23.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 225 / Tagesordnungspunkt 22

Thomas GambkeDIE GRÜNEN - Stärkung der Innovationskraft von Unternehmen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn meine Rede Sie möglicherweise zu anderen Erwartungen verleitet: Wir werden dem Antrag zustimmen. Er enthält eine Reihe aufgelisteter richtiger Punkte. Es gibt kaum etwas, dem wir widersprechen würden. Herr Lämmel, Sie haben sich ein bisschen darüber beschwert, dass wir heute zu relativ später Zeit dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich bin recht stolz, dass Sie noch da sind. Ich habe mich in den letzten zwei Tagen immer wieder gewehrt, meine Rede zu Protokoll zu geben, eine Rede über einen Antrag, der vor noch nicht einmal 48 Stunden in dieses Parlament eingebracht wurde.

Sie schreiben zu Beginn Ihres Antrags richtigerweise:

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft Deutschlands hängt maßgeblich davon ab, wie gut es uns gelingt, innovative Ideen zu verwirklichen. Es geht darum, zukunftsfähige Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden.

Das machen Sie mit einer Protokollrede, wenn es nach Ihnen gegangen wäre? Das machen Sie, wenn es nach Ihnen geht, mit einer Sofortabstimmung? Das machen Sie, ohne uns irgendwelche konkreten Maßnahmen vorzustellen? Ich bin erschüttert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Aber Sie stimmen zu!)

Viele von Ihnen, die aus den Fachabteilungen kommen, haben an der Anhörung zu den ERP-Mitteln am letzten Montag teilgenommen. Auf Ihre Frage wurden die mir bekannten und Ihnen wahrscheinlich noch nicht bekannten Zahlen betreffend das Volumen von Venture Capital in Deutschland im Vergleich zu dem in den USA genannt – ich bin versucht, Sie zu fragen, ob Sie mir diese Zahlen nennen können –: 60 Milliarden Dollar in den USA und 800 Millionen Euro bei uns. Das Volumen von Venture Capital in Deutschland macht – bei einem Faktor 10 der beiden Volkswirtschaften – etwa ein Hundertstel des Volumens von Venture Capital in den USA aus. Wenn wir uns mit diesem Thema befassen, müssen wir uns auch – so steht es in Ihrem Koalitionsvertrag – mit Fragen zum Wagniskapital ernsthaft befassen. Was ist daraus geworden? Ist Ihr vorliegender Antrag die Antwort darauf? Aber ich bitte Sie, meine Damen und Herren! Das kann doch wohl nicht wahr sein, dass Sie, obwohl Sie diese Lücke schon identifiziert haben, gar nichts vorlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Wenn ein Unternehmer ein von der TU München entwickeltes elektrisch angetriebenes und an die Erfordernisse der heutigen Welt angepasstes Auto sieht und sagt, dass er das hier bauen möchte, dann braucht er aber Kapital in einer Größenordnung von 75 Millionen bis 125 Millionen Euro. Solche Summen müssen Sie generieren, wenn Sie solche Projekte angehen. Wir brauchen Antworten darauf, woher wir das private Kapital dafür bekommen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen beschaffen sein müssen und wie der Staat das fördern kann. Aber von Ihnen gibt es keine Antworten auf diese Fragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun komme ich zum Punkt der steuerlichen Forschungsförderung. Dazu hatten wir einen Gesetzentwurf eingebracht. Dazu gab es eine Anhörung und zahllose Fachgespräche. Daraus haben Sie dann einen Prüfauftrag gemacht. Das ist doch lächerlich!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Alibi!)

Entweder wollen Sie es, oder Sie wollen es nicht. Was Sie nun vorgelegt haben, dient nur dazu, im Wahlkampf sagen zu können: Wir kümmern uns. – Aber nichts ist gemacht. Selbst Herr Schäuble – ich habe mich ja gewundert – hat schon zugestimmt, und Sie blockieren das immer noch. Der Ball lag auf dem Elfmeterpunkt. Warum haben Sie ihn nicht versenkt?

Ich nenne Ihnen dazu noch ein ganz wesentliches Argument: Es geht nicht um Projektförderung gegen steuerliche Forschungsförderung. Wir kommen bei interdisziplinären, neuen und innovativen Ideen mit der Projektförderung nicht weiter. Wir kommen bei den kleinen und mittleren Unternehmen nicht weiter, hinter denen kein Akademiker steht, sondern ein Fachmann, der möglicherweise noch nicht einmal eine Ingenieurausbildung hat. Dieser bekommt nämlich kein Geld aus den Mitteln für Projektförderung für das, was er an guter Entwicklungsarbeit leistet. Das kann man nur mit der steuerlichen Forschungsförderung erreichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann nur noch einmal sagen: Ich bin erschüttert über diesen dünnen Antrag, der inhaltlich zwar nicht falsch ist, der aber vollkommen an der Problemstellung vorbeigeht.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt Dr. Stefan Kaufmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7089976
Wahlperiode 18
Sitzung 225
Tagesordnungspunkt Stärkung der Innovationskraft von Unternehmen
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