10.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 222 / Tagesordnungspunkt 52 + TOP 29

Oswin VeithCDU/CSU - Gefahren durch Waffen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute debattieren wir nicht nur über Änderungen am Waffengesetz – das begrüßen wir –, sondern auch über Anträge der Grünen, die erhebliche Änderungen oder, besser gesagt, Verschärfungen und Restriktionen am Waffengesetz einfordern. Diesem Ansinnen tritt meine Fraktion entschieden entgegen;

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum?)

um es gleich deutlich auf den Punkt zu bringen.

Erstens. Ich lehne weitere Verbote, neue Einschränkungen und Restriktionen gegen rechtschaffende waffenführende Bürger ab.

(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Rechtschaffend“!)

Zweitens. Die CDU/CSU stellt Jäger, Sportschützen, Gebirgsschützen und Waffensammler

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Reichsbürger!)

nicht unter einen Generalverdacht, wie Sie von den Grünen es tun.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Drittens. Die CDU/CSU weiß um die Rechtschaffenheit und Gesetzestreue der Besitzer legaler Waffen und anerkennt ihren persönlichen Beitrag – im Falle der Jäger zur Hege und Pflege von Flora und Fauna, unserer Natur,

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch nicht mit der Waffe!)

im Falle der Sportschützen zum fairen sportlichen Wettbewerb bis hin zu Weltklasseleistungen olympischen Ausmaßes sowie im Falle von Waffensammlern und Gebirgsschützenkompanien zur historischen Dokumentation alter Waffen und alten Brauchtums.

Viertens. Es wird Sie deshalb nicht überraschen, wenn wir Ihre Anträge auch heute wieder ablehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sind nämlich nichts Neues – „the same procedure as every year“, könnte man sagen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis Sie es lernen, Herr Veith! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie uneinsichtig sind!)

Immer wieder fordern Sie die Verschärfung unseres jetzt schon sehr strengen Waffenrechtes, und Sie begründen es immer wieder mit dem Argument, dass nur so die innere Sicherheit verbessert werden könne.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, mal ganz praktisch! Weniger Waffen, mehr Sicherheit!)

Aber gut, auch heute werden wir Ihnen erklären, warum eine Verschärfung des Waffengesetzes, wie Sie es wollen, nicht geeignet ist, die innere Sicherheit in unserem Land zu erhöhen, und weshalb wir Ihre Anträge wieder einmal ablehnen müssen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie mal! – Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Vielleicht kommt mal ein Argument!)

Zuerst möchte ich aber auf die notwendig gewordene Änderung am Waffengesetz eingehen. Das Waffengesetz ist an die technische Entwicklung anzupassen. Um eine sichere Verwahrung von Waffen gewährleisten zu können, wird der Sicherheitsstandard für die Aufbewahrung an die aktuellen technischen Standards angepasst. Hierbei geht es nicht darum, flächendeckend neue Waffenschränke einzuführen. Vielmehr soll die technische Entwicklung berücksichtigt werden. Die Technologien sollen zukünftig ohne Änderung des Waffengesetzes einsetzbar sein; denn aus sicheren Waffenschränken können Waffen nicht in falsche Hände geraten. Die Union konnte erreichen, dass ein Bestandsschutz für Waffenbesitzer im Gesetzentwurf verankert wird. Das heißt, jeder darf seine jetzigen Schränke weiter behalten und weiter nutzen. Das war ein hartes Stück Arbeit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Den bayerischen Vorschlag, die Bestandsschutzregelung auf im gleichen Haushalt lebende Personen zu erweitern, begrüße ich sehr, genauso wie die Vorschläge bezüglich der Situation von Erben. Wir sollten uns in den kommenden Wochen dieser Diskussion noch öffnen, um weiter an dem Entwurf zu arbeiten.

Nur für Neuanschaffungen sollen die aktualisierten technischen Vorgaben verpflichtend sein. Wer einen Waffenschrank im Jahre 2017 kauft, muss auch auf die technischen Sicherheitsmöglichkeiten der Jahre 2017 ff. zurückgreifen.

Weiterhin wollen wir den Umlauf von illegalen Waffen eindämmen. Wir wollen, dass Menschen, die illegal im Besitz von Waffen und Munition sind, diese freiwillig abgeben. Wir bieten dafür Strafverzicht an. Wir ermöglichen damit eine Brücke in die Legalität. Straffreiheit erhält jeder, der binnen eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes illegal erworbene Waffen und Munition bei der entsprechenden Behörde abgibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Schießsport, die Jagd und das Sammeln von historischen Waffen gehören für mich zu den bürgerlichen Freiheiten und auch zur Tradition unseres Landes. In Schützenvereinen kommen rechtschaffene Bürger wie Polizisten, Beamte, Professoren, Politiker, Ärzte und Arbeitnehmer zusammen, um sich ihrem Hobby zu widmen. Die erste Lektion, die ein Sportschütze erhält, ist der verantwortungsbewusste Umgang mit der Waffe. Deshalb kann ich nicht verstehen, dass solche Persönlichkeiten generalverdächtigt werden und dass suggeriert wird, sie seien eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die Ordnung in unserem Land. Das ist nicht richtig. Das sollte hier deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun zu Ihren Anträgen; ich will das gerne für Sie übernehmen, Frau Kollegin Mihalic, Sie haben ja so gut wie nichts über Ihre Anträge gesagt. Eine Gefahr für die innere Sicherheit geht nicht von legalen Waffen aus, wie Sie es immer behaupten. Ich halte es für sehr naiv, zu glauben, dass mit noch strengeren Regeln im Waffenrecht ein Mehrwert an innerer Sicherheit gewonnen werden kann. Hat sich jemand bewusst entschieden, unsere Rechtsordnung zu missachten, dann hält ihn auch das strengste Waffengesetz nicht auf. Die von Ihnen geforderten Verschärfungen betreffen in erster Linie rechtstreue Bürger, die legal Waffen besitzen dürfen. Mit einer Änderung im Waffenrecht bzw. einer Verschärfung wird allenfalls indirekt die illegale Verwendung von Waffen erschwert.

Mit Ihren Anträgen zeigen Sie wieder, dass für Sie die Hauptschuldigen für Taten wie in München oder Paris bereits feststehen, nämlich die Besitzer legaler Waffen wie die Jäger und Sportschützen. Ich will an der Stelle sagen, dass das Problem nicht die Besitzer legaler Waffen sind; und Sie wissen das, wenn Sie ehrlich sind. Das Problem liegt eindeutig beim Besitz illegaler Waffen und deren Verwendung. Dort setzen wir an, und das unterscheidet uns von Ihnen, den Grünen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum genau?)

Sie begründen Ihre Anträge – wie übrigens jeden Antrag, den Sie zu diesem Thema hier einbringen – mit den besorgniserregenden Tötungsdelikten in Europa, die mit Schusswaffen begangen worden sind. Für das Berichtsjahr 2015 wurden laut Bundeslagebild Waffenkriminalität 130 Straftaten gegen das Leben registriert, das sind 2,8 Prozent aller erfassten Fälle im Bereich der Waffenkriminalität. Klar ist: Jeder Fall ist einer zu viel, jeder Einzelfall ist und bleibt schrecklich. Aber aufgrund solcher Zahlen ein allgemeines Gefährdungspotenzial von Besitzern legaler Waffen herauszupressen, halte ich für vermessen oder verblendet. Zudem werden mehr Menschen mit Messern, wie sie in jedem Haushalt zu finden sind, verletzt oder gar getötet als mit Schusswaffen. Ich bin gespannt, wann Sie das Verbot von Küchenmessern fordern werden.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Veith, das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?)

Ich will – da Sie es nicht getan haben – noch kurz weitere Forderungen aus Ihren Anträgen erwähnen. Sie wollen die Nutzung von halbautomatischen Waffen verbieten, wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind. Als Kriterien nennen Sie die Anzahl der Selbstladungen, die Beschaffenheit des Laufs, Kaliber, Magazinkapazität und Diverses mehr. All das soll Ihrer Auffassung nach über die Gefährlichkeit von Waffen Auskunft geben. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: Diese Kriterien sind nicht geeignet, um die Gefährlichkeit einer Waffe zu bestimmen, insbesondere ist das Kaliber kein taugliches Merkmal für die Gefährlichkeit einer Waffe.

Sie fordern weiterhin, dass ein zentrales Waffenregister in allen EU-Mitgliedstaaten eingerichtet wird. Doch schon jetzt gibt es für alle Mitgliedstaaten die Verpflichtung zur Errichtung eines Waffenregisters. Auch Sie wissen, dass wir in Deutschland vorbildlich das Recht bereits zum 1. Januar 2013 umgesetzt und ein Nationales Waffenregister eingerichtet haben, also sehr viel früher als von der EU gefordert.

Sie wollen, dass die Mitgliedstaaten ein Kontrollsystem einrichten, worüber die körperliche und geistige Eignung für den Erwerb und den Besitz von Schusswaffen sichergestellt wird. Das haben wir teilweise schon. Verpflichtende medizinisch-psychologische Untersuchungen bei der Erlaubniserteilung

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das wäre mal was!)

lehnen wir als Union, lehnen wir als Koalition aber ab. Das finde ich richtig, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die größte Herausforderung ist und bleibt der Kampf gegen den illegalen Waffenhandel. Zuvorderst geht es dabei um den illegalen Internethandel mit Waffen. Im Darknet – das wissen wir – können Waffen im großen Stil und anonym gekauft und verkauft werden. Das allerdings – das ist Konsens – kann nicht sein und darf nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Deshalb will die Koalition verstärkt mit spezialisierten Ermittlern, die im Darknet gezielt nach illegalem Waffenhandel suchen, dagegen vorgehen. Übrigens tut das auch schon die Sondereinheit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt zur Bekämpfung der Internetkriminalität, abgekürzt ZIT, in Gießen, unmittelbar neben meinem Wahlkreis gelegen, bereits jetzt in hervorragender Weise.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie mal zuerst sagen sollen!)

Gestatten Sie mir zum Schluss ein Fazit. In der öffentlichen Anhörung haben uns die Sachverständigen versichert, dass der legale Waffenbesitz in Deutschland keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt. Das liegt nicht zuletzt daran – das wissen auch Sie; ich werde nicht müde, das immer wieder zu sagen –, dass wir eines der schärfsten Waffengesetze in der ganzen Welt haben. Natürlich gibt es immer wieder Einzelfälle, die sich nicht an die Regeln halten; aber eine Schwalbe macht noch lange keinen Sommer.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, „Sommer“? Das ist aber ein Vergleich! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kollateralschaden!)

Einzeltaten können nicht mit einem noch so strengen Waffengesetz verhindert werden. Die von den Grünen vorgeschlagenen Maßnahmen – wir haben das in der Anhörung und auch heute gehört – bieten keinerlei Sicherheitsmehrgewinn für die Bürger in unserem Land. Wir lehnen sie deshalb ab. Die Anpassung unseres Waffengesetzes an den neuesten technischen Stand halte ich für notwendig und bitte daher um Ihre Unterstützung.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Frau Kollegin Martina Renner von der Fraktion Die Linke hat nunmehr das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7083223
Wahlperiode 18
Sitzung 222
Tagesordnungspunkt Gefahren durch Waffen
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