23.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 4

Klaus ErnstDIE LINKE - Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen

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Herr Whittaker, Sie haben von Angst gesprochen, davon, man würde den Leuten Angst machen. Wissen Sie, wenn Sie solch eine Debatte über die Zukunft der Arbeit, über Risiken und Chancen der Arbeit 4.0 – das ist das Thema dieser Debatte – dazu nutzen, über die Arbeitslosenversicherung zu reden, dann merke ich, wie groß bei Ihnen die Angst vor dem Vorschlag der SPD ist.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So sensibel kenne ich Sie gar nicht, Herr Ernst!)

Mir liegt es ja fern, die SPD zu verteidigen – das ist auch gar nicht mein Job –, aber eines muss ich Ihnen schon sagen: Wenn Ihnen nichts anderes einfällt, als festzustellen, dass Würselen nicht Silicon Valley ist, dann haben Sie zumindest beim Geografieunterricht nicht geschlafen. Das ist ein Punkt, der für Sie spricht, lieber Kollege.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt noch einmal zum Inhalt. Es geht überhaupt nicht darum, dass man nicht möchte, dass Menschen ihre Arbeitszeit selber bestimmen. Nur: Als Assistent der Geschäftsführung zu arbeiten, ist etwas anderes,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

als im Betrieb an einer Maschine zu stehen. Dann merkt man nämlich, dass das, was die Menschen an Arbeitszeiten und an Selbstbestimmung wollen, nichts Neues ist. Das gab es auch früher schon.

Auch Frauen haben diese Probleme und sagen: Wir wollen wieder in Vollzeit wechseln. Auch Menschen mit kleinen Kindern sagen: Die Arbeitszeiten sollten nicht so verändert werden, dass wir sie mit der Kindererziehung nicht mehr in Einklang bringen können. Ihr Beispiel, mein Gott! Der eine arbeitet früh, der andere spät. Ich habe auf Betriebsversammlungen erlebt, wie Frauen den Ablauf ihres Familienlebens geschildert haben: Beide arbeiten in Schicht. Der Mann schreibt, wenn er geht, auf einen Zettel: Ich komme heute Abend später. Wenn er morgens aufsteht, ist die Frau wieder weg. Sie hat dann auf den Zettel geschrieben: Ich habe es gemerkt. – Das kann nicht die Zukunft sein, Herr Whittaker. Das müssen wir regeln.

Ich habe nichts dagegen, dass wir Freiräume nutzen, auch die, die durch Technik entstehen. Aber bitte schön, wenn Sie verneinen und verleugnen, dass es notwendig ist, dass wir diese Regelungen schaffen – durchaus im Sinne des Antrages der Grünen –, dass wir gesetzliche Regelungen brauchen, damit die Menschen ihre Rechte durchsetzen können, dann muss ich Ihnen sagen: Sie haben von der betrieblichen Realität so viel Ahnung wie eine Kuh vom Fußballspielen. Das muss ich Ihnen wirklich einmal sagen.

Ich kann nur an Sie appellieren: Stellen Sie sich der Realität, gehen Sie in einen Betrieb, und reden Sie mit den Leuten! Wenn es uns nicht gelingt, diese Dinge zu regeln, dann werden die Menschen den technischen Möglichkeiten, die künftig üblich sind, unterworfen. Dann gehen die Löhne nach unten, dann gehen die Arbeitszeiten hoch, dann ist das freie Wochenende passé, und immer mehr Leute fragen sich hinterher: Was haben wir eigentlich falsch gemacht? Warum haben wir Berufskrankheiten? Warum sind wir psychisch krank? Warum fallen wir der Allgemeinheit zur Last? – Denn die Allgemeinheit muss diese Menschen über die Gesundheitssysteme versorgen.

Das ist das Problem. Ich bitte Sie einfach, die Realität ein wenig zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So viel Arroganz hat man selten!)

Herr Whittaker.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7089277
Wahlperiode 18
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen
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