24.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 226 / Tagesordnungspunkt 28

Barbara WoltmannCDU/CSU - Demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, der demografische Wandel betrifft sämtliche Lebensbereiche. Frau Kollegin Karawanskij, das geht uns alle an; da stimme ich Ihnen zu. Aber dann erschöpft es sich auch schon mit den Gemeinsamkeiten.

Demografiepolitik ist eine Querschnittsaufgabe, der wir uns alle stellen müssen. Ich bin froh, dass jetzt die Bundesregierung auch diese Bilanz vorgelegt hat. Es ist auch eine Daueraufgabe.

Mit Verlaub, Herr Kollege Groß, Sie haben gerade Kritik daran geübt, dass wir zu sehr an der schwarzen Null festhalten, haben in Ihrer Rede dann aber darauf hingewiesen, dass wir mehr für den sozialen Wohnungsbau tun. Ich darf daran erinnern, dass wir 500 Millionen Euro mehr pro Jahr in den sozialen Wohnungsbau gegeben haben. Ich glaube, sagen zu können, dass diese Bundesregierung noch nie so viel für Kommunen finanziell getan hat. Wir nehmen Milliardenbeträge in die Hand, um die Kommunen mit diversen Förderprogrammen zu unterstützen. Ich denke an die 3,5 Milliarden Euro, die wir in ein Sonderbauprogramm geben, und an diverse andere Programme.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da kann man sich hier doch nicht hinstellen und sagen, wir täten nichts und wir hielten zu sehr an der schwarzen Null fest. Ich finde, das ist nicht glaubwürdig. Ich kann das nur zurückweisen. Wir können da auf eine gute Bilanz zurückgreifen.

Frau Woltmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Michael Groß zu?

Ja.

Liebe Kollegin, haben Sie gestern die Veröffentlichung des Armuts- und Reichtumsberichts in Deutschland wahrgenommen?

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Der ist doch noch gar nicht veröffentlicht!)

Sie haben ja lange versucht, diesen Bericht zu verhindern. Aus ihm geht hervor, dass es in Deutschland viele Menschen gibt, die abgehängt werden, dass 40 Prozent der Menschen heute weniger Realeinkommen als 1995 haben.

Ich glaube, wir haben sehr viel erreicht; da haben Sie Recht. Meine Frage an Sie: Sind Sie ernsthafterweise der Meinung, dass die Städte, die Kommunen finanziell ausreichend ausgestattet sind, um die vielen Aufgaben, die Sie gerade beschreiben, zu erfüllen?

Vielen Dank, Herr Kollege, für diese Frage. – Ich habe in der Presse vernommen, dass der Bericht jetzt vorgelegt wird. Ich habe ihn noch nicht gelesen. Wir müssen uns diese Dinge natürlich immer sehr genau anschauen. Es gibt den Hinweis darauf, dass wir eine Menge Kinder haben, die an der Armutsgrenze leben. Das ist ein Punkt, zu dem ich persönlich sage: Das müssen wir uns sehr viel genauer anschauen.

(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie müssen was machen!)

Wir haben mittlerweile aber sehr gute Rahmenbedingungen; Gott sei Dank. Aufgrund der guten Wirtschaftspolitik, die wir in Deutschland machen, haben wir so hohe Steuereinnahmen wie kaum jemals zuvor. Nicht nur der Bund hat hohe und höhere Steuereinnahmen; auch die Länder und die Kommunen haben höhere Steuereinnahmen. Es ist nicht gleich verteilt; das gebe ich zu.

(Michael Frieser [CDU/CSU]: Aber Nordrhein-Westfalen lässt seine Kommunen ausbluten!)

Aber man kann nicht in Abrede stellen, dass die Bundesregierung sehr viel Geld gerade auch für die Kommunen zur Verfügung stellt, obwohl – das muss man hier vielleicht auch mal sagen – die Länder für eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen zuständig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte auch an die Finanzverhandlungen mit den Bundesländern erinnern. Wir stellen das auf eine neue Basis. Auch das haben wir im Plenum schon behandelt. Das sind wichtige Dinge. Wir sagen: Wir wollen Länder und Kommunen weiter mit finanziellen Mitteln ausstatten. Am föderalen System – das ist doch wohl Konsens hier – wollen wir aber festhalten. Insofern muss man immer die Verantwortlichkeiten sehen.

Demografiepolitik ist ganz wichtig. Wir wissen, dass die Alterspyramide auf dem Kopf steht. Gott sei Dank steigen die Kinderzahlen wieder etwas an. Beim Geburtsjahrgang 1968 lagen wir noch durchschnittlich bei 1,49 Kindern pro Frau, bei den Geburtsjahrgängen danach schon bei 1,6. Das reicht natürlich noch nicht aus; das wissen wir.

Wir haben 2015 – von Einwanderung ist schon gesprochen worden – einen Wanderungssaldo, ein Plus von rund 1,1 Millionen Menschen gehabt. Es kommen viele Menschen nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Es ist über ein Einwanderungsgesetz gesprochen worden. Dafür habe ich persönlich sehr viel Sympathie.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber im Grunde haben wir schon gute Einwanderungsregelungen.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die OECD hat das bestätigt!)

Wir haben die Bluecard. Wenn man einen von, ich glaube, 109 Berufen hat, in denen Mangel herrscht, kann man heute schon, wenn man einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz in Deutschland nachweist, in die Bundesrepublik einwandern, also in Arbeit einwandern und nicht, wie Kollege Frieser gesagt hat, ins Arbeitsamt. Das ist das, was uns wichtig ist und was wir gerne wollen.

Es ist von der Kollegin Timmermann-Fechter in vielen Punkten aufgezeigt worden, was wir zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf schon getan haben. Wir sind da noch nicht am Ende. Es bestreitet hier keiner, dass wir da noch weitere Aufgaben haben. Es ist eine Bilanz, ein Zwischenschritt, ein Zwischenbericht. Ich habe vorhin schon gesagt: Es ist eine Daueraufgabe, der wir uns ständig stellen müssen. Deswegen ist die Demografiestrategie 2015 schon überarbeitet worden. Auch das ist wichtig: Es ist kein starres System. Wir müssen immer wieder gucken: Wo müssen wir nachjustieren? Denn die Gesellschaft und Systeme verändern sich.

Mir ist es ganz wichtig, dass wir eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bekommen. Wir haben dieser Tage den 80. Geburtstag von Rita Süssmuth gefeiert, die seinerzeit auch Familienministerin war. Sie hat schon 1985 dafür gesorgt, dass wir Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub bekommen haben. Welch weitreichende und weise Entscheidung damals! Viele Dinge sind dazugekommen. Es kann und muss besser werden; das bestreitet überhaupt keiner. Wir müssen weiter dafür kämpfen, dass uns Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt.

Die Kommunen leisten dazu schon eine ganze Menge. Aber eines muss man auch einmal sagen: Bei mir in der Kommune wollten wir schon Kindergartengruppen schließen, weil wir nicht mehr genug Kinder hatten. Durch die Flüchtlinge, die zu uns gekommen sind, müssen wir das Angebot wieder weiter ausbauen. Insofern: Demografischer Wandel – das ist auch schon von Vorrednern gesagt worden – ist nicht nur schrecklich und schlimm, sondern es sind auch große Chancen damit verbunden. Wir müssen das, wie man so schön sagt, gestalten.

Gestern ist hier im Hause das Thema „Industrie 4.0“ diskutiert worden. Das ist auch ein wichtiger Punkt. Wir haben zu wenig Fachkräfte. Deshalb sagen mir meine Unternehmer: Ihr müsst uns helfen. Ihr müsst mehr tun. – „Industrie 4.0“ ist da eine wichtige Antwort. Keine richtige Antwort war – das möchte ich auch einmal sagen –

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

– ich komme zum Schluss – die Rente mit 63. Das war das falsche Signal. Die Flexirente ist richtig, um den nahtlosen Übergang zu schaffen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nein, das war gut!)

Und weil schon die ländlichen Räume angesprochen worden sind: –

Nein, Frau Kollegin, ich muss Sie jetzt wirklich bitten, zum Schluss zu kommen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7090065
Wahlperiode 18
Sitzung 226
Tagesordnungspunkt Demografiepolitische Bilanz der Bundesregierung
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