23.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 225 / Zusatzpunkt 5

Ute Finckh-KrämerSPD - Verhandlungen über einen Atomwaffenverbotsvertrag

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen! Ich möchte mich zunächst bei all denen bedanken, die sich Gedanken um nukleare Abrüstung machen und das Ziel, das uns, glaube ich, alle eint – dass diese schrecklichen Waffen irgendwann wieder von der Erde verschwinden –, unterstützen sowie mit uns darüber diskutieren. Auch möchte ich mich bei denen bedanken, die im Augenblick Briefe an Außenminister Gabriel schreiben, in denen sie ihn bitten, sich an den Verhandlungen zu beteiligen, sowie bei denjenigen, die schon über diese Verhandlungen, die jetzt Ende dieses Monats beginnen, hinausschauen und sich überlegen, was es noch alles an guten Gelegenheiten gibt, abrüstungspolitisch aktiv zu werden.

(Beifall des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])

In der Resolution 71/258 des UN-Sicherheitsrates, mit der die Verhandlungen über den Ban Treaty, einen Atomwaffenverbotsvertrag, beschlossen wurden, ist auch der Beschluss der UN-Generalversammlung von 2013 bekräftigt worden, ein „high-level meeting … on nuclear disarmament“ durchzuführen. Das hieße wahrscheinlich, dass eine solche Konferenz im September 2018 stattfände und eine Vorbereitungskonferenz im Januar oder Februar. Eine solche High-Level-Konferenz zu Atomwaffen hat es noch nie gegeben. Gestern habe ich deswegen im Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ die Vertreterin der Bundesregierung danach gefragt, ob die Bundesregierung sich darauf vorbereitet, an dieser High-Level-Konferenz teilzunehmen. Die Antwort lautete: Ja. Ich finde es einen wichtigen Schritt, dass die Bundesregierung an einem solchen Beschluss, der vor der neuen Eskalation zwischen Russland und den USA oder Russland und der NATO gefasst worden ist, festhält.

Ein anderer Punkt, wo es meiner Ansicht nach gute deutsche Aktivitäten gibt, ist die International Partner­ship for Nuclear Disarmament Verification. Denn wir wissen: Wenn Atomwaffen verboten werden, wird es viel länger als bei den Chemiewaffen dauern, bis sie tatsächlich alle abgerüstet sind. Bei den Chemiewaffen ist der Verbotsvertrag 1997 in Kraft getreten. Man hat damals gehofft, dass man innerhalb von zehn Jahren alle Chemiewaffen der Unterzeichnerstaaten vernichten kann. Im Augenblick ist die Schätzung, dass die Vernichtung der US-amerikanischen Chemiewaffen noch bis 2023 dauert.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Grund mehr, heute dafür zu stimmen!)

Diese International Partnership hat den Vorteil, dass auf Einladung der USA seit 2014 tatsächlich bei fünf Treffen darüber geredet wurde, was denn notwendig ist, um Nuklearwaffen so abrüsten und zerstören zu können, dass dies für die anderen Vertragspartner nachvollziehbar ist. Das ist eine Parallele zum Chemiewaffenabkommen; denn beim Chemiewaffenabkommen wurde ja nicht nur ein Abkommen beschlossen, sondern es wurde auch eine Verifikations- und Überprüfungseinrichtung geschaffen: die Organisation für das Verbot chemischer Waffen. Diese kontrolliert seitdem alle Einrichtungen, die Chemiewaffen vernichten. Aber sie kontrolliert auch Einrichtungen, Firmen und Labore, die mit Substanzen arbeiten, aus denen erneut Chemiewaffen gebaut werden könnten. In dieser Richtung nachzudenken, Tagungen auszurichten, Konferenzen von Fachleuten sind einige der Aktivitäten der Bundesregierung, und darüber bin ich froh.

Wir waren am 8. März dieses Jahres als Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ eingeladen, uns zum Ende der fünften derartigen Konferenz, die hier in Berlin stattgefunden hat, von den Arbeitsgruppenleitern dieser Organisation briefen zu lassen, was sie diskutiert und beschlossen haben. Bei diesem Briefing waren ein Kollege von der CDU und ich dabei. Die anderen hatten leider keine Zeit. Bei Inge Höger weiß ich, dass das mit Schwierigkeiten am Mittwochnachmittag in Sitzungswochen zusammenhängt. Da ist die SPD mit fünf Mitgliedern im Menschenrechtsausschuss etwas besser aufgestellt.

Insofern: Deutschland ist aktiv im Bereich der nuklearen Abrüstung. Deutschland gehört zu der Gruppe der Freunde des Nichtverbreitungsvertrags und zu den Befürwortern eines Nuklearen Teststoppabkommens. Einige von uns waren vor etwa anderthalb Jahren im Auswärtigen Amt, wo eine Ausstellung zu der Verifikationsorganisation eröffnet wurde, die zu dem noch gar nicht in Kraft befindlichen Nuklearen Teststoppabkommen gehört. Das heißt: Auch in diesem Bereich ist Deutschland aktiv und versucht zum Beispiel zu erreichen, dass die noch fehlenden Annex-B-Staaten das Abkommen unterzeichnen bzw., soweit sie es schon unterzeichnet haben, auch ratifizieren, damit dieses wichtige Rüstungskontrollabkommen in Kraft treten kann, mit dem auch ein Teil der Ziele, die mit dem Ban Treaty verfolgt werden, verwirklicht werden soll, nämlich das Verbot von Atomwaffentests.

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Dr. Neu?

Ja.

Frau Kollegin Finckh-Krämer, Sie haben eine Vielzahl von Maßnahmen und Initiativen dargelegt. Sie haben sich nicht dazu geäußert, wie sich die SPD zu unserem Antrag verhält. Können Sie dazu noch etwas sagen?

Wir diskutieren den Antrag in erster Lesung, das heißt, es folgt noch eine Ausschussbefassung. So wie er im Augenblick vorliegt, werden wir vermutlich gemeinsam mit der Union mit Nein stimmen.

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE], an die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Habt ihr gehört?)

Aber uns ist wichtig, dass auch ein solcher Antrag zur Diskussion beiträgt. Deswegen habe ich erwähnt, wie wichtig es aus meiner Sicht ist, dass sich zivilgesellschaftliche Gruppen, dass wir uns im Plenum mit dem Antrag, mit dem Vorhaben eines Atomwaffenverbotsvertrags befassen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe aufgezeigt, was wir mittragen, was das Auswärtige Amt als federführendes Ministerium für Abrüstung und Rüstungskontrolle mitträgt, was zumindest im Geiste dieser Verhandlungen ist. Ich persönlich kann mir vorstellen, dass nach der ersten Verhandlungswoche vielleicht einige der Ängste, die die Kollegin Leikert geschildert hat, nicht mehr ganz so groß sind und dass dann die Frage, wie man mit der zweiten und dritten Verhandlungsrunde umgeht, hier neu diskutiert wird.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7089938
Wahlperiode 18
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Verhandlungen über einen Atomwaffenverbotsvertrag
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine