23.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 4

Katja MastSPD - Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist klar: Unsere Welt befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Auch die Arbeit wandelt sich natürlich. Arbeiten 4.0 wird vernetzter, digitaler, flexibler sein. Wir stehen natürlich vor großen Herausforderungen, bei denen es darum geht, wer am Wohlstand teilhaben wird, wie sich Chancengleichheit und soziale Sicherheit in unserem Land zukünftig entwickeln.

Es geht in dieser Debatte um Chancen und Risiken; das haben meine Vorredner mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen schon deutlich gemacht. Aber wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten führen an dieser Stelle keine Angst-, sondern eine Gestaltungsdebatte.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU] – Lachen des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bestes Beispiel dafür ist das Weißbuch Arbeiten 4.0 unserer Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da steht aber nichts drin!)

Alle, die behaupten, wir eröffneten heute die Debatte darüber, sollten vielleicht zunächst einmal dieses Buch lesen. Dann sähen sie, dass es in der öffentlichen Debatte schon viele Vorschläge gibt. Die Ministerin skizziert darin die zentralen Gestaltungsaufgaben.

Ich will auf einen Aspekt eingehen – es kommen ja noch viele Rednerinnen und Redner der SPD –, den ich als zentralen Zukunftsaspekt bei der Gestaltung von Arbeiten 4.0 empfinde: die Qualifizierung. Sie entscheidet aus meiner Sicht im Kern über die Verteilungsgerechtigkeit in Zeiten der Digitalisierung. Es gibt düstere Beschäftigungsszenarien, Studien, die von millionenfachen Jobverlusten ausgehen. Aber das Bundesarbeitsministerium geht davon aus, dass es sich um einen Wandel von Kompetenzen und Berufen handelt. Wenn sich Berufe und Kompetenzen wandeln, also der Arbeitsmarkt sich wandelt, dann heißt das doch ganz klar: Wir müssen in Qualifikationen investieren, wir müssen in die Köpfe der Menschen investieren, damit sie auch in Zukunft an der Verteilung des Wohlstands, an der Verteilung des Kuchens teilhaben.

Klar ist: Wandel von Kompetenzen und Qualifikationen gab es schon immer. Die Digitalisierung macht das alles aber viel schneller, als wir es jemals gekannt haben. Das heißt, wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Ja, es gibt eine Verantwortung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für die Qualifizierung; aber es gibt natürlich auch eine gesellschaftliche Verantwortung, also eine Verantwortung staatlicher Akteure für den Wandel der Arbeitswelt und für die Qualifizierung. Nur mit diesem Dreieck der Verantwortungen – Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Gesellschaft – wird es am Schluss das richtige Modell. Alle müssen zusammen an einem Strang ziehen – davon sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten überzeugt. Ansonsten kommt es zu einer Entwertung von Qualifikationen. Wenn wir da nicht ansetzen, bekämpfen wie keine Arbeitslosigkeit.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie soll es jetzt konkret gehen?)

– Weil meine geschätzte Kollegin von den Grünen laut ruft: „Was heißt das denn jetzt konkret, liebe Katja Mast?“ – ich ergänze gerne den Zwischenruf –, sage ich: Martin Schulz und Andrea Nahles haben ein Konzept vorgelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Seit wann? Das ist ja ein Witz!)

Wir schaffen ein Recht auf Weiterbildung. Wir schaffen ein Arbeitslosengeld für Qualifizierung.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das weiß Herr Schulz aber noch nicht!)

Wir wollen die Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung ausdehnen, indem wir die Rahmenfristen ausdehnen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Ihr Unmut sagt mir: Sie haben es schon mal gehört, aber noch nicht durchdrungen.

(Beifall bei der SPD – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Ja, und Sie haben es noch nicht verstanden!)

Wir wollen die Bundesagentur für Arbeit zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung ausbauen. Das ist genau der richtige Weg. Was steckt dahinter? Wir wollen mit Weiterbildungsberatung, Förderung von Weiterbildung, Zeit für Weiterbildung dafür sorgen, dass Menschen nicht erst qualifiziert werden, wenn sie den Job verloren haben, wir wollen früher im Erwerbsleben ansetzen.

(Beifall bei der SPD)

Denn wahr ist doch auch, Kolleginnen und Kollegen: Ob Aufstieg durch Bildung gelingt, ob das große sozialdemokratische Versprechen in Erfüllung geht – die Kinder sollen es besser haben als die Eltern –, entscheidet sich nicht mehr nur am Lebensanfang, sondern die ganze Erwerbsbiografie hindurch. Daran müssen sich auch staatliche Institutionen anpassen. Deshalb brauchen wir eine Weiterentwicklung der Bundesagentur für Arbeit zu einer Agentur für Arbeit und Qualifizierung.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist lächerlich!)

Nur so können wir dafür sorgen – da hat Herr Klaus Ernst recht; das Spannende ist die Verteilungsfrage –, dass die Bevölkerung wirklich an den Chancen der Digitalisierung und der sich daraus ergebenden Wertschöpfung teilhaben wird. Deshalb: Unsere Konzepte liegen auf dem Tisch. Ich freue mich auf die Debatte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Brigitte Pothmer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7089271
Wahlperiode 18
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen
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