Nadine SchönCDU/CSU - Transparenz von Entgeltstrukturen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern es ist auch gesetzlich geregelt, dass Frauen und Männer für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn erhalten müssen. Dass das aber in der Realität nicht immer der Fall ist, zeigen einige Beispiele, die wir aus den Medien zur Genüge kennen. Da ist zum Beispiel die Firma Birkenstock, die ihren weiblichen Angestellten über Jahre hinweg mehr als 1 Euro weniger pro Stunde bezahlt hat als ihren männlichen Kollegen. Wenn man das einmal summiert, kommt man bei einer 40-Stunden-Woche in fünf Jahren auf über 10 000 Euro Lohnunterschied. Das kann ja wohl nicht sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber das hat die Firma – zur Ehrenrettung muss man das sagen – glücklicherweise längst geändert. Das war auch dringend notwendig.
In den Medien wird auch oft die Tischlermeisterin Edeltraud Walla genannt, die von ihrem Arbeitgeber monatlich 1 200 Euro weniger Bruttogehalt bekommen hat und deshalb vor Gericht gezogen ist. Auch ich kenne es, dass Berufseinsteigerinnen trotz der gleichen Qualifikation weniger Einstiegsgehalt bekommen als ihre männlichen Kollegen. Diese Beispiele zeigen, dass wir Maßnahmen brauchen, um das Gebot „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ wirksamer umzusetzen. Heute beschließen wir eine davon.
Klar ist: Auch mit diesem Gesetz werden wir nicht auf Knopfdruck Lohngerechtigkeit herstellen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das behauptet ja auch keiner!)
Was wir aber heute schaffen, ist die Möglichkeit für Frauen, zu beweisen, dass es in ihrem Unternehmen eine ungleiche und ungerechtfertigte Bezahlung gibt, und dagegen vorzugehen. Wenn eine Frau ahnt, dass ihre männlichen Kollegen in gleicher Position und Verantwortung mehr verdienen als sie, dann hat sie mit dem heutigen Gesetz nun einen Auskunftsanspruch. Damit kann sie Transparenz einfordern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie erfährt, warum sie wie bezahlt wird, und sie kann auch erfahren, wie viel eine vergleichbare Gruppe im Schnitt verdient.
Verdient sie weniger und gibt es keinen sachlichen Grund dafür, handelt es sich um Diskriminierung. Dann kann sie bei ihrem Arbeitgeber einen gerechten Lohn einfordern – wenn er diesem Anspruch nicht nachkommt, natürlich auch vor Gericht.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das muss sie ganz alleine tun!)
Das ist ein großer Fortschritt. Denn Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts darf es in unserem Land nicht geben. Sie muss aufgedeckt und beseitigt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Gleichzeitig werden die Unternehmen mit diesem Gesetz aufgefordert, Prüfverfahren durchzuführen. Auch dies ist eine wichtige Maßnahme. Viele von Ihnen kennen ja Prüfverfahren wie Logib-D oder eg-check. Das sind bewährte Verfahren, um die Entgeltstrukturen in den Unternehmen zu überprüfen und Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.
Bei mir vor Ort macht ein Unternehmen das schon sehr lange, und zwar die Marienhausklinik. Ich habe mir das auch schon einmal selbst angesehen; das ist sehr zu empfehlen.
Der positive Effekt dieser Prüfverfahren ist, dass es im Unternehmen regelmäßig eine Diskussion darüber gibt, ob denn für Frauen und Männer gute Chancen und Möglichkeiten im Unternehmen bestehen und was man verbessern kann. Dabei kommen automatisch auch Fragestellungen wie Flexibilität, Kinderbetreuung, Aufstiegschancen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Karrieremöglichkeiten und vieles mehr zur Sprache. Genau das ist es doch, was wir brauchen. Wir brauchen diese Diskussionen, um die strukturellen Probleme zu lösen und weite Teile der Lohnlücke zu schließen, nämlich die etwa 6 Prozent, die man nicht erklären kann – deshalb führen wir jetzt den Auskunftsanspruch ein –, und die 15 Prozent, die man dadurch erklären kann, dass Frauen öfter in Teilzeit arbeiten, öfter aus dem Beruf aussteigen und auf der Karriereleiter nicht nach oben kommen.
Wir haben gerade in dieser und auch in den vergangenen beiden Legislaturperioden sehr vieles gemacht – teilweise zusammen mit Ihnen von der SPD, aber eben auch in der Koalition, die es dazwischen gab –, damit die Gleichberechtigung von Frauen und Männern gestärkt wird, damit es eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt, damit es mehr Partnerschaftlichkeit gibt und damit Frauen bessere Aufstiegschancen in den Unternehmen haben. Ich erinnere nur an den Kitaausbau, an das Thema „Frauen in Führungspositionen“ und an das Elterngeld, das wir in dieser Legislaturperiode mit dem Elterngeld Plus noch einmal flexibler gemacht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben also viel getan, um die Lohnlücke – sowohl die bereinigte als auch die unbereinigte Lohnlücke – zu schließen, und ich sage ganz ausdrücklich: Beide Teile der Lohnlücke sind ein Problem; denn im Alter entwickelt sich die Lohnlücke von 21 Prozent zu einer Rentenlücke, die wesentlich größer ist. Das ist tatsächlich problematisch; denn das ist natürlich ein wichtiger Grund für die Altersarmut von Frauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir verabschieden den Gesetzentwurf heute so, wie er von Frau Schwesig in den Bundestag eingebracht wurde.
(Lachen der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Sönke Rix [SPD]: Er ist auch von Frau Merkel mit eingebracht worden!)
Das ist ja ziemlich ungewöhnlich, weil es nach dem Struck’schen Gesetz eigentlich immer Veränderungen gibt.
Natürlich gibt es viele Wünsche – auch in unserer Fraktion –, das will ich gar nicht verhehlen. Auf der einen Seite sind die Wirtschaftspolitiker, die sagen: Das ist eine Belastung für Unternehmen – das kann man ja auch nicht bestreiten –,
(Sönke Rix [SPD]: Gerechtigkeit kann keine Belastung für Unternehmen sein!)
und das ist zu bürokratisch. Auf der anderen Seite sind die Frauen, die sagen: Eigentlich ist uns das zu wenig; wir hätten gerne mehr gehabt.
(Sönke Rix [SPD]: Das stimmt!)
An dieser Stelle will ich gerne sagen, dass auch das Wahlprogramm der Unionsfraktion das Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ enthält und dass das Thema Lohngerechtigkeit auch uns ein Herzensanliegen ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
Deshalb wurden gerade von der Unionsfraktion diese und viele weitere Maßnahmen immer vorangetrieben und haben wir sehr dafür gekämpft.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben uns mit dem Koalitionspartner dazu entschlossen, den Gesetzentwurf jetzt so zu verabschieden, wie er von Frau Schwesig eingebracht wurde.
(Sönke Rix [SPD]: Und von Frau Merkel!)
Im Vorlauf gab es einen mühsam ausgehandelten Kompromiss zwischen dem Ministerium und den Sozialpartnern. Das war vielleicht ein ungewöhnliches Verfahren, aber es trägt dazu bei, dass es einen Mittelweg zwischen den Anliegen der Sozialpartner – ich sage ausdrücklich: sowohl der Arbeitgeberverbände als auch der Gewerkschaften – gibt.
Deshalb bin ich froh, dass wir mit dem heutigen Gesetzentwurf einen deutlichen Schritt nach vorne hin zu mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen machen. Wir werden die Lohnlücke mit diesem Gesetz nicht beseitigen, aber wir geben den Frauen damit Werkzeuge an die Hand, mit denen sie dagegen vorgehen können.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht! Das tun Sie nicht!)
Herzlichen Dank an alle, die uns in den letzten Wochen auf diesem Weg begleitet haben und diesen Gesetzentwurf heute mit uns verabschieden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird alles schöngeredet!)
Vielen Dank, Nadine Schön. – Nächste Rednerin: Ulle Schauws für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7093181 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 228 |
Tagesordnungspunkt | Transparenz von Entgeltstrukturen |