30.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 228 / Tagesordnungspunkt 5

Annette SawadeSPD - Schienenlärmschutzgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Besuchertribünen! „ Der Zug fährt quasi durch mein Schlafzimmer. Ich habe schon seit Jahren nicht mehr ruhig geschlafen. Auch tagsüber wird das Gespräch unterbrochen, wenn ein Zug vorbeifährt. Der permanente Lärm hat mich schon ganz krank gemacht.“ Solche und ähnliche Beschwerden kennen wir alle von Bürgerinnen und Bürgern, die an lauten Bahnstrecken wohnen. Sie hoffen auf Gesetze und vor allem auf wirksame Maßnahmen, die diese Missstände beheben.

Zahlreiche Petitionen, Bürgerinitiativen und Verbände machen sich seit langem für ein Verbot von lauten Güterwagen stark. Auch als Mitglied im Petitionsausschuss habe ich viele Petitionen zum Thema Lärm, ob im Elbtal, im Rheintal oder in Düsseldorf, bearbeitet. Ich habe viele Besuche an der Strecke gemacht, wurde sogar mit einer Feuerwehrleiter die Hänge hochgefahren, damit ich höre, wie laut diese Güterzüge sind. Wir haben uns also auch vor Ort kundig gemacht. Denn wir alle wissen: Lärm macht krank und belastet die Mitmenschen in ihrem täglichen Leben. Das nehmen wir ernst.

Mit dem vorliegenden Schienenlärmschutzgesetz wollen wir nun endlich Abhilfe schaffen. Ab 2020 dürfen in Deutschland keine lauten Güterwagen mehr fahren. Wir wollen doch alle, dass mehr Verkehr auf die Schiene verlegt wird. Aber er muss leiser werden. Dann gelingt uns die Verlagerung auch, weil die berechtigten Proteste der Anwohner weniger werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Gesetz schafft für alle Beteiligten die geforderte Rechtssicherheit. Unternehmen können die Umrüstung und Beschaffung von leisen Güterwagen besser planen. Auch unsere europäischen Nachbarn können sich entsprechend darauf vorbereiten. In den Anhörungen haben wir gehört, dass es auch hier eine sehr positive Entwicklung gibt.

Wir wollen den Lärm an der Quelle beseitigen und damit den Lärmschutz für unsere Bürgerinnen und Bürger verbessern. Es ist einfach sinnvoller, wirtschaftlicher und auch nachhaltiger, den Lärm an der Quelle zu reduzieren, als riesige Lärmschutzwände zu bauen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Schienenlärmschutzgesetz enthält unter anderem drei wesentliche Bestimmungen, die wir im Laufe der Debatten so hineinverhandelt haben.

Erstens. Ab 2020 dürfen Züge mit lauten Güterwagen nicht mehr für den Jahresfahrplan angemeldet werden. Diese sollen nur noch im sogenannten Gelegenheitsverkehr fahren dürfen. Das ist ein bisschen schwierig zu erklären, aber man kann es ja nachlesen. Der Grund: Um künftig die Lärmschutzvorgaben einzuhalten, muss ein lauter Zug entsprechend langsam fahren. Damit blockiert er die Strecke für nachfolgende Züge – das wurde schon gesagt –, und die Streckenkapazität wird dadurch erheblich eingeschränkt. Das wäre letztlich eine Bestrafung für diejenigen, die ihre Züge bereits auf leise Bremsen umgerüstet haben, und für die Hersteller, die Investitionen getätigt haben. Durch diese Vorgaben wird für laute Güterzüge die Attraktivität, das deutsche Streckennetz zu nutzen, erheblich eingeschränkt.

Es ist so, dass bereits einzelne laute Güterwagen den Gesamtlärm erheblich beeinflussen, da es sich um eine logarithmische und nicht arithmetische Addition der einzelnen Lärmquellen handelt. Diese Erklärung ist für die Mathematiker unter uns. Es ist ein bisschen schwierig, das zu erklären, aber ich glaube, man kann es verstehen. Das heißt: „Laut plus laut“ gleich laut. „ Laut plus leise“ bleibt immer noch laut. Das klingt mathematisch nicht ganz richtig, aber logarithmisch ist es so.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Nur „leise plus leise“ ergibt leise. Das heißt also, bereits ein lauter Güterwagen in einem ansonsten leisen Zug erhöht die Lärmmenge erheblich.

Zweitens. Bei Nichteinhalten der vorgeschriebenen Geschwindigkeit bei lauten Güterzügen gibt es Bußgelder für die Lokführer. Diese haben wir allerdings auf eine angemessene Höhe abgesenkt, und sie sind gestaffelt. Wir haben also auch da eine gute Regelung gefunden.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aber warum für die Lokführer und nicht für die Firmen?)

– Die Hersteller müssen auch zahlen, und zwar wesentlich mehr. Der Lokführer hat die Information aber vorher, wie der Zug zusammengestellt ist.

Drittens. Es werden Monitoringstationen eingerichtet, die die Lautstärke der Güterwagen überwachen; denn, wie bereits gesagt, auch ein einzelner Güterwagen erhöht die Lärmmenge. Die Überwachung übernimmt das Eisenbahn-Bundesamt.

Aber auch in Zukunft sind Forschung und Entwicklung von neuer leiserer Technik für Güterwagen essenziell. Deshalb erhalten laute Züge keine Ausnahmegenehmigung mehr, wenn die Technik, um sie umzurüsten, zur Verfügung steht.

(Birgit Kömpel [SPD]: Sehr gut!)

Unter Berücksichtigung der Anmerkungen des Bundesrates haben wir einige wenige Ausnahmen für den Betrieb lauter Wagen zugelassen. Diese betreffen zum Beispiel Fahrten auf Steilstrecken, da solche Fahrten aus Sicherheitsgründen zurzeit nur mit diesen Graugussbremsen möglich sind. Die entsprechenden Züge dürfen aber nur auf Steilstrecken fahren und nicht durch die ganze Republik.

Eine weitere Ausnahme gibt es bei Anschlussbahnen. Dort gilt die TA Lärm. Wir wollen eigentlich immer noch in Richtung Gesamtlärmbetrachtung gehen, aber im Moment ist es so, dass Anschlussbahnen da ausgenommen sind.

Auch für Güterwagen mit kleinen Rädern gibt es eine Ausnahme. Ich habe in der Diskussion darüber viel gelernt. Das sind die Güterwagen für die Autoreisezüge. Es gibt offensichtlich noch technische Probleme, diese auf leise Bremsen umzurüsten, aber es gibt wohl Möglichkeiten, dies zu tun. Deshalb müssen wir auch da etwas ändern.

Für die Fahrten mit Traditionszügen gibt es ebenfalls eine Ausnahme. Wir alle wollen doch mit unseren Kindern und Enkeln in diesen schönen alten Zügen fahren, die Krach machen und stinken. In diesem Fall sollte das erlaubt sein. Insofern finde ich diese Ausnahme sinnvoll. Ein Verbot wäre meines Erachtens auch ein Affront gegen die Vereine, die sich sehr engagiert um die Instandhaltung der alten Strecken bemühen und die alten Wagen mühsam erhalten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war ein langer Weg. Bereits im Oktober 2015 hat mein Büro die erste Anfrage an das Ministerium gestellt und gefragt, wann dieser Gesetzentwurf endlich vorgelegt wird; es war ja im Koalitionsvertrag vereinbart. Heute sind wir so weit. Es ist schön, dass wir den Gesetzentwurf jetzt verabschieden können. Ich kann Ihnen sagen, dass nicht nur ich, sondern auch – davon bin ich überzeugt – die Verbände, die Unternehmen und vor allem die Bürgerinnen und Bürger froh sind, dass wir diesen Gesetzentwurf endlich verabschieden, und zwar, wie ich höre, mit großer Zustimmung aller Fraktionen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Matthias Gastel hat als Redner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jetzt das Wort.

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Electoral Period 18
Session 228
Agenda Item Schienenlärmschutzgesetz
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