30.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 228 / Tagesordnungspunkt 15

Maria MichalkCDU/CSU - Krankenkassenbeiträge für Selbstständige

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Grundlage für diese Debatte sind zwei Anträge der Linken. Ich möchte einmal die Titel vorlesen: „Gerechte Krankenkassenbeiträge für Selbstständige in der gesetzlichen Krankenversicherung“ und „Gerechte Krankenkassenbeiträge für freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte“. Ich sage: Man könnte, wenn man nicht weiterliest, glauben, die Linke habe jetzt ihr Herz für alle Selbstständigen entdeckt.

(Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ich war selber zwölf Jahre Unternehmer! – Gegenruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist etwas ganz anderes!)

Das wäre auch gut; denn Selbstständige verdienen – und zwar immer, nicht nur in dieser Debatte – unsere Hochachtung, weil sie für sich selbst, ihren Arbeitsplatz und ihre Mitarbeiter zuständig sind. Sie kümmern sich selbst und ständig um Arbeitsplätze. Das muss hier einfach einmal gesagt werden. Deshalb haben sie unsere Hochachtung verdient.

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Weinberg [DIE LINKE]: Danke für Ihre Hochachtung! Ich war selber Unternehmer! – Gegenruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU]: Dann sollten Sie es auch besser wissen, Herr Kollege! – Weiterer Gegenruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE]: Ich kenne die Situation besser als Sie, Herr Kollege!)

Jeder Unternehmer arbeitet mit großem Risiko, und jeder Unternehmer haftet ganz allein für das, was er tut: für seine Gesellschaft, für sein Unternehmen, für seinen Arbeitsplatz. Er verschuldet sich gelegentlich, auch in Form von Bürgschaften, bis zur letzten Kaffeetasse im Schrank. Das muss man einmal sagen. Denn gerade von Ihrer Seite höre ich immer wieder: Das sind die Schurken der Nation.

(Widerspruch bei der LINKEN)

Jetzt sage ich es noch einmal – dies ist wichtig –, dass jeder Selbstständige Hochachtung verdient.

In Deutschland – Sie haben die Zahl 4,2 Millionen genannt, in der Anhörung wurde auf 3,5 Millionen abgestellt; das lasse ich einmal dahingestellt sein – sind 60 Prozent der Selbstständigen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert; das sage ich zur allgemeinen Kenntnisnahme. 50 Prozent derjenigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, haben ein Jahreseinkommen von maximal 23 000 Euro. Das ist das Problem.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Da sind wir uns in der Analyse fraktionsübergreifend einig. Davon kann man keine Familie ernähren.

Trotzdem muss ich darauf hinweisen, dass auch Solo-Selbstständige in Ehe- oder in Bedarfsgemeinschaften mit Partnern zusammenleben. Deshalb ist auch bei ihnen die Frage der Versicherung zu prüfen. Denn wenn man in Partnerschaft lebt, ist es für Bezieher geringer Einkommen nicht so einfach, Aufstockerleistungen zu bekommen, weil man die Bedürftigkeitsprüfung erst einmal überstehen muss. Deshalb ist Ihre einfache Antwort – das betrifft leider auch unseren Koalitionspartner –, das Problem könne man in der nächsten Legislaturperiode durch Einführung der Bürgerversicherung lösen, nicht richtig. Da lobe ich mir eine differenzierte Betrachtung.

Denn man muss auch wissen, dass, wenn Sie das einführen, alle Betroffenen, egal ob sie ein großes oder ein kleines Unternehmen führen, eingebunden sind. Allerdings haben diejenigen mit höherem Einkommen die finanzielle Möglichkeit, sich neben der Bürgerversicherung noch zusätzlich zu versichern. Damit schaffen Sie auch keine Einheitsversicherung, die ich persönlich aufgrund der Erfahrung der letzten 40 Jahre vor der Wiedervereinigung ablehne.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie uns doch nichts!)

Deshalb ist es wichtig, dass wir an unserem gegliederten Versicherungssystem festhalten.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie? Nichts!)

Aber ehrlich gesagt: Die Betrachtung der Wirtschaftsstärke von Selbstständigen ist ein Thema. In der Anhörung wurden uns Vorschläge – das machen Sie auch – mit Blick auf die Mindestbemessungsgrenze auf den Tisch gelegt. Sie wissen auch, dass da unterschiedliche Betrachtungsweisen vorgetragen worden sind. Der GKV-Spitzenverband spricht von einer Herabsetzung der Grenze von 2 231 Euro um ein Drittel, also auf 1 487 Euro. Der vdek spricht von einer Herabsetzung auf 991 Euro. Sie haben jetzt von 1 000 Euro gesprochen. Vorschläge gibt es viele. Das beweist, dass eine einfache Lösung eben nicht so einfach zu erreichen ist.

Deshalb ist es richtig – Herr Weinberg, Ihre letzte Feststellung ist falsch –: Die Koalition hat jedenfalls bis zur Bemessungsgrenze eine Lösung für die freiwillig Versicherten im Gesetzblatt stehen, die sich – das kann man nicht oft genug sagen – an der Belastbarkeit orientiert. Es ist ein fließender Beitragssatz zu zahlen. Das heißt: Wer in einem Jahr Umsatzeinbrüche hatte, für den wird der Beitrag abgesenkt. Mit diesem niedrigen Beitrag geht er in das nächste Wirtschaftsjahr. Ist die Ertragslage besser, muss er vielleicht nachzahlen. Diese Struktur der Belastbarkeit ist gerecht.

Gleiche Leistungen, wenn man medizinische Hilfe braucht: Das ist die Grundphilosophie, auf der die Union mit ihren Konzepten für die Zukunft weiter aufbauen wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Kollege Dirk Heidenblut hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7093241
Wahlperiode 18
Sitzung 228
Tagesordnungspunkt Krankenkassenbeiträge für Selbstständige
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta