Johann SaathoffSPD - Maritime Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wilms, viele, viele Worte habe ich von Ihnen gehört, aber kein Wort zu Ihrem eigenen Antrag. Vielleicht ist das auch besser so, aber wenn ich schon einen Antrag einbringe, dann würde ich darüber schon etwas erzählen. Stattdessen führen Sie hier im Deutschen Bundestag eine Privatfehde mit dem Maritimen Koordinator.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dabei gehe ich davon aus, dass es in ganz Deutschland keinen Maritimen Koordinator gibt, der Ihre Zustimmung finden würde – keinen außer vielleicht Sie selber.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das einzig Tolle an Ihrer Rede war aus meiner Sicht, dass Sie eine rot-grüne Perspektive aufzeigen wollten, allerdings aus Versehen. An uns, liebe Frau Wilms, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, soll das nicht liegen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, dass das mit Ihrem Beitrag anschließend auch klappt.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wi stahn d’för, wi mutten d’dör, sagt man bei uns in Ostfriesland, wenn man vor großen Herausforderungen steht, diese mutig angehen möchte, ohne zu zögern. Mit diesem Satz habe ich meine erste Rede in dieser Legislaturperiode begonnen. Dieser Satz gilt auch heute noch. Große Aufgaben, insbesondere bei der Digitalisierung und der Automatisierung, liegen vor der maritimen Wirtschaft, Herausforderungen insbesondere für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Häfen und auf See.
Mein erster Job im Leben war Lascher im Emder Hafen, also Autos im Schiff festzubinden; so kann man das für die Landratten hier unter uns erklären. Daher kann ich sagen: Auf die Arbeit in und um die Häfen kommen enorme neue Aufgaben zu, und diese Arbeit wird sich maßgeblich verändern. Diese Herausforderung können wir nur gemeinsam mit den Sozialpartnern angehen. Eines ist klar: Wir wollen eine starke maritime Wirtschaft. Sie ist von zentraler Bedeutung für die Exportnation Deutschland, gerade auch angesichts der Renationalisierungstendenzen, die weltweit einsetzen, sich aber hoffentlich nicht durchsetzen werden. Wir wollen eine starke maritime Wirtschaft. Sie bedeutet Wertschöpfung und Arbeitsplätze für ganz Deutschland, nicht nur für den Norden.
Mit dem Koalitionsvertrag und der Maritimen Agenda setzen wir die notwendigen Rahmenbedingungen, um die maritime Wirtschaft zukunftsfähig zu gestalten und um Wertschöpfung und Beschäftigung in den deutschen Häfen zu sichern. Wir wollen zum Beispiel das Förderprogramm für den innovativen Schiffbau verstetigen. Der Erfolg der deutschen Werften ist der klaren Ausrichtung auf Spezialschiffbau zu verdanken. Es geht den deutschen Werften im weltweiten Vergleich relativ gut. In den Werften findet Hochtechnologie statt, und das wollen wir fördern. Zur Hochtechnologie gehören auch gute Arbeitsplätze und gute Arbeitnehmer,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gute Arbeitgeber natürlich auch!)
die Menschen also, die Hochtechnologie erst möglich machen. Holdings zu gründen und die Sitze außerhalb Deutschlands einzurichten – das will ich an dieser Stelle auch klar sagen –, passt allerdings nicht in dieses Bild. Die Menschen, die die Hochtechnologie möglich machen, sind auch in Fragen der Mitbestimmung bestens geeignet und zu gebrauchen. Das können Sie mir glauben.
(Beifall bei der SPD)
Die Stärke der maritimen Wirtschaft hängt ganz zentral von einer intakten Infrastruktur ab. Der Ausbau von seewärtigen Zufahrten und Hafenhinterlandanbindungen sowie der Breitbandausbau in den Häfen müssen weiter forciert werden. Dabei liegt mir persönlich natürlich der westlichste Hafen, der Seehafen Emden, ganz besonders am Herzen. Ich freue mich, dass das bei Ihnen auch so ist.
In unserem letzten Koalitionsantrag im Oktober 2015 haben wir bereits wegweisende Entscheidungen getroffen, die ein klares Bekenntnis zur deutschen Flagge darstellen. Wir haben auch die Überprüfung mit beschlossen – ich bin froh, dass der Maritime Koordinator darauf hingewiesen hat –, ob diese Maßnahmen anschließend fruchten. Es wäre natürlich wünschenswert, dass die deutsche Flagge anfängt zu wachsen, bevor die ersten Schiffe autonom und ohne Besatzung fahren.
Das Bekenntnis zur deutschen Flagge ist für mich auch ein Bekenntnis zum Maritimen Bündnis. Nur im Dialog mit allen Beteiligten an einem Tisch kann die maritime Branche zukunftsfähig gestaltet werden. Deswegen geht mein Dank in diesem Zusammenhang an Uwe Beckmeyer für seine Arbeit als Maritimer Koordinator.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich danke ihm für die Ausrichtung der Maritimen Konferenzen, für die Erarbeitung der Maritimen Agenda 2025 und vor allen Dingen für den kontinuierlichen, unermüdlichen und manchmal sicher auch leidvollen Dialogprozess mit allen Beteiligten.
(Beifall bei der SPD)
Herr Saathoff, darf der Kollege Behrens Ihnen zwischendurch eine Frage stellen?
Herr Präsident, mit größtem Vergnügen.
Das habe ich mir fast gedacht. – Bitte schön.
Vielen Dank. – Kollege Saathoff, Sie haben eben das Maritime Bündnis erwähnt. Sie haben sicherlich zur Kenntnis genommen, dass das Maritime Bündnis – zumindest was den Bündnispartner Gewerkschaften betrifft – eigentlich tot ist. Die Gewerkschaften haben für sich Folgendes festgestellt: Sie haben über Jahre versucht, zusammen mit Unternehmern und mit der Bundesregierung eine gemeinsame Wende hinzubekommen, aber am Ende haben die Beschäftigten den Kürzeren gezogen und eine Umverteilung zulasten der Steuerzahler und zugunsten der Reeder beobachten müssen. Wovon sprechen Sie, wenn Sie von einer Fortsetzung des Maritimen Bündnisses sprechen?
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Kollege Behrens, es ist in der Wirtschaft ganz normal, dass es Zeiten gibt, in denen man auf hervorragender Ebene zusammenarbeiten kann, und dass es Zeiten gibt, in denen es schwierig ist, zusammenzuarbeiten. Der Kern der Schwierigkeiten wurde ja sozusagen auf der letzten Maritimen Konferenz geboren. Da ging es gar nicht darum, was beschlossen worden ist, sondern um die Art und Weise, wie es verkündet worden ist. Wir waren damals beide anwesend. Trotzdem ist es so – zumindest aus meiner Sicht –, dass man deshalb nicht von einem Tod des Bündnisses sprechen kann, sondern ganz im Gegenteil: Gerade wenn die Zeiten schlecht sind, muss man sich zusammenraufen und versuchen, den Dialog miteinander zu halten. In der SPD-Küstengang machen wir das regelmäßig, indem wir zum Beispiel versuchen, die Potenziale abzustecken, auf welcher Basis man wieder zueinander kommen kann, und zu schauen, wie man das Maritime Bündnis wieder zu dem machen kann, was es ursprünglich einmal war bzw. wozu es gedacht ist. Die Gespräche, die wir geführt haben, lassen mich voller Hoffnung sein, dass das in Zukunft wieder auf einer vernünftigen Basis vorangeht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte es für richtig, dass die Maritimen Konferenzen, die ihren Ursprung in Emden gehabt haben, weiter geführt werden. Hochtechnologie wie im Schiffbau gibt es auch in der Offshorewindindustrie. Sie sorgt auch für Wertschöpfung und Arbeitsplätze, und zwar in ganz Deutschland. Die Offshoreindustrie hat gezeigt, welche Chancen die Generationenaufgabe der Energiewende mit sich bringt.
Die Ziele der Energiewende gelten jedoch nicht nur für die Offshoreindustrie, sondern sie gelten zugleich für die maritime Branche. Hier müssen Beiträge geleistet werden, damit wir die Klimaziele in Paris auch erreichen können. Alternative Antriebe spielen eine entscheidende Rolle. Insbesondere Green Shipping ist ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. LNG-Antriebe haben große klimapolitische Potenziale. Das muss unbedingt gefördert und ausgebaut werden.
Auch Elektromobilität wird eine immer wichtigere Rolle spielen. Insbesondere beim Fährverkehr und in der Binnenschifffahrt, aber auch beim Hafenumschlag und -transport wollen wir Elektromobilität verstärkt fördern. Der Bund sollte bei öffentlichen Beschaffungen mit gutem Beispiel vorangehen und diese Schiffe mit alternativen Antrieben ausstatten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Sprichwort gilt: Wi stahn d’för, wi mutten d’dör. Die maritime Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Digitalisierung und Industrie 4.0 werden die Branche nachhaltig prägen.
Ich möchte mich abschließend herzlich bedanken bei meiner Kollegin Birgit Malecha-Nissen und bei Herrn Kruse für die gute Zusammenarbeit bei der Erarbeitung des vorliegenden Antrags, an dem zehn Arbeitsgruppen mitgewirkt haben. Das allein zeigt schon, dass viele Kolleginnen und Kollegen daran interessiert sind.
Ich freue mich weiterhin auf die gute Zusammenarbeit und die Kooperation mit dem Bundeswirtschaftsministerium einerseits und dem Verkehrsministerium andererseits zum Wohle der maritimen Wirtschaft in Deutschland.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Philipp Murmann erhält nun das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 18 |
Session | 228 |
Agenda Item | Maritime Wirtschaft |