30.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 5

Kirsten LühmannSPD - Schienenlärmschutzgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Sehr verehrte Anwesende! Der Gesetzentwurf, den wir hier heute verabschieden, ist in unserem Koalitionsvertrag ein zentraler Punkt unserer Schienenpolitik. Er ist umso wichtiger geworden, weil wir unsere Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einhalten müssen, und das können wir nur, wenn wir mehr Verkehr auf die Schiene bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Regierung war in diesem Punkt nicht untätig. Wir haben in dieser Legislaturperiode im Bundesverkehrswegeplan Prioritäten auf die Engpassbeseitigung, auf die Elektrifizierung von wichtigen Güterverkehrsstrecken, auf die Implementierung des 740-Meter-Netzes und auf die Grundlagen des Deutschland-Taktes, um auch für den Personenverkehr attraktiver zu werden, gesetzt.

Das alles reicht aber noch nicht. Ganz wichtig beim Thema Güterverkehr ist es, die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen der Schiene und der Straße zu schließen. Wir müssen uns über die Senkung von Trassenpreisen und der Stromsteuer Gedanken machen. Sonst wird unser Konzept nicht aufgehen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])

Bei unserer Politik für die Schiene gibt es, wie so oft im Leben, zwei Seiten einer Medaille. Die zweite Seite zeigen uns die Anwohner. Unsere Politik bedeutet für die Menschen, die an der Schiene wohnen, noch mehr Lärm vor ihrer Haustür. Das haben wir erkannt, und darum haben wir in diesem Punkt auch gehandelt: Mit der sogenannten Schall 03 haben wir die Berechnung des Schienenlärms verändert und aktualisiert, wir haben die Mittel für den freiwilligen Lärmschutz jährlich um 30 Millionen Euro erhöht, und wir haben neue Techniken für die Lärmminderung eingeführt – sei es als Versuch oder sei es im richtigen Betrieb.

Insbesondere wenn wir die großen Bürgerforen durchführen, zum Beispiel an der Rheintalbahn oder an der Alpha-Bahntrasse in Norddeutschland für den Hafenhinterlandverkehr, sagen uns die betroffenen Menschen: Das ist schön, aber das reicht uns nicht. – Und sie haben recht. Denn was nützt es uns, wenn wir 6 Meter hohe Lärmschutzwände hübsch anmalen, damit man besser draufgucken kann? Das bringt nur wenig. Viel wichtiger ist es doch, den Lärm an der Quelle zu vermeiden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das werden wir mit diesem Gesetzentwurf tun. Bis 2020 wird die Bundesregierung in ihrem Umrüstungsprogramm über 150 Millionen Euro den betroffenen Unternehmen zur Verfügung gestellt haben.

Wir haben heute sehr theoretisch geredet und gesagt: Ein umgerüsteter Zug ist bis zu 10 Dezibel leiser als ein nichtumgerüsteter Zug. – Wenn man sich aber einmal an die Schiene stellt und sich das anhört – über 50 Prozent der Wagen sind bis jetzt umgerüstet –, dann merkt man erst, was für ein Vorteil die mehrfache Halbierung des Lärms ist. Ich empfehle allen, sich einmal an die Schiene zu stellen und sich einen umgerüsteten Zug anzuhören. Dann sieht man: Das, was wir hier heute auf den Weg bringen, ist eine echte Erleichterung für die Betroffenen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Natürlich müssen wir auch weiterhin einen diskriminierungsfreien Zugang ermöglichen. Es gibt technische Grenzen. Auch solche Züge müssen auf die Schiene kommen. Wir haben aber gesagt: Auch wenn sie nicht umgerüstet und laut sind, müssen sie unsere Lärmobergrenzen einhalten, wenn sie auf unseren Schienen unterwegs sind. Das geht nur, indem sie langsam fahren.

Wir alle wissen – auch aus dem Straßenverkehr –, dass wir die Einhaltung einer Regel kontrollieren müssen, wenn wir sie aufstellen. Wenn wir kontrollieren und feststellen, dass jemand die Regel verletzt, dann muss er ein Bußgeld zahlen. Wir haben die Bedenken der Gewerkschaften GDL und EVG sehr ernst genommen, die uns gefragt haben: Warum geht ihr denn an Lokomotivführer ran? – Das ist richtig, aber wir gehen nicht nur an den Lokomotivführer ran, sondern das Bußgeld wird auch für den Unternehmer fällig, der so etwas angeordnet hat. Wir können den Lokomotivführer aber nicht ganz außen vor lassen, genauso wie wir den Lkw- oder den Pkw-Fahrer nicht ganz außen vor lassen können, der eine Ordnungswidrigkeit begangen hat.

Wir haben das, wie gesagt, ernst genommen und gesagt: Die Bußgelder müssen verhältnismäßig sein. Ein Lokomotivführer hat weniger Geld zur Verfügung als der Unternehmer; also muss auch die Höchstgrenze für den Lokomotivführer deutlich geringer sein. Wir haben den Höchstbetrag halbiert. Er liegt jetzt bei maximal 1 000 Euro. Ich denke, damit haben wir den Interessen der Betroffenen Rechnung getragen.

Wir haben das Problem der langsam fahrenden Züge, die unsere Trassen verstopfen, dadurch ein wenig entschärft, indem wir gesagt haben: Sie dürfen nur noch als Gelegenheitsverkehr fahren, das heißt auf Trassen, die sowieso leer geblieben sind. Dort, wo sie keinen anderen stören, dürfen sie also fahren. Das finde ich mit Blick auf den diskriminierungsfreien Zugang richtig und wichtig.

Abschließend: Das Gesetz, das wir heute beschließen, ist ein gutes Gesetz für die Umwelt, ist ein gutes Gesetz für die Anwohnenden. Aber es ist nicht der Schluss der Debatte. Wir Politiker und Politikerinnen können uns jetzt nicht zurücklehnen, sondern wir haben den Auftrag, nach vorne zu schauen und die Entwicklung und Forschung weiter voranzutreiben, um noch leisere Güterwagen, noch leisere Lokomotiven und noch leisere Gleisbaufahrzeuge in Deutschland zu bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dirk Fischer hat jetzt für die CDU/CSU-Fraktion als letzter Redner in dieser Aussprache das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7092704
Wahlperiode 18
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Schienenlärmschutzgesetz
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