Johannes SteinigerCDU/CSU - Vielfältige Sport- und Fankultur
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne! Ich schaue auch, dass ich mich an die Redezeit halte, und kann vorausschicken: Natürlich unterstützen auch wir das Anliegen, das in der Überschrift des Antrags steht, nämlich eine „weltoffene und vielfältige Sport- und Fankultur“ in Deutschland. Es sind schließlich die Fans, die sozusagen das Salz in der Suppe des Sports sind, und wir alle wollen, wenn wir ins Stadion gehen, dass das Ganze friedlich verläuft.
Wenn man sich dann allerdings den Antragstext durchliest, der auf diese Überschrift folgt, dann sieht man recht schnell, dass der Antrag erstens in vielem unzureichend ist, zweitens ein Sammelsurium an verschiedensten Forderungen enthält, die auch nur wenig miteinander zu tun haben, und drittens teilweise auch noch in die falsche Richtung geht. Deswegen werden wir diesen Antrag heute auch wieder ablehnen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Antrag? Ungeheuerlich!)
Frau Lazar hat gerade die Ereignisse in Dortmund erwähnt. Der Antrag, den wir hier vorliegen haben, gibt aber keinerlei Antworten darauf, welche Konsequenzen es aus den Ereignissen rund ums Spiel Dortmund gegen Leipzig geben muss. Das, was da passiert ist, hat mit einer weltoffenen und vielfältigen Fankultur natürlich rein gar nichts zu tun.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind auf Ihre Antwort gespannt!)
Ich habe mir in Vorbereitung auf meine Rede auf YouTube noch einmal ein paar Szenen von denjenigen angeschaut, die dort waren. Man kann tatsächlich sagen: Das hat mit Fan-Sein nichts zu tun, sondern das sind Kriminelle und Gewalttäter. Der Spießrutenlauf, den die Dortmunder Kriminellen mit den Leipziger Fans veranstaltet haben, das geht gar nicht. Aus dem Slogan der Dortmunder, „Echte Liebe“, wurden eher „Echter Hass“ und „Echte Gewalt“. Es gab brutale Angriffe, Menschen wurden abgepasst, Böller und Leuchtraketen wurden geworfen. Es wurden sogar Steine auf Familien, Kinder, Frauen geworfen. Wir müssen alles erdenklich Mögliche tun, um diesen Gewalttätern das Handwerk zu legen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist schon interessant, was in Ihrem Antrag nicht erwähnt wird. Sie nennen ja einige Punkte, die im Kompetenzbereich der Bundesländer liegen. Ich hätte mir aber schon gewünscht, dass Sie zum Beispiel auch etwas dazu sagen, wie die Personalausstattung der Polizei in den Ländern aussieht, wie es um die Ausstattung der Polizei bestellt ist – beispielsweise mit Bodycams – und was mit dem Thema „Videoüberwachung rund ums Stadion“ ist.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür haben wir extra Anträge! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Regelmäßig! Kommen Sie einmal in den Innenausschuss! Niveau!)
Das wollen Sie an dieser Stelle aber nicht machen, weil das für Sie dort, wo Sie Verantwortung haben, kein Ruhmesblatt ist und weil Sie hier an verschiedenen Stellen auch ideologische Scheuklappen aufstellen.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind selber ideologisch!)
Schauen Sie sich beispielsweise die Polizeiausstattung in Nordrhein-Westfalen und in meinem eigenen Bundesland, in Rheinland-Pfalz, an. Bezogen auf die Einwohnerzahl sind wir bei der Polizeidichte Schlusslicht. Deshalb sagen Sie zu diesem Thema nichts.
(Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Steininger.
Ich wollte auch eine Zwischenfrage provozieren. Das habe ich mir schon gedacht.
Also haben Sie das Wort, Herr Kollege von Notz.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Das mit der Zwischenfrage war sehr geschickt gemacht.
Nennen Sie doch einmal die Zahlen! Welche Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat Polizei abgebaut, und welche hat in den letzten Jahren Polizei aufgebaut? Das würde mich einmal interessieren. Ich könnte Ihnen die Antwort geben, aber zum Antwort-Geben bin ich ja nicht hier.
(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Wir sind hier doch nicht im Landtag!)
– Sie haben das ja angesprochen. – Noch einmal: Wer hat Polizei in Nordrhein-Westfalen abgebaut, und welche rot-grüne Landesregierung hat Polizeistellen geschaffen?
Sie können sich einmal die Zahlen in Bayern und Hessen anschauen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Dr. Eva Högl [SPD]: Sie sollen die Zahlen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nennen!)
Diese können sie in der Dichte mit den Zahlen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vergleichen. Für Rheinland-Pfalz, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich genau sagen, wer dort leider seit 25 Jahren in der Verantwortung ist. Das sind nun einmal Rot und Grün.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir redeten über Dortmund! Das liegt in Nordrhein-Westfalen!)
Herr Kollege von Notz, ein Zwiegespräch ist in unserer Geschäftsordnung nicht vorgesehen,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie recht, Herr Präsident!)
sondern das Stellen einer Frage und deren Beantwortung.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Selbst wenn sie unzureichend ist!)
Deswegen gehen Sie bitte zu den Verantwortlichen in Ihren eigenen Regierungen und sagen Sie ihnen, dass sie dieses Problem in Ordnung bringen sollen.
(Detlev Pilger [SPD]: 400 in Rheinland-Pfalz!)
Auch fehlt ein klares Bekenntnis zur Videoüberwachung rund um Stadien. Das hätte diesem Antrag gutgetan.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Sportantrag!)
Wenn Sie sich die Berichte zu Dortmund anschauen, dann sehen Sie, dass durch die hochauflösenden Bilder, die die Videokameras gemacht haben, die Aufklärung erleichtert wird.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollen sich die Anträge im Bereich Innenpolitik anschauen!)
Das hat eine viel größere Abschreckung als das, was Sie in Ihrem Antrag beschreiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles konstruiert!)
Wir als Union stehen hinter den Polizistinnen und Polizisten in unserem Land. Deswegen ist es gut, dass wir einen Vorschlag auf den Weg gebracht haben, um Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten härter zu bestrafen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch dies müsste in einem solchen Antrag erwähnt werden.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön, dass Sie Verbesserungsvorschläge machen!)
Stattdessen schießen Sie sich auf die Datei „Gewalttäter Sport“ ein. Aber gerade diese Datei ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Polizei. Sie versetzt die Beamten in die Lage, zu einem sicheren Verlauf von Sportveranstaltungen beizutragen, weil sie die Täter zu Beginn zielsicher identifizieren können,
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zielsicher?)
um dann gezielte Maßnahmen gegen einzelne Personen durchzuführen.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Dann müssen die richtigen drinstehen! Da dürfen nicht die falschen drinstehen!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was würden wir gerade nach diesen schlimmen Ereignissen im Februar 2017 in Dortmund heute für ein fatales und verharmlosendes Zeichen setzen, wenn wir als Parlament eine solche Aufweichung beschließen würden? Das geht aus unserer Sicht gar nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Datei hilft aus den genannten Gründen sowohl bei der Prävention als auch bei der Aufklärung. Sie ist dabei auch ein gutes Beispiel dafür, wie der Bund und die Länder zusammenarbeiten. Das ist bei Sicherheitsbehörden nicht immer so. Hier passt das gut.
Ich komme jetzt zu den einzelnen Punkten. Löschungsfristen zu verkürzen, davon halte ich gar nichts.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte mich auch überrascht!)
Ich glaube, innerhalb von zwölf Monaten hat die Löschung überhaupt keinen Sinn. Auch die pädagogische Maßnahme dahinter erschließt sich mir in keiner Art und Weise.
Sie schreiben weiterhin, die Daten sollen nicht an die Vereine weitergegeben werden. Auch das sehen wir nicht so. Die Vereine sollen schon wissen, welche Chaoten und Kriminelle im Zweifel versuchen, in ihre Stadien zu kommen. Mit Pädagogik kann man diejenigen, die in Dortmund bei dem Spiel Steine geworfen haben, nicht zur Vernunft bringen. Deswegen sind die meisten Punkte, die Sie zum Thema der Datei „Gewalttäter Sport“ schreiben, absoluter Quatsch.
Darüber hinaus fordern Sie, ein einheitliches Bundesprogramm zur Bekämpfung von Rechtsextremismus im Sport aufzulegen. Hier ist zunächst festzustellen – das wurde schon von Herrn Hahn genannt –, dass dies kein sportspezifisches Problem ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches. Deswegen ist die Tonalität des Antrags schlecht, weil er dadurch den Sport ein Stück weit stigmatisiert. Ein Blick auf die Zahlen, die sogar in Ihrem Antrag stehen, zeigt: Es gibt in diesem Bereich 3,3 Prozent an rechtsextremen Straftaten. Das ist aus meiner Sicht nicht überproportional – auch wenn natürlich klar ist, dass jede einzelne Straftat verabscheuungswürdig ist und auch nicht verharmlost werden soll –, dies ist also kein Massenphänomen.
Wir glauben nicht, dass ein Einheitsprogramm die Probleme, die eben sehr vielfältig sind, lösen kann. Es gibt Unterschiedlichkeiten in den Vereinen und in der Sportlandschaft. Es gibt Unterschiedlichkeiten bei den einzelnen handelnden Personen. Deswegen ist der subsidiäre Ansatz, den wir und auch die Bundesregierung verfolgen, gut.
In diesem Zusammenhang wurden schon einige Programme genannt: „Zusammenhalt durch Teilhabe“ und die Initiative „Verein(t) gegen Rechtsextremismus“. Wir bezahlen die Hälfte der Kosten für die Koordinationsstelle Fanprojekte. Natürlich möchte ich ebenso – auch Frau Engelmeier hat darauf hingewiesen – das ganz wichtige Programm „Integration durch Sport“ vom BMI und BAMF erwähnen, für das ein großer finanzieller Aufwand geleistet wird.
Ich möchte an dieser Stelle eine Lanze für den Fußball brechen. Insbesondere der deutsche Fußball ist doch die Institution, die Menschen massiv integriert und in den Vereinen beispielhaft vorgeht. Schauen wir uns einmal die Flüchtlingssituation an: 2015 sind insgesamt 42 000 Spielberechtigungsanträge von Migranten eingegangen. 2013 lag diese Zahl noch unter 10 000. Das ist ein massiver Aufwuchs, der zeigt, wie sehr sich die Vereine engagieren.
Deswegen sage ich: Das Zusammenspielen auf dem Platz, das gemeinsame Trainieren und der Zusammenhalt in einer Mannschaft sind das beste Mittel zur Prävention von saudummen rechtsradikalen Gedanken und gegen Ressentiments. Deswegen danken wir heute allen ehrenamtlichen Trainern und Übungsleitern, die diese Herausforderung jeden Tag auf den Sportplätzen dieser Republik annehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Bei vielem anderen wie Ehrenamtspauschale und Bürokratieabbau müssen wir eher ansetzen und unsere Vereine besser unterstützen, damit sie dieser Arbeit auch nachkommen können.
Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende. Viel Spaß auf den Sportplätzen dieser Nation und alles Gute.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Kollegin Jeannine Pflugradt spricht jetzt für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 226 |
Tagesordnungspunkt | Vielfältige Sport- und Fankultur |