Frank SteffelCDU/CSU - Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie und hatten in der Tat die Absicht, sie gemeinsam mit der Fünften zu beraten. Das macht ja auch Sinn; denn es geht um erhebliche Veränderungen auch im Hinblick auf die Strukturen, die Kontrollmechanismen, das Controlling von Zehntausenden Unternehmen in Deutschland. Insofern sollte man das nicht jedes halbe Jahr neu regulieren. Leider hat die EU den Zeitrahmen, den sie sich vorgenommen hat, nicht eingehalten. Insofern werden wir jetzt – der Koalitionspartner hat zu Recht darauf hingewiesen: bis Juni – selbstverständlich die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie in Deutschland umsetzen und unseren Beitrag dazu leisten, dass in Deutschland noch weniger Geldwäsche stattfindet und die Terrorismusbekämpfung noch effizienter erfolgen kann.
Mit Panama-Briefkästen hat das alles übrigens leidlich wenig zu tun. Wir sind uns völlig einig: Das mit den Panama-Briefkästen ist eine Sauerei. Wo immer so etwas noch möglich ist, muss es international bekämpft und sanktioniert werden. Hier müssen diejenigen, die es zulassen, und diejenigen, die es tun, bestraft werden, in Deutschland und überall auf der Welt. Es gibt aber eine Gemeinsamkeit: Beides geht nur international – sowohl Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung als auch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und dessen, was sich hinter den Begriffen „Panama-Briefkasten“ und „Panama Papers“ verbirgt.
Insofern kann man am heutigen Tage bei aller Kritik an Europa, bei all dem, was manchmal schlecht und langsam umgesetzt wird, positiv feststellen – ich sage das gerade auch den vielen jungen Zuhörern hier im Deutschen Bundestag –: Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung ist ein gutes Beispiel dafür, dass es eben nur gemeinsam in Europa geht. Denn Geldwäsche macht vor deutschen Grenzen nicht halt, aber eben auch nicht vor polnischen, vor österreichischen oder vor französischen Grenzen. Insofern müssen wir es in Europa gemeinsam tun und werden es auch tun.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Kritik an der mangelhaften Umsetzung in Deutschland – Herr Schick, Sie haben das zu Recht in vielen Berichterstattergesprächen sehr kritisch angemahnt – eint uns, glaube ich, alle. Wir stellen fest, dass die Umsetzung in den 16 Bundesländern, die dafür zuständig sind, ziemlich leidenschaftslos betrieben wird, es da in vielen Ländern einen Mitarbeiter in irgendeiner Behörde gibt, und das nicht einmal einheitlich in allen Bundesländern. Deswegen unterstützen wir ausdrücklich das Anliegen der Bundesregierung, mehr zu zentralisieren, Stellen auf Bundesebene zu schaffen, den professionellen Zoll einzusetzen und Verdachtsmeldungen wirklich sehr konsequent nachzugehen.
Das ist für mich nämlich das Allerfrustrierendste: Wir haben viele Unternehmen in Deutschland – ganz große und viele mittelständische –, die Verdachtsfälle melden. Sie sagen: Wir haben einen konkreten Verdacht, dass vielfach auch Menschen nichtdeutscher Nationalität in Deutschland Geldwäsche betreiben, indem sie Güter kaufen, indem sie Bargeld in Umlauf bringen und vieles andere mehr, aber stellen fest, dass unseren Verdachtsmeldungen überhaupt nicht nachgegangen wird, dass wir die Verdachtsmeldung abgeben und wir von der Behörde über Monate überhaupt nichts hören. – Ich glaube, das ist die Mindestvoraussetzung, von der man als Staatsbürger ausgehen kann: Wenn wir hier ein Gesetz beschließen, dann muss es auch ernsthaft dort umgesetzt werden, wo es kontrolliert wird, nicht nur in den Unternehmen und in den Organisationen, die die Meldungen machen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Zweiter Punkt: Bargeld. Wir stellen in Deutschland im positiven Sinne – das ist ganz menschlich – eine hohe Sensibilität im Hinblick auf Bargeld fest. Wir haben weniger Kreditkarten-Geldverkehr als fast alle vergleichbaren Länder der Welt. Sobald boulevardesk aufgemacht wird: „Die 500-Euro-Note verschwindet“, haben die Deutschen das Gefühl, man missachte ihr Interesse, mit Bargeld zahlen zu dürfen und nicht alles dokumentieren zu müssen, aber auch den Schutz ihrer persönlichen Daten und ihrer persönlichen Bürgerfreiheiten. Hier möchten wir die Menschen beruhigen und sagen: Nein, das werden wir nicht tun.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU] – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das wird von manchen Professoren geschürt!)
– Das wird von Fachleuten, von Medien geschürt, übrigens auch von Politikern, Herr Kollege Binding. – Aber eine Änderung in diesem Bereich wird nicht stattfinden, sondern es wird auch in Zukunft jedem Deutschen möglich sein, ganz legal mit Bargeld zu bezahlen. Hier muss niemand Sorge vor dieser Bundesregierung und dieser Koalition haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Sache mit dem Transparenzregister haben Sie sehr verkürzt dargestellt, Herr Schick. Da Sie Fachmann und nicht so naiv sind, wie Sie sich hier verkauft haben,
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
wissen Sie ganz genau, dass da kein Student nachts am Computer sitzt und im Transparenzregister stöbert und nebenbei russischen Oligarchen, den Mafiosi oder den Terroristen entdeckt. Das ist absurd. Die Hauptarbeit müssen die staatlichen Stellen leisten. Journalisten können da helfen. Die Hauptarbeit müssen NGOs leisten.
Wir haben die Möglichkeit geschaffen, dass jeder, der ein Geschäftsinteresse hat, prüfen kann, ob derjenige, der etwas bei ihm kaufen möchte, etwas verschleiern möchte. Es gibt die Möglichkeit, zu prüfen: Wer ist wirtschaftlich begünstigt?
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die meisten Informationen kamen von den Whistleblowern und nicht von den staatlichen Stellen!)
– Aber Herr Schick! – Hier eine Hexenjagd daraus zu machen
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Hexenjagd!)
und den Eindruck zu erwecken, dass jeder stille Gesellschafter und jeder, der aus irgendwelchen Gründen an einer deutschen Gesellschaft beteiligt ist, ein potenzieller Geldwäscher ist, das wird der deutschen Wirklichkeit nicht gerecht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat auch niemand behauptet!)
99,9 Prozent der deutschen Unternehmen sind von dem, was wir hier diskutieren, überhaupt nicht betroffen.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo haben Sie denn diese Zahl her?)
Wir reden über einige wenige schwerkriminelle Straftaten, deren Überwachung wir noch besser hinbekommen möchten. Im Übrigen ist Deutschland deshalb so betroffen, weil es in Europa zentral liegt und weil es ein sehr großes und ein sehr freiheitliches Land ist.
Natürlich ist eine Güterabwägung zu treffen. Wir werden in allen Bereichen, übrigens auch was den Güterhandel betrifft, mit Augenmaß vorgehen. Uns liegen sehr dezidierte Hinweise von internationalen Konzernen vor, in denen es heißt: Achtung, reguliert in Deutschland nicht schärfer als in anderen europäischen Ländern! Ihr macht unsere Geschäfte in Europa, in Asien und in Amerika kaputt, weil wir uns an das deutsche Gesetz halten müssen, unsere Wettbewerber aber nicht.
Wir werden darauf achten, dass wir die Bürokratie nicht überborden. Es kann nicht sein, dass jeder, der einem Studenten einen Gebrauchtwagen für 1 200 Euro verkauft, in den Verdacht der Geldwäsche gerät. Das ist absurd. Das hat mit der Lebenswirklichkeit nichts zu tun.
Wir haben im Parlament jetzt vier Wochen Zeit bis zur Anhörung Ende April. Wir werden über dieses Thema in aller Ausgewogenheit diskutieren. Die Menschen sollen wissen: Uns liegt Geldwäschebekämpfung am Herzen, Terrorismusbekämpfung ohnehin. Wir werden mit Augenmaß dafür sorgen, dass nicht Zehntausende von Unternehmen und Millionen von Bundesbürgern betroffen sein werden, nur weil es einige wenige furchtbar kriminelle schwarze Schafe gibt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Danke, Herr Kollege Steffel. – Als nächster Redner: Lothar Binding von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7089613 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 225 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie |