23.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 11

Wolfgang StefingerCDU/CSU - Prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den Antrag der Linken und seinen Titel liest,

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Geraten Sie in Verzückung!)

dann könnte man glatt den Eindruck gewinnen, als stünde es um unser Wissenschaftssystem richtig schlecht. Daher schlage ich vor, dass wir uns einmal die Fakten ansehen.

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind auf einem historischen Höchststand. Niemals zuvor wurde in Deutschland so viel in Forschung und Entwicklung investiert. Staat und Wirtschaft haben 2015 erstmals das 3-Prozent-Ziel erreicht.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht jetzt aber um Befristung!)

Wir gehören zu den weltweiten Innovationsführern. Nie zuvor gab es übrigens auch mehr Jobs im Bereich Forschung und Entwicklung. Mehr als 600 000 Menschen sind in diesem Bereich tätig.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über 90 Prozent befristet!)

Deutschland hat eine hohe Publikationsintensität und einen Spitzenwert bei der Exzellenzrate wissenschaftlicher Veröffentlichungen, und Deutschland wird auch für ausländische Forscherinnen und Forscher immer attraktiver. Ihr Anteil in den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen.

Sie sehen: Unser Wissenschaftssystem steht hervorragend da, und das hat auch mit den richtigen politischen Weichenstellungen der letzten Jahre zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nun wollen die Linken mit ihrem Antrag die Axt an Grundpfeiler unseres erfolgreichen Wissenschaftssystems legen.

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das Bild hatten wir heute schon einmal!)

Der Pakt für Forschung und Innovation – so steht es in Ihrem Antrag – soll abgeschafft werden, und es soll auch keinen Wettbewerb mehr geben. Stattdessen lesen wir von kostenträchtigen Forderungen, verbunden mit dem Ruf nach immer höherer Lastenübernahme durch den Bund.

Es ist schon darauf hingewiesen worden: Fast auf den Tag genau vor einem Jahr ist das novellierte Wissenschaftszeitvertragsgesetz in Kraft getreten. Die in Ihrem Antrag genannten Zahlen beinhalten jedoch überwiegend nur Auswertungen bis 2014. Von daher wären Sie gut beraten gewesen, zunächst einmal die Wirkung der beschlossenen Vorhaben und der Gesetzesnovellierung abzuwarten und Kritik auf eine solidere Faktenlage zu stellen.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Also dann erst wieder 2020 etwas anfangen und bis dahin nichts machen?)

Und bitte, liebe Linken, suggerieren Sie nicht immer, als würden sich nur die Linken oder auch die Grünen um gute Karriereperspektiven in der Wissenschaft kümmern. Das tun wir nämlich auch. Die Koalition hat bewiesen: Gute Karriereperspektiven für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind uns mindestens genauso wichtig.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kündigen an! – Gegenruf des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Wir kündigen nicht nur an, wir setzen es um!)

Die Koalition hat deswegen einige Initiativen auf den Weg gebracht. Das ist schon angesprochen worden. Mit dem neuen Tenure-Track-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wollen wir akademische Karrierepfade planbarer und transparenter machen, die Anziehungskraft unseres Wissenschaftssystems weiter erhöhen, aber auch die Chancengleichheit voranbringen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken. Wir nehmen dafür auch Geld in die Hand, nämlich über 1 Milliarde Euro.

Hier sind auch die Länder gefordert. Ich freue mich darauf, wenn die Linken oder auch die Grünen in ihren Landesregierungen den Beweis erbringen, ob nur geredet wird oder in den Landeshaushalten auch tatsächlich gehandelt wird.

Um Fehlentwicklungen in der Befristungspraxis entgegenzuwirken, haben wir – das ist schon angesprochen worden – das Wissenschaftszeitvertragsgesetz novelliert und eine Reform mit Augenmaß umgesetzt. Wir berücksichtigen die berechtigten Interessen der Beschäftigten im Wissenschaftsbetrieb und sichern zugleich die im Wissenschaftssystem unerlässliche Flexibilität und Dynamik. Unsachgemäßen Kurzbefristungen von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die uns natürlich auch ein Dorn im Auge sind, wollen wir mit dem Gesetz einen Riegel vorschieben. Wir werden dann sehen, was die Evaluierung bringt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Pakt für Forschung und Innovation, den Sie in Ihrem Antrag ansprechen und den Sie abschaffen wollen, ist ein großer Erfolg. Er hat sich nämlich bewährt, und er wirkt. Das hat der Monitoringbericht 2016 der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz abermals bestätigt. Mit ihm bekommen die beteiligten Wissenschaftsorganisationen finanzielle Planungssicherheit und verpflichten sich auf bestimmte forschungspolitische Ziele, übrigens auch auf verlässliche Karriereperspektiven.

Für die Union ist klar: Wir wollen Leistung und Exzellenz fördern und faire Chancen bieten. Unser Wissenschaftssystem braucht eine gewisse Flexibilität und Dynamik, um Innovationen zu ermöglichen. Weil in den letzten Wochen immer wieder von einem gerechten Bildungssystem gesprochen und in den Medien berichtet wurde, darf ich daran erinnern: Seit 2005 haben sich die Ausgaben des Bildungs- und Forschungsministeriums mehr als verdoppelt. In diesem Jahr stehen dem Bund für Bildung, Wissenschaft und Forschung 17,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das soll uns mal einer nachmachen!

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schäuble kann es ja im nächsten Jahr absenken!)

Seit Angela Merkel Bundeskanzlerin ist, wurde massiv in Deutschlands Zukunft investiert, und gleichzeitig wurden keine neuen Schulden gemacht. Das ist gerechte Politik für alle Generationen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7089864
Wahlperiode 18
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Prekäre Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft
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