Hans-Joachim SchabedothSPD - Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle reden von Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Schalke 4.0.
(Heiterkeit)
Bei Schalke 4.0 bin ich mir nicht so sicher, aber die anderen Begriffe stehen für eine Entwicklung, die wir miteinander eher als Chance sehen denn als Risiko. Wer uns zuhört, wird das, glaube ich, als Konsens herausgehört haben.
Die vernünftige Perspektive im weiteren Verlauf der Digitalisierung ist nicht die menschenleere Fabrik – darüber sind sich die Fachleute längst einig –, sondern die menschenfreundliche Fertigung. Dabei könnte gute Arbeit von der Ausnahme, die es heute leider noch ist, zur Regel werden. Es eröffnen sich neue Perspektiven – meine Vorredner haben dazu schon viel genannt – für Arbeitszeitverkürzung, für die Humanisierung der Arbeit, für neue Beteiligungschancen, für eine Arbeitsorganisation, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wirklich erleichtert. Es geht auch – davon wollen viele nichts hören – um Chancen für eine bessere Bezahlung.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Richtig! Genau!)
Den Wegfall monotoner und gesundheitsbelastender Arbeit wird von uns sicherlich niemand bedauern.
Bei der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeit in den Produktions- und Dienstleistungssystemen ist Arbeitslosigkeit keine zwangsläufige Entwicklung. Die Beschäftigten aus der Wirtschaftswunder- und Babyboomerzeit erreichen in den kommenden Jahren ihr Rentenalter. Der vielbeschworene Kollege Roboter könnte hier Lücken füllen. Komplexe Produkte können kostengünstiger hergestellt werden. Das bringt das Out für Outsourcing. Doch solche Fortschritte ergeben sich nicht zwangsläufig; darauf komme ich noch einmal zurück. Nur gut – das entnehme ich dem Antrag der Grünen –, dass ich da keine Nachhilfe geben muss. Sie haben das richtig erkannt: Wir müssen etwas tun. Die gesellschaftlichen und politischen Gestaltungsaufgaben warten. Das betrifft notwendige Veränderungen im Bildungs- und Ausbildungssystem, bei Hochschule und Weiterbildung. Den Schutz vor missbräuchlicher Nutzung von Daten will ich noch einmal hervorheben; das ist die Achillesferse des Fortschritts im Bereich Arbeit 4.0 und Fabrik 4.0. Notwendig sind zudem Investitionen in den Breitbandausbau sowie gesetzliche Regulierungen zur Datensicherheit und zum Erhalt von Netzneutralität.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Völlig unterbelichtet im Antrag der Grünen ist, finde ich, die Herausforderung an die Tarifvertragsparteien.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Lagosky [CDU/CSU])
Die neuen Wertschöpfungsnetzwerke und Geschäftsfelder vergrößern die privatwirtschaftlich organisierte Reichtumsproduktion. Das eröffnet neue einkommens- und finanzpolitische Teilhabechancen, aber auch nicht von allein. In den gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Debatten ist es selbstverständlich, den neu erzielten Zuwachs an produziertem Reichtum so zu verteilen, dass alle etwas davon haben.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Das sollten, meine ich, auch die Grünen stärker rezipieren.
Anders als die Grünen glaubt die SPD auch beim Thema Industrie 4.0 und Arbeit 4.0 nicht daran, Gutes könnte man von oben verordnen, etwa wir als Gesetzgeber. Aushandlungsprozesse sind nötig, gerne auch, Herr Whittaker, partnerschaftlich. Aber die Erfahrung sagt: Wenn es im Konsens nicht geht, muss man den Konflikt organisieren. Auch das gehört zu den Prinzipien einer sozialen Marktwirtschaft.
Zum Glück sind beim Erarbeiten neuer Verteilungsregeln die Tarifvertragsparteien oftmals kompetenter als die Bundesregierung; das gilt im Übrigen für jede Form ihrer Zusammensetzung. Wir setzen auf den Erhalt und den Ausbau der deutschen Mitbestimmungskultur; denn Entscheidungen im System der Industrie 4.0 überschreiten schon jetzt die herkömmlichen Betriebszuständigkeiten. Es gibt neuen Regelungsbedarf, meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Der Prozess läuft schon und überschreitet den Entscheidungsraum dieser Legislaturperiode und sogar den der nächsten. Kontinuierlich wird es notwendig sein, hier nachzuschärfen.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
Ja, ich komme gern mit der Feststellung zum Schluss: Es lohnt sich, darüber intensiver weiter nachzudenken – in jedweder Zusammensetzung des Parlaments und der Regierung. Ich freue mich darauf.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, ihr macht nichts mehr!)
Als letzte Rednerin in dieser Debatte hat Waltraud Wolff für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7089301 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 225 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen |