Manfred ZöllmerSPD - Finanzaufsichtsrecht
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Autofahrer weiß man: Gleichzeitig Gasgeben und Bremsen ist suboptimal. Das gilt auch für die Finanzmarktstabilität auf dem Markt für Wohnimmobilienkredite, auf dem wir uns hier befinden. Wir brauchen in Deutschland mehr Wohnungen. Wir wollen, dass Menschen dort investieren. Die Bundesregierung unterstützt dies mit einer Vielzahl von Programmen, und das ist auch gut so.
Mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz und dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie haben wir Gesetze vorliegen, die in der Gefahr standen, mit einer Überregulierung die Immobilienkreditvergabe übermäßig zu beschränken, also Gasgeben und Bremsen gleichzeitig. Es ist natürlich richtig, dass Blasen auf dem Markt für Wohnimmobilienkredite eine Gefahr für die Finanzmarktstabilität sind. Das haben die Märkte in den USA, in Spanien und in Irland gezeigt. Axel, aber du weißt natürlich auch, dass diese Märkte völlig unterschiedlich sind von den Gepflogenheiten her, die wir hier haben. In Deutschland hat es keine Immobilienblase gegeben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Doch!)
Wir haben hier eine ausgeprägte Festzins- und Langfristkultur. Darüber hinaus ist es nachvollziehbar, dass man für den Fall des Falles mithilfe eines Instrumentenkastens handlungsfähig sein wollte.
Mit der Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurde die Kreditvergabe bereits in vielfacher Weise in Richtung Kreditnehmer reguliert; der Kollege wird dazu gleich noch etwas sagen. Mit dem Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz – ich kann für diesen Titel nichts – haben wir jetzt einen Kasten mit makroprudenziellen Instrumenten geschaffen, das heißt etwas, was für die gesamte Volkwirtschaft gilt. Dieser Instrumentenkasten kann im Bedarfsfall scharfgeschaltet werden.
Wir alle kennen das Struck’sche Gesetz. Dieses Gesetz ist auch in diesem Fall wieder zur Anwendung gekommen. Wir haben den vorgeschlagenen Gesetzentwurf überarbeitet und modifiziert. Lieber Axel, das ist die Aufgabe eines frei gewählten Parlaments. Wir haben Obergrenzen für Darlehensvolumen, eine Immobilienwertrelation und Amortisierungsanforderungen vorgesehen. Wir haben diejenigen Instrumente übernommen, die in vielen europäischen Ländern ebenfalls zu finden sind und die auf der vorhandenen Datenbasis wirklich eingesetzt werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Durch die Konzentration auf diese beiden Instrumente wird die Gefahr unbeabsichtigter Verzerrungen auf den Immobilienmärkten deutlich reduziert und die robuste Schuldentragfähigkeit der deutschen Haushalte berücksichtigt. Daneben gibt es Freikontingente, eine Bagatellgrenze und Abstufungen, die die Kollegin Tillmann eben erläutert hat. Damit berücksichtigen wir die extrem unterschiedliche regionale Situation auf den Immobilienmärkten in Deutschland.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Neben einer Reihe städtischer Hotspots wie München, Frankfurt, Hamburg, Berlin oder Köln gibt es eine ganze Reihe überwiegend ländlich geprägter Regionen, in denen man sehr große Probleme hat, eine Immobilie zu verkaufen. Für diese Regionen wollen wir keine Restriktionen im normalen Kreditgeschäft. Deshalb gibt es diese Freigrenze. Wir haben auch den sozialen Wohnungsbau und die Finanzierung des Umbaus einer Wohnung außen vor gelassen. Ich halte das für absolut richtig.
(Beifall bei der SPD)
Vor einer Scharfschaltung der Instrumente soll der Finanzausschuss informiert werden. Darüber beklagen sich auf einmal die Linken und die Grünen.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Bei anderen Gesetzen gibt es das nicht!)
Ich kann das nicht verstehen; ich halte das für richtig. Ihr fordert doch sonst immer, dass der Finanzausschuss in solche Maßnahmen einbezogen wird. Jetzt machen wir das, und jetzt kritisiert ihr das.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Weil ihr das bremsen wollt!)
Nachvollziehbar ist das nicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Gesetz ist es uns insgesamt gelungen, die berechtigten Bedenken zu berücksichtigen und eine zusätzliche bürokratische Belastung zu minimieren. Gleichzeitig haben wir ein Instrumentarium geschaffen, das im Krisenfall eingesetzt werden kann, um eine Immobilienblase zu bekämpfen. Nach wie vor bleibt aber das Problem der Diagnose: Wann haben wir eine Blase, und wann sind die Entwicklungen normal?
Die Ökonomen sind sich in der Vergangenheit niemals einig gewesen. Blasen sind im Regelfall immer erst hinterher diagnostiziert worden. Mit diesem Problem werden wir leben müssen. Die deutschen Immobilienkreditmärkte sind sehr robust. Eine Immobilienblase hat es bisher nicht gegeben. Ich bin sicher, das wird auch in Zukunft so bleiben. Dann werden diese Instrumente im Koffer bleiben können, und die Menschen, die eine Wohnung suchen, werden auch eine zu bezahlbaren Bedingungen finden.
Wir geben Gas beim Wohnungsbau und bremsen erst, wenn Gefahr droht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gerhard Schick erhält nun das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7092685 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Finanzaufsichtsrecht |