Stefan KaufmannCDU/CSU - Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal ein ganz herzliches Dankeschön an das Haus und an Ministerin Johanna Wanka persönlich. Hier besteht Einigkeit: Internationalisierung und Außenwissenschaftspolitik werden immer wichtiger für unser Land. Deshalb kommt diese neue Strategie der Bundesregierung, des BMBF, genau zur richtigen Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was anderes haben wir von Ihnen auch nicht erwartet!)
Kooperationen gerade in Bildung, Wissenschaft und Forschung spielen beim Aufbau von bi- und multilateralen Beziehungen eine zunehmend wichtige Rolle. Das merken wir alle, nicht nur die Bildungs- und Forschungspolitiker, bei jeder Auslandsreise. Das betrifft nicht nur Hochschulkooperationen, sondern – das haben wir gerade hinlänglich gehört – auch den Bereich der beruflichen Bildung.
Der Außenwissenschaftspolitik kommt gerade in Krisenzeiten und in Konfliktregionen, derer es ja immer mehr gibt, eine zentrale Aufgabe zu.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Sie schafft wissenschaftliche und akademische Perspektiven und Gesprächsfäden, wo in vielen anderen Bereichen nichts mehr an Austausch und Begegnung passiert. Ich selbst habe es zum Beispiel im April 2015 in Russland nach der Krim-Krise oder 2014 und 2016 in Thailand unter dem Eindruck einer Regierungs- und Verfassungskrise sowie einer Militärregierung erlebt.
Ich will drei Themen nennen, die mir in dem Zusammenhang besonders wichtig sind und zum Teil noch nicht genannt wurden:
Erstens. Aus meiner Sicht müssen wir die Strukturen der Wissenschafts- und Innovationskooperationen im Ausland weiter ausbauen. Das heißt zum Beispiel: mehr Forschungs- und Wissenschaftsattachés an unseren Botschaften und Konsulaten; denn es braucht die ansprechbaren Köpfe vor Ort.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das heißt: Konsolidierung und weiterer Aufbau unserer Deutschen Wissenschafts- und Innovationshäuser, zum Beispiel in Singapur, Kanada oder China; denn dort, wo es diese Häuser gibt, funktionieren sie zuallermeist sehr gut, wie ich auch aus eigener Anschauung weiß. Das heißt auch: die örtliche Bündelung der Aktivitäten deutscher Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen wie DAAD, Fraunhofer- und Max-Planck-Institute, Hochschulen und sonstige Organisationen wie zum Beispiel AHKs, auch dort, wo es solche DWIHs noch nicht gibt.
Meine Damen und Herren, bei der Weiterentwicklung der internationalen Wissenschaftskooperationen zu Innovationskooperationen werden vor allem Länder wie China eine zentrale Rolle spielen. Dort hat die Regierung ja schon länger das klare Ziel ausgegeben: weg von „Made in China“, hin zu „Invented and designed in China“. Deshalb muss Ziel unserer Politik eine systematische Förderung von internationalen Netzwerken in den Bereichen Bildung, Hochschule, Wissenschaft und Forschung sein, eben auch zur Schaffung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen. – Der Aspekt wurde bisher noch nicht genannt.
Der zweite Punkt, der mir in diesem Zusammenhang wichtig ist und genau dazu passt, ist, dass wir die KMU, die kleinen und mittelständischen Unternehmen, bei ihren internationalen Innovationskooperationen unterstützen. Wir haben gestern Abend zu später Stunde über die Förderung der Innovationskraft von KMU diskutiert. Viele unserer deutschen Mittelständler sind Hidden Champions und agieren weltweit. Der weltweite Wettbewerb wird immer härter. Deshalb verdienen unsere KMU – gerade wenn sie mit ihrer Innovationskraft auch international erfolgreich sind – unsere volle Unterstützung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Feist [CDU/CSU])
Auch in diesem Sinne geht es darum, dass wir die bestehenden Netzwerke zu Innovationsstandorten ausbauen und entsprechende Expertise an unseren Auslandsvertretungen vor Ort anbieten.
Ein dritter Punkt – er wurde schon genannt, aber ich möchte ihn noch einmal nennen – ist in der Tat die Vertiefung des Europäischen Forschungsraumes. Es wurde von Frau Ministerin gesagt, dass wir das einzige EU-Mitglied sind, das eine nationale Strategie zum Europäischen Forschungsraum erarbeitet hat, und zwar bereits im Juli 2014. Zentral für das Gelingen dieser Strategie und des Europäischen Forschungsraumes und im Übrigen für den Zusammenhalt Europas ist die Einbeziehung der EU 13, also der neuen Mitgliedstaaten, die übrigens zum Teil gar nicht mehr zur EU 13 gehören wollen, weil sie sich mittlerweile auf Augenhöhe mit uns, mit den alten Mitgliedstaaten sehen, zum Beispiel Tschechien, Slowenien oder die Slowakei. Insofern sind Themen wie die Widening Participation oder die stärkere Nutzung der Strukturfonds für Forschungs- und Innovationsstrukturen im Rahmen des Ausbaus des Europäischen Forschungsraums so wichtig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Dass wir uns um dieses Thema kümmern müssen, zeigt folgende Zahl: Der Anteil Europas an den weltweiten FuE-Ausgaben ist von 2007 bis 2013 von 26,2 auf 22,7 Prozent gefallen. Gerade deshalb, meine Damen und Herren – Herr Kollege Rossmann, Sie haben es ja auch sehr pointiert hier festgestellt –, müssen wir das 3-Prozent-Ziel hinsichtlich der FuE-Ausgaben in der EU, im Europäischen Forschungsraum, ernst nehmen,
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
und wir müssen das auch von den anderen Mitgliedstaaten entsprechend einfordern.
Was heißt das konkret? Wir müssen unsere nationalen Forschungs- und Innovationspolitiken besser mit der europäischen Forschungs- und Innovationspolitik vernetzen, im Sinne einer kohärenten Strategie. Wir müssen ganz bewusst auf die Bereitstellung neuer Mittel für das 9. FRP, also für das Nachfolgeprogramm von Horizon 2020, hinwirken und auf eine Erhöhung auf mindestens 100 Milliarden Euro bestehen,
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
trotz neuer Herausforderungen. Ich freue mich, dass sich das Europäische Parlament jüngst in diese Richtung positioniert hat. Wir müssen zudem in der EU weiter für Kooperationen mit innovativen Drittstaaten wie zum Beispiel Israel offen sein.
Meine Damen und Herren, ich darf abschließend nochmals betonen, dass diese Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung einen Meilenstein der deutschen Bildungs- und Wissenschaftspolitik darstellt, auch in ihrer neuen Ausformung. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir, wenn wir es gemeinsam angehen, bei der Umsetzung der vielen Ideen und beim Meistern der vielen Herausforderungen Erfolg haben werden. In diesem Sinne: Packen wir es an!
Herzlichen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7090474 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft |