30.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 228 / Zusatzpunkt 1

Rüdiger KruseCDU/CSU - Maritime Wirtschaft

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Behrens, es gibt historische Irrtümer, die man gern wiederholt. Deswegen muss man dann auch die richtigen Antworten wiederholen: Umsatz ist nicht Gewinn. Es kann Ihnen mit 5 Milliarden Euro Umsatz tierisch gut gehen, und mit 24 Milliarden Euro Umsatz können Sie große Probleme haben.

Wir haben viel getan, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schifffahrt wiederherzustellen. Wir haben nie behauptet, dass wir damit die internationale Schifffahrtskrise beenden; aber wir stellen uns so auf, dass wir zukunftsfähig sind. Nehmen Sie einen anderen Sektor: die Werften. Ich komme aus dem Norden, wo wir seit langer Zeit die Werftenkrise haben. Wenn Sie international schauen, wie sich dieser Bereich entwickelt hat, dann sehen Sie, dass Europa – und damit schwerpunktmäßig Deutschland – im Werftensektor wesentlich besser dran ist als der gesamte Rest der Welt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])

Das liegt daran, dass wir nicht gesagt haben: „Oh, wunderbare Zeiten, die sind wunderschön, die müssen wir unbedingt erhalten“, dass wir nicht gesagt haben: Containerschiffe sind gefälligst in Deutschland zu bauen, und wenn das nicht geschieht, dann akzeptieren wir das nicht. – Dieser Sektor hat sich, auch mit der Hilfe des Parlaments, in den letzten Jahren umgestellt auf Innovation, und er hat auf das gesetzt, was wir am besten können, nämlich Avantgarde sein.

Wir sind in diesem Sektor nicht allein unterwegs. Im Zehnpunkteplan – man muss es durchaus ernst nehmen, wenn die Chinesen etwas machen – ist eines der Segmente, in denen sie Weltspitze werden wollen, der Hightechschiffbau, nicht der normale Schiffbau. Der Bereich der Massenware ist längst entschieden. Es geht um den Hightechschiffbau, das, was wir machen.

Nun kann man sagen: Na ja, was wollt ihr denn? Wenn man ein Kreuzfahrtschiff bauen will, dann macht man das in Deutschland. – Man versuchte das einmal in Japan. Das wurde für die Firma zu einem hohen Verlust. Das macht jetzt kein Mensch mehr. Es ist aber nicht gesagt, dass sich diese Entwicklung für die nächsten zehn Jahre fortschreiben lässt. Das heißt, hier müssen wir wachsam sein. Deswegen investieren wir in diesen Bereich eine gewisse Summe, gar nicht mal so furchtbar viel.

Sie haben gesagt: „Der maritime Bereich ist ein wichtiges Thema“, und Herr Beckmeyer hat ein neues Wort geprägt – mal sehen, ob es sich durchsetzt –: „oberzen­tral“. Natürlich bin ich auch davon überzeugt, dass dieses Thema ganz wichtig ist. Aber selbst die heutige Tagesordnung weist viele andere, ebenfalls wichtige Themen auf. Vielleicht kann man das einordnen und fragen: Gibt es eigentlich einen Bewertungsmaßstab, den man für alle Themen anwenden kann? Die Debatte etwa, die morgen zur gleichen Zeit laufen wird, gilt dem Thema Nachhaltigkeit.

Deklinieren wir doch einmal den maritimen Bereich anhand der Nachhaltigkeit durch. Sie hat bekanntermaßen die drei etablierten Säulen Wirtschaft, Umwelt und Soziales. Nach meiner persönlichen Meinung bedarf es noch der Säule Kultur. Denn etwas, das kein Narrativ hat, mit dem man sich nicht auseinandersetzt, kann auch keine nachhaltige Wirkung haben.

Wirtschaft. Ich habe gesagt: Wir haben die Wettbewerbsfähigkeit mit verschiedenen Maßnahmen hergestellt. Ist das auch sozial? Wenn man den Lohnsteuereinbehalt, wenn man die 183-Tage-Regel abschafft, dann findet das ja nicht auf dem Rücken der Beschäftigten statt. Beim Lohnsteuereinbehalt haben wir gesagt: Wir verzichten auf Steuereinnahmen. – Das ist vollkommen richtig. Aber wir tun das, um die deutsche Schifffahrt zu erhalten und um diese Arbeitsplätze auch zu sichern. Das ist, glaube ich, eine gute Entscheidung und in keinster Weise gegen die Interessen der Arbeitnehmerschaft.

Wenn Sie fragen: „Ist das, was wir gemacht haben, auch umweltgerecht?“, dann sage ich: Die Innovationen, die wir fördern, haben zum großen Teil mit dem Thema Umwelt zu tun. Natürlich ist es ein wirtschaftlicher Vorteil, wenn wir die saubersten Schiffsantriebe bauen und wenn wir Beiträge leisten, mit denen man auch den Klimaschutz nach vorne bringen kann.

Wir haben uns in unserem letzten Antrag aber auch mit dem Thema Fischerei beschäftigt. Man muss es wirklich einmal sagen: Dieser letzte Antrag ist Punkt für Punkt abgearbeitet worden, mit Parlament und Regierung gemeinsam, und mit Haushaltsbeschlüssen unterlegt worden. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte, was wir da gemacht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Birgit Malecha-Nissen [SPD])

– Erfolg kann man auch beklatschen.

Erstmalig haben wir uns auch dem Thema der illegalen Fischerei zugewandt. Das hat einen Umweltaspekt. Klar, wir machen uns nicht all die Mühe, mit Fangquoten diesen Eiweißvorrat für die Zukunft zu erhalten, damit andere Leute die Bestände piratenmäßig plündern und vernichten und all diese Ziele, die wir haben, torpedieren. Es ist ja auch ein soziales Thema: Wenn man die Küsten Afrikas illegal leerfischt, haben die Menschen, die eigentlich vom Fischfang leben, ein Problem. Es ist ein soziales Thema, weil es hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen an Bord dieser Schiffe teilweise nur einen einzigen Unterschied zu römischen Sklavengaleeren gibt: Die Jungs müssen nicht rudern. Aber ansonsten ist das, was da passiert, unmöglich. Wir haben gesagt: Da wollen wir nicht mitspielen. Wir wollen die Kontrollen verbessern. – Dazu haben wir einen Beschluss gefasst und diesen im Haushalt mit finanziellen Mitteln unterlegt. Wir haben Stellen geschaffen, damit der angelandete Fisch zukünftig auch entsprechend der Zertifizierung kontrolliert und gegebenenfalls zurückgewiesen wird.

Sie haben den Freihandel angesprochen. In unserem Antrag steht, dass wir bei Freihandelsabkommen genau diesen Aspekt der illegalen Fischerei behandelt haben wollen und dass wir unsere Partner dazu bringen wollen, dass sie diese internationalen Regeln einhalten, und dass wir, wenn sie diese nicht einhalten, mit ihnen keinen freien Handel treiben. Was wollen Sie mehr als solche konkreten Bedingungen, die der Umwelt nutzen, die dem Sozialen nutzen und insgesamt auch der Wirtschaft, und zwar bei uns und in den anderen Ländern? Wir haben auf dem sozialen Sektor meines Erachtens sowohl für deutsche Beschäftigte als auch für Beschäftigte in anderen Ländern viel getan.

Im Umweltbereich setzen wir dieses Mal auch noch einen weiteren Akzent. Es geht dabei um ein Problem, das viele umtreibt und das auch im Bewusstsein der Bürger einen immer höheren Stellenwert bekommt, nämlich den Plastikmüll, einmal den, den wir sehen können, weil wir mittendrin schwimmen, und zum anderen das Mikro­plastik, das wir im Zweifelsfall nicht sehen, das aber irgendwann in der Nahrungskette auf unserem Teller landet. Das ist ein Thema, das weltweit besonders wichtig ist und das sicherlich nicht damit erledigt ist, dass man beim Einkauf auf die Plastiktüte verzichtet. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Kunstrasenfußballplatz irgendeine Auswirkung auf die Weltmeere hat. Inzwischen wissen wir, dass über den Abrieb und über das Regenwasser das Ganze am Ende irgendwo in den Ozeanen landet. Auch diese Punkte sprechen wir in diesem Antrag an. Im Sinne der Nachhaltigkeit sagen wir: Wir wollen rechtzeitig mit anderen Ländern gemeinsam eine Strategie entwickeln, damit wir den Plastikmüll wieder aus dem Meer herausbekommen, und wir wollen vermeiden, dass er überhaupt dorthin gelangt. Ich glaube, dass es ein sehr weitsichtiger Antrag ist, den wir hier vorlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Birgit Malecha-Nissen [SPD])

Forschung und Entwicklung. Ich habe gesagt: Das Wichtige für uns ist, bei der Innovation ganz weit vorne zu sein, damit wir einen Platz in dieser Wettbewerbswelt haben. Wir geben – der Koordinator der Bundesregierung hat es erwähnt – eine gewisse Menge Geld für Forschung und Entwicklung in diesem Bereich aus, aber immer noch deutlich weniger als im Bereich Luft- und Raumfahrt. Nun kann man sagen: Schiffe gibt es viel länger als Raketen oder Flugzeuge, mit denen man durch die Gegend fliegt. – Aber daran liegt es nicht.

Gibt es noch viel zu tun? Es gibt eine ganze Menge zu forschen und zu entwickeln. Aber es gab bisher keine Einrichtung, die das zentral koordiniert. Diese wollen wir schaffen. Koordinator der Bundesregierung heißt auch, mit allen Ressorts übergreifend zusammenzuarbeiten. Der maritime Bereich hat nicht nur im Wirtschaftsministerium und nicht nur im Verkehrsministerium seine Konterparts, die er braucht und die man koordinieren muss. Ich glaube, die Entscheidung, die wir getroffen haben, wo das DMZ angesiedelt wird, ist eine gute. Das Entscheidende ist, dass es jetzt parallel zur 10. Nationalen Maritimen Konferenz kommt. Ich will das Motto nicht ändern, das müssen wir nicht. Es ist ein gutes Motto. Aber es ist ein großer Erfolg, dass der Beschluss vor anderthalb Jahren im Haushalt auch mit Geld unterlegt wurde, das nötig ist, damit er in diesem Jahr zum Tragen kommt und wir das Deutsche Maritime Zentrum bekommen, um an diesen Themen gemeinschaftlich mit der Wirtschaft, aber auch mit Umweltverbänden zu arbeiten und die deutsche maritime Wirtschaft zu stärken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Valerie Wilms erhält nun das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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Session 228
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