein wenig weiter ausholen. Warum ist das Ganze, was wir machen, überhaupt so wichtig? Wenn wir darüber nachdenken, was wir im Moment erleben, dass nämlich eine Gesellschaft massiv verunsichert ist durch Globalisierung, Digitalisierung und wahnsinnig schnelle Veränderungen, dann wird uns klar, wie wichtig es ist, dass wir uns des Themas einer guten Altersversorgung annehmen und eine Möglichkeit schaffen, im Alter gut versorgt zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lieber Herr Birkwald, genau darum ist es so wichtig, dass wir die Altersvorsorge an sich sichern und nicht dauernd nur darüber sprechen, wie wir das in der gesetzlichen Rentenversicherung machen wollen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gucken Sie mal nach Österreich! Da kann man lernen, dass das viel besser ist!)

– Wenn ich nach Österreich schaue, sehe ich doch, dass die Österreicher Riesenprobleme damit haben.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wo denn?)

– Die pulvern Steuern in das System hinein und wissen nicht, wie sie es langfristig bezahlen wollen. So geht es definitiv nicht.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das stimmt ja nicht!)

– Das stimmt wohl.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir waren gerade da! Haben alle das Gegenteil erzählt!)

Ich habe mit den Kollegen gesprochen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir auch!)

Genau das ist der Punkt. Das ist etwas, was wir nicht wollen. Wir wollen den Menschen etwas zusagen, was langfristig durchzuhalten ist, was auch langfristig finanzierbar ist. Und deswegen fordere ich Sie auf: Suggerieren Sie nicht immer das Verkehrte!

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist falsch! Das schaffen die Österreicher! Jede Wette!)

Wichtig ist uns, dass wir neben der gesetzlichen Rente – Frau Nahles hat das ja am Anfang gesagt – eine vernünftige kapitalgedeckte Rente auf die Füße stellen. Die Situation hat sich in den letzten Jahrzehnten sowohl arbeitsrechtlich als auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stark verändert. Deswegen müssen wir da ran. Herr Kurth hat eben ein paar schöne Argumente gebracht, etwa, dass man aufgrund der Niedrigzinsphase überlegen muss, wie man das anders gestalten kann. Da bin ich sehr dabei. Das ist genau der Ansatz, mit dem wir an die Sache herangehen.

Ich will ein paar Punkte ansprechen und arbeite mich einmal so ein bisschen von hinten nach vorne.

Unser Staatssekretär Dr. Meister hat Riester angesprochen. Das ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel. Riester ist kapitalgedeckte Altersvorsorge in der zweiten oder in der dritten Säule. Das kann man wählen, wie man möchte. Über unser Betriebsrentenstärkungsgesetz hinaus wollen wir ja auch, dass die echte Doppelverbeitragung, nämlich die Zahlung von Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen in der Ansparphase und in der Auszahlungsphase, abgeschafft wird, weil sie überhaupt nicht der Systematik entspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nur bei Betriebs-Riester! Das sind 0,1 Prozent!)

– Moment, es geht doch aber darum, dass es für alle passt und nicht nur für ein paar.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: So ist es! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja! Aber für alle abschaffen! Nicht nur für Betriebs-Riester!)

An dieser Stelle möchte ich also noch einmal eine Lanze für Riester brechen. Je geringer der Verdienst ist, umso höher ist die Förderung. Genau an dieser Stelle, finde ich, tun wir Gutes, wenn wir die Förderung erhöhen und das Zulageverfahren vereinfachen; denn das ist häufig das Hindernis. Wenn wir jetzt die Förderung erhöhen, ist das, glaube ich, an der Stelle schon der richtige Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will noch einen Satz zu den Direktversicherungsgeschädigten sagen. Sie haben sie eben angesprochen. Sie tun so, als wenn es dafür eine ganz einfache Möglichkeit geben würde und als wenn wir in dem vorliegenden Gesetzentwurf nichts für die Direktversicherungsgeschädigten vorsehen würden. Das, was wir mit diesem Betriebsrentenstärkungsgesetz tun, zielt auf die Zukunft.

Wenn wir über die Direktversicherungsgeschädigten sprechen – Sie haben über das Jahr 2004 gesprochen –, dann wissen Sie so gut wie ich, dass alles das, was seither passiert ist, die Lage nicht einfacher gemacht hat. Seien Sie versichert – Herr Kieseheuer weiß das –, dass wir diesbezüglich im Austausch sind und uns darüber unterhalten, was man denn überhaupt tun kann, um ein System, das 2004, ich sage mal, einen Schlag von der Seite gekriegt hat, das aber schon vorher so vielfältig war in seinen Bedingungen, was Sozialversicherungsbeiträge, was die Besteuerung usw. angeht, wieder in Ordnung zu bringen. Das ist keine Sache, die ich von heute auf morgen erledigen kann und die zum Beispiel so ein Betriebsrentenstärkungsgesetz zu Fall bringen darf. Wir versuchen, eine Lösung zu finden, die in der Systematik vernünftig ist, um nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen. Aber das ist nicht Teil dieses Gesetzes.

Ich bin ja bei Ihnen, wenn Sie fordern, dass die Systematik für alle passen muss, wenn wir die betriebliche Altersvorsorge wirklich stärken wollen. Aber wir dürfen nicht das eine mit dem anderen vermengen und so tun, als ob wir das eine nicht machen könnten, ohne uns mit dem anderen zu beschäftigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Punkt: Garantien. Garantien sind heute eine Zwangsjacke für die Chancenverwertung. Genau an dieser Stelle muss man sehen, dass wir nun sagen, wir wollen mehr Freiheit bei der Chancenverwertung geben; denn niemand von uns kann abschätzen, wie sich die Situation über 40 Jahre entwickelt. Bei einer Laufzeit von 40 Jahren gibt es immer Tief- und Hochphasen. Dafür brauchen wir einen Ausgleich. Den bekommen wir auch im Sozialpartnermodell. Wir wollen ihn auch außerhalb des Sozialpartnermodells. Wichtig ist an der Stelle aber, dass wir die Chancenverwertung nicht denen ermöglichen, die ohnehin privat sparen können. Sie haben dann mehr Chancen und am Ende noch mehr. Wir müssen doch die Chancen für alle gleich gestalten, gerade in der Altersvorsorge. An dieser Stelle müssen wir weiter daran arbeiten, dass wir Chance und Kontrolle gerade für die Menschen, die wenig verdienen, vernünftig gestalten, und da auch aufpassen, dass es gut funktioniert.

Wichtig ist mir, noch einmal zu sagen – meine Zeit ist schon wieder abgelaufen –,

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nur die Redezeit, Frau Kollegin! Nur die Redezeit!)

dass wir für die Menschen, die wenig verdienen, auch in der kapitalgedeckten Altersvorsorge eine gute Lösung schaffen wollen und dass nur ein Nebeneinander von umlagefinanzierter und kapitalgedeckter Rente wirklich Wohlstand im Alter schafft. Wir geben das Signal: Wer ein Leben lang gearbeitet hat und selbst vorgesorgt hat, der ist im Alter auch gut abgesichert. Dieses Versprechen des Sozialstaats wollen wir wieder auf vernünftige Füße stellen.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083207
Wahlperiode 18
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Stärkung der betrieblichen Altersversorgung
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