24.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 226 / Tagesordnungspunkt 31

Thomas FeistCDU/CSU - Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Den Unterschied zwischen der jetzigen Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung und der vorherigen sieht man schon im Titel. Denn während es bei der Internationalisierungsstrategie 2008 um Wissenschaft und Forschung ging, geht es jetzt um Wissenschaft, Forschung und Bildung. Bildung steht sogar an vorderster Stelle. Das beschreibt genau das, was der Kollege Rossmann gerade gesagt hat: Nur im Zusammenspiel einer gut ausgebildeten Facharbeiterschaft mit einer exzellenten Wissenschaft schaffen wir die Voraussetzung, dass internationale Kooperationen super funktionieren.

Es ist angesprochen worden, dass die Kooperation im Bereich der Berufsbildungszusammenarbeit noch ausbaufähig ist; das hatte auch niemand bestritten. Mittlerweile ist es aber so, dass wir über die verschiedenen Ministerien hinweg in diesem Bereich mit 100 Ländern zusammenarbeiten. Vorgestern fand hier eine große Zeremonie statt: Der neue Bundespräsident wurde in sein Amt eingeführt. Zeitgleich fand im BMBF eine Bilanzkonferenz zur internationalen Kooperation in der Berufsbildungszusammenarbeit statt. Frau Hein, Sie hatten eine Mitarbeiterin dorthin abgestellt, die auch fleißig zugehört hat.

Wenn man dort zugehört hatte, konnte man feststellen, dass es nicht darum geht, ein Modell eins zu eins irgendwohin zu übertragen, sondern es geht darum, das duale Prinzip zu übertragen. Das heißt, es muss ein Zusammenspiel zwischen einer guten berufsschulischen Ebene und den Unternehmen geben. Das geschieht so, dass wir für die entsprechenden Länder passgenaue Konzepte entwickeln. Das macht übrigens nicht die Politik, sondern das machen die Akteure, die vor Ort vernetzt sind. Das sind zum Beispiel die Außenhandelskammern. Aber auch die Handwerkskammern in Deutschland machen das. Sie überlegen beispielsweise: Wie müsste denn ein Ausbildungsgang aussehen, der die spezifischen Besonderheiten eines anderen Landes aufgreift? Ich denke, das ist in diesem Bereich genau der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zweitens sind die Fachhochschulen angesprochen worden. Es gibt aber noch eine Ebene darunter: Das sind die Berufsakademien oder die dualen Hochschulen. Auch die sind im Bereich der internationalen Zusammenarbeit hervorragend aufgestellt. Der Kollege Schummer beispielsweise hat sich sehr dafür eingesetzt, dass die Hochschule Niederrhein ein sehr internationales Profil zwischen Deutschland und Holland bekommt. Dabei spielte die Maut überhaupt keine Rolle; das beschäftigt die jungen Leute nämlich überhaupt nicht, weil die meisten von ihnen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.

Dort kann man sehen, dass nicht nur gemeinsames Lernen und Studieren wichtig sind, sondern auch das gemeinsame Kennenlernen. Das ist die zweite Ebene der Internationalisierung, die darin besteht, dass wir Menschen zusammenbringen, Menschen, die ein Gesicht und einen Namen haben und die sich untereinander verständigen.

Wir als Parlament sagen ja nicht nur: Die Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung ist gut. – Vielmehr haben wir den Anspruch, das gemeinsam mit dem Ministerium weiterzuentwickeln. Und das haben wir in dieser Legislaturperiode eindeutig gezeigt: Zum Beispiel wurde nach einer Ausschussreise nach Indien ein gemeinsamer Koalitionsantrag erarbeitet, in dem wir gesagt haben, dass wir die Zusammenarbeit mit Indien ausbauen wollen. Ich nenne in dem Zusammenhang aber auch die Initiative für die Staaten Afrikas – und hier beispielhaft die Subsahara-Programme –, die vom Parlament ausging. Und so weiter.

Zu den Studierendenzahlen kann man auch noch etwas sagen. Man kann natürlich immer beklagen, dass diese zu niedrig sind.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber im Marshallplan mit Afrika ist nichts mit Wissenschaft!)

Aber man muss natürlich auch zur Kenntnis nehmen, dass sich in den letzten Jahrzehnten der Anteil der deutschen Studenten, die mit Stipendien des DAAD ins Ausland gegangen sind, verdoppelt hat

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Marshallplan mit Afrika ist nichts mit Wissenschaft!)

und dass sich die Zahl der ausländischen Studenten, die über ein DAAD-Stipendium nach Deutschland gekommen sind, nahezu verdreifacht hat. Das, muss ich sagen, ist eine ganz tolle Sache. Recht vielen Dank an dieser Stelle natürlich auch an den DAAD.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was die Hochschulen angeht, möchte ich noch etwas sagen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit dem Marshallplan mit Afrika? Da fehlt unser Bereich!)

– Herr Gehring, Sie waren schon dran und hätten das alles sagen können.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soll ich eine Zwischenfrage stellen?)

Sie haben allerdings viele Sachen gesagt, die hier überhaupt nicht passten. Insofern würde ich jetzt gerne fortfahren.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann lass doch eine Zwischenfrage zu! Kannst ja antworten!)

Herr Kollege, lassen Sie die Zwischenfrage des Kollegen Gehring zu?

Eine Zwischenfrage des Kollegen Gehring lasse ich immer ganz besonders gerne zu.

Vielen Dank. – Ich glaube, was angemessen ist, hier anzusprechen, das entscheidet noch jeder für sich selber. Ich habe mich ja vor allem für das Thema Wissenschaftsfreiheit starkgemacht. Dazu habe ich von Ihnen noch nicht viel gehört.

Da Sie Afrika, auch Subsahara-Afrika, angesprochen haben, wollte ich Sie fragen: Wieso fehlt eigentlich der gesamte Bereich Bildung, insbesondere Wissenschaft, Forschung und Entwicklung, im Marshallplan mit Afrika von CSU-Minister Müller komplett? Wieso ist das eine Leerstelle, wo Sie doch immer wieder betonen, dass man in dieser Bundesregierung so toll zusammenarbeitet? Im Marshallplan mit Afrika fehlt völlig, den Bereich Wissenschaft und Forschung zu adressieren und zu benennen und das, was wir hier heute diskutieren, auch dort einzubringen. Gibt es da noch Maßnahmen der Koalitionsabgeordneten? Wird dieser Plan noch erweitert, oder bleibt er so? Das ist eine echte Leerstelle, ein echtes Problem. Das zeigt, dass interministerielle Zusammenarbeit offensichtlich nicht funktioniert, während wir hier wieder über Interdisziplinarität gesprochen haben.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt eine klare Antwort!)

Ich bedanke mich für diese Frage, lieber Kollege Gehring. Ich verstehe interministerielle Zusammenarbeit so, dass nicht jeder das Gleiche macht. Genau das ist aber bei diesem Punkt der Fall.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch nicht die Frage!)

Wir werfen ja auch nicht dem Gesundheitsministerium vor, dass es bestimmte Programme in diesem Bereich nicht unterstützt.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gesundheit steht im Marshallplan drin!)

Im Marshallplan mit Afrika ist zum einen von der Frage der Neustrukturierung der beruflichen Ausbildung unter dem Label Green Economy, das heißt nachhaltiges Wirtschaften, die Rede. Das liegt auch in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe nach Forschung gefragt!)

Das dürfte Ihnen nicht verborgen geblieben sein und müsste auch Ihnen ein Herzensanliegen sein.

Zum anderen müssten Sie doch auch wissen, dass Institutionen wie der Deutsche Akademische Austauschdienst oder die Alexander-von-Humboldt-Stiftung zu einem Drittel vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt werden. Die Philipp-Schwartz-Initiative ist mehrmals angesprochen worden. Diese wird im Übrigen vom Auswärtigen Amt finanziert.

Jetzt tue ich Ihnen den Gefallen und sage noch etwas zur Wissenschaftsfreiheit. Gerade im Bereich „geflüchtete Wissenschaftler“ stammen momentan mehr Antragsteller aus der Türkei als aus Syrien.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Deswegen kann ich das, was Sie vorhin zur Presse-, Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit in der Türkei gesagt haben, nur unterstützen, wollte es aber nicht wiederholen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Abschließend möchte ich noch etwas zum Thema „öffentliche und private Hochschulen“ sagen. Es ist ja immer so eine Frage, wie man das einschätzt. Wer sind die Guten? Ich bin sehr froh, dass die internationalste Hochschule Deutschlands, die Handelshochschule Leipzig, nicht nur in meinem Wahlkreis liegt, sondern auch eine Privathochschule ist. Die Handelshochschule Leipzig, eine sehr alte Gewerbeschule, zeichnet sich dadurch aus, dass ein überproportionaler Anteil der Studentenschaft und der Lehrerschaft international zusammengesetzt ist. Insofern möchte ich damit aufhören, zu sagen: Die sind gut, und die sind schlecht. – Vielmehr macht es der Mix. Wir haben hervorragende Universitäten, wir haben hervorragende Privathochschulen, wir haben hervorragende Berufsakademien, duale Hochschulen und Fachhochschulen, und im Bereich der beruflichen Bildung sind wir auch ganz gut. Was wir dort an Erkenntnissen weitergeben können, das machen wir gern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Feist. – Jetzt hat als Nächster der Kollege Dr. Karamba Diaby von der SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7090471
Wahlperiode 18
Sitzung 226
Tagesordnungspunkt Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft
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