Philipp MurmannCDU/CSU - Infrastrukturabgabe und Verkehrsteuern (Pkw-Maut)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht sollten wir die Emotionen ein bisschen herunterfahren und wieder auf die Sachebene kommen.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der LINKEN: Nein! – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das ist extrem schwer bei so einem Unsinn!)
Herr Hofreiter, dass Sie hier einen Rumpelstilzchentanz aufführen mit ein paar Parolen und Hetzkampagnen, wird weder der Sache gerecht noch unserem demokratischen Anspruch.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde, jeder Bürger hat den Anspruch, dass auch die Grünen sich sachlich mit den Themen auseinandersetzen
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das tun wir ja! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was zu den Zahlen!)
und hier nicht einfach irgendetwas in die Luft blasen und andere Leute auch noch diffamieren. Das tut Ihnen und uns allen nicht gut.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Grünen sind nicht besser als die Sozis!)
Ich möchte gerne auf vier Punkte eingehen.
Erstens. Ja, wir haben einen Koalitionsvertrag. 2013 haben wir uns zusammengesetzt. Beim Aushandeln von Koalitionsverträgen ist es so, dass jeder seine Projekte hat, aber – das muss man auch sagen – am Ende wird ein Gesamtpaket geschnürt. Ich weiß jetzt nicht, wo Herr Bartol ist, aber wir haben verabredet, gemeinsam dieses Spiel zu machen.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aha, das ist ein Spiel! Und wo bleibt dann der Parlamentarismus?)
Wenn er sich nun in den Strafraum legt und überhaupt nicht mehr auf die Argumente eingeht, ist das schon bedenklich.
Darf ich die Kollegen, die dringende Gespräche führen müssen, darum bitten, das außerhalb des Plenarsaals zu tun?
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bitte schön, Herr Murmann.
Danke schön. – Wir haben uns mit den Argumenten auseinandergesetzt. Es gibt natürlich viele positive Argumente. Das hat die CDU davon überzeugt, bei diesem Projekt mitzumachen.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und zwar welche?)
Ein positives Argument ist nämlich, dass wir Infrastruktur auf eine neue Finanzierungsbasis stellen, weil wir der Meinung sind: Infrastruktur ist für den Mittelstand in unserem Land, der dezentral aufgestellt ist, ein prioritäres Thema. Viele kleine und mittlere Unternehmen müssen zum richtigen Zeitpunkt, termingerecht liefern. Deswegen haben wir dieses Projekt beschlossen.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber welche Finanzierungsbasis ist es denn, bei der die Einnahmen geringer sind als die Ausgaben?)
Zweitens. Wir haben gesagt, wir wollen keine Doppelbelastungen. Sie wissen, die Kfz-Steuer besteht aus Hubraum- und CO 2 -Komponenten. Ich habe in meiner letzten Rede versucht, mit einem Beispiel deutlich zu machen, wie sich das rechnet. Wir haben jetzt eine Änderung. Der Verkehrsminister hat noch einmal Gespräche auf EU-Ebene geführt, und er hat sich mit ihr auf eine Änderung verständigt, die zusätzliche Entlastungen in Höhe von 100 Millionen Euro für Euro-6-Fahrzeuge bringt, also für die Fahrzeuge, die besonders wenig umweltschädlich sind bzw. umweltfreundlicher sind.
Es gibt eine langfristige Komponente mit 32 Cent pro 100 Kubikzentimeter, und es gibt eine kurzfristige mit zusätzlichen 13 Cent, die nur für zwei Jahre gilt. Ich nenne zwei Beispiele: Es gibt den Polo vom Kollegen Schwarz – ich sehe ihn im Moment nur da hinten sitzen, er redet heute leider nicht –, für den er Kfz-Steuer in Höhe von 52 Euro zahlt. Er wird jetzt durch die Infrastrukturabgabe in Höhe von rund 30 Euro entlastet.
Steffen Bilger hatte sich beschwert, dass ich ihm einen BMW 730 zugeordnet hatte. Er hätte lieber einen Mercedes gehabt. Okay, aber die Steuer bleibt am Ende trotzdem bei 390 Euro, weil das Auto sehr viel mehr Kubikzentimeter, also einen größeren Hubraum, und höhere CO 2 -Werte hat. Seine Entlastung würde eigentlich 162 Euro betragen, er bekommt aber nur 130 Euro, weil die Entlastung nach den neuen Regeln gedeckelt ist. Insofern werden kleinere Fahrzeuge deutlich besser gestellt als größere. Das ist auch Ziel dieses Projektes.
Drittens. Einnahmen und Ausgaben wurden häufig erwähnt. Es gibt dazu sehr unterschiedliche Prognosen. Das BMVI hat uns die Rechnung vorgelegt, dass etwa Einnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro zusätzlich entstehen. Es gibt Leute, die dies bezweifeln. Am Ende gehen wir aber davon aus, dass auf jeden Fall ein positiver Betrag bleibt. Dabei sind natürlich sehr viele Parameter zu berücksichtigen.
Es ist übrigens üblich, dass in Anhörungen einige Sachverständige die eine und andere eine andere Meinung vertreten.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab drei, die gesagt haben, es gibt kein Geld, und es gab einen, der gesagt hat, es gibt Geld!)
– Ja gut, aber welche Sachverständigen gerade bei der Anhörung sind, macht im Ergebnis keinen Unterschied.
Wir gehen davon aus: Die Infrastrukturabgabe wird einen positiven Beitrag leisten, auch wenn wir Ausgaben haben. Es ist eine einmalige Umstellung, die natürlich auch zu einmaligem Aufwand, insbesondere was die Bescheide angeht, führt. Der Zoll hat in der Anhörung gesagt, er sei noch nicht ganz sicher, ob die Mitarbeiter, die zur Verfügung gestellt werden, wirklich ausreichen. Wir haben gesagt: Wir evaluieren dieses Gesetz nach zwei Jahren und schauen, ob wir gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle nachsteuern müssen.
Viertens. EU-Konformität. Ich denke, das ist jetzt eindeutig geklärt.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klärt der EuGH, das ist ein Gericht!)
Wir haben eine Nutzerabgabe, die es auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Österreich, gibt. Sie ist für In- und Ausländer. Da gibt es keinerlei Diskriminierung. Auch die Sachverständigen haben noch einmal klar gesagt: Die Kfz-Steuer ist eine rein nationale Steuer. Auch wenn in Österreich oder in Frankreich die Kfz-Steuer steigt oder sinkt, hat das mit Europa nichts zu tun. Insofern ist das eine Sache der nationalen Hoheit, die wir so steuern können, wie wir das wollen.
Es gibt vielleicht noch ein Thema: Die Gewerbetreibenden mussten bisher natürlich keine Nutzerabgabe zahlen, wenn sie Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen fuhren, weswegen sie auch keine Lkw-Maut zahlen. Sie haben jetzt eine zusätzliche Belastung. Aber auch da sind wir der Meinung: Es gibt natürlich keinen Anspruch darauf, auf Dauer einen Wettbewerbsvorteil zu haben. Insofern gehen wir davon aus, dass das auch kein Thema ist.
Summa summarum: Wir wollen den Umstieg in eine nutzergebundene und auch zweckgebundene Finanzierung der Infrastruktur, weil wir das für sinnvoll halten. Wir wollen die Entlastung durch die Kfz-Steuer, die übrigens besonders den Haltern kleiner Pkws zugutekommt. Im ersten Jahr nach Inbetriebnahme beträgt die zusätzliche Steuerentlastung durch die ökologische Komponente für die Euro-6-Fahrzeuge rund 100 Millionen Euro. Wir haben das alles mit der EU abgestimmt. Insofern bitte ich um Ihre Zustimmung.
Nach zwei Jahren evaluieren wir das noch einmal, und dann werden wir sehen, dass wir damit ein erfolgreiches Gesetz auf den Weg gebracht haben und eine Änderung in der Infrastrukturfinanzierung schaffen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat nun der Kollege Sebastian Hartmann für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7090040 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Infrastrukturabgabe und Verkehrsteuern (Pkw-Maut) |