Jens ZimmermannSPD - Vereinbarte Debatte zum EU-Austritt Großbritanniens
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir alle den berühmten Brief von Frau May zu lesen bekommen. Eine Woche zuvor waren unser aller Gedanken bei den Kolleginnen und Kollegen im britischen Parlament, die eine Debatte geführt haben, wie wir sie gerade führen, und dann von der Polizei im wahrsten Sinne des Wortes dort eingeschlossen und bewacht wurden. Ich glaube, der verheerende Anschlag in London hat doch gezeigt, dass uns die gleichen Herausforderungen umtreiben, dass es nicht darum geht, ob man in Berlin oder in London ist, sondern dass wir gerade im Bereich der Sicherheit nur zusammen etwas erreichen können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Umso tragischer ist natürlich, dass wir jetzt den Austritt Großbritanniens aus der EU verhandeln müssen. Aber ich glaube – das ist in dieser Debatte auch deutlich geworden –, wir alle haben ein Interesse daran, zu einem konstruktiven Ergebnis zu kommen, um eine gemeinsame, konstruktive und gute Zukunft im Verhältnis zwischen Deutschland, zwischen Europa und Großbritannien zu haben. Wir müssen aber eben auch zur Kenntnis nehmen: Das wird ein ganz schweres Stück Arbeit.
Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, mir die Titelseiten der britischen Zeitungen von heute Morgen anzuschauen. Das soll man eigentlich nicht machen, aber sie spiegeln die Stimmung in Großbritannien doch ganz gut wider. – Die Times schreibt: „May-Drohung zum EU-Antiterrorpakt“, der Guardian schreibt: „Die EU warnt: Erpresst uns nicht“, die Daily Mail schreibt: „Prost, auf eine großartige Zukunft“ mit Herrn Farage, und man sieht dort ein Pint Bier, und die Sun schreibt: „Euer Geld oder euer Leben“, womit sie auf die Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung anspielt.
Das spiegelt ein gutes Stück die Stimmung wider, die nach wie vor in Großbritannien herrscht. Ich glaube, das müssen wir in den Verhandlungen berücksichtigen.
Glücklicherweise ist die Stimmung bei uns ein bisschen anders. Ich habe mir heute auch einmal die Zeitung mit den vier großen Buchstaben angeschaut. Darin geht es heute darum, dass Hape Kerkeling seinen Freund geheiratet hat.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herzlichen Glückwunsch!)
Das ist ungefähr der Unterschied zwischen der öffentlichen Debatte in Großbritannien und der öffentlichen Debatte, die wir teilweise hier bei uns haben.
Eigentlich müsste man in Deutschland „Keep calm and carry on“ sagen. So ist es aber eben nicht. Wir müssen uns anstrengen und alles dafür tun, dass wir uns nicht auf diese Debatte einlassen, die von gewissen Teilen der Medien in Großbritannien uns aufzudrängen versucht werden wird. Das sind nämlich diejenigen, die schon dafür gesorgt haben, dass es überhaupt zum Brexit gekommen ist. Das sind die Nationalisten, die dort in ihren Redaktionen sitzen und sich jeden Tag überlegen, was für eine Sauerei sie am nächsten Tag in der Zeitung schreiben können.
Ich glaube, wir als deutsche und als europäische Seite müssen versuchen, mit der notwendigen Gelassenheit an diese Verhandlungen heranzugehen, weil wir wissen, dass wir eine gemeinsame konstruktive Zukunft mit unseren Freunden in Großbritannien haben wollen – sicher nicht um jeden Preis und sicher nicht auf der Grundlage der Yellow Press.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Zimmermann. – Als Nächster hat Dr. Heribert Hirte von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7092938 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum EU-Austritt Großbritanniens |