Jeannine PflugradtSPD - Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2016
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Nach Frau Wilms zu sprechen, ist schwierig. Meine Rede wird bestimmt nicht so stimmungsvoll, aber vom Inhalt her auch sehr interessant.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Spannung steigt!)
In Südamerika gibt es einen See, dessen Namensgebung auf Vertreter der indianischen Kultur zurückgeht. Sinngemäß übersetzt lautet der Name: Wir fischen auf unserer Seite, ihr fischt auf eurer Seite, und niemand fischt in der Mitte. – Dahinter steckt eine Erkenntnis: Wenn alle auf allen Seiten fischen und versuchen, möglichst viel für sich selbst zu sichern, bleibt am Ende für niemanden etwas. Nachhaltiges Handeln als Fähigkeit, vorauszublicken und vorzusorgen, ist alt. Nachhaltigkeit war und ist eine Überlebensstrategie, die mittlerweile eine globale Dimension angenommen hat.
Die im September 2015 in New York verabschiedete Agenda 2030 der Vereinten Nationen hat gezeigt, dass die Erkenntnis der globalen Bedeutung von Nachhaltigkeit bei den Staatenlenkern angekommen ist. Die globalen Herausforderungen lassen sich nur gemeinsam bewältigen. Das Leitprinzip der nachhaltigen Entwicklung muss konsequent und in allen Bereichen und in allen Staaten angewandt werden. Uns allen muss bewusst sein, dass unser Verhalten auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene Auswirkungen auf unsere Kinder, Enkelkinder sowie auf das gesamte Ökosystem unseres Planeten hat.
Als Berichterstatterin meiner Fraktion zum Thema „gesunde Ernährung“ möchte ich einen kurzen Blick auf ebendieses Thema in der Nachhaltigkeitsstrategie richten. Ernährung ist ein Menschenrecht. Deshalb haben nicht nur die Beendigung des weltweiten Hungers, sondern auch die Verringerung der Adipositasquote von Jugendlichen und Erwachsenen als Ziele Einzug in unsere nationale Nachhaltigkeitsstrategie gefunden. Auch wenn Sie es nicht mehr hören können, liebe Kolleginnen und Kollegen: Lebenswichtig bleibt dieses Thema allemal. Es bleibt Thema Nummer eins für Nachhaltigkeit im Bereich Gesundheit oder – nennen wir es lieber so – im Bereich „länger leben“.
Übergewichtige und fettleibige Jugendliche sind häufig mit Ausgrenzung und sozialem Rückzug konfrontiert, Erwachsene sehr oft ebenfalls mit gesundheitlichen Auswirkungen, zum Beispiel mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Gelenkschäden. Hier ist das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie klar definiert: Der Anteil der betroffenen Jugendlichen darf nicht weiter ansteigen, und der Anteil der betroffenen Erwachsenen muss reduziert werden.
Um die Dimension der Problematik einmal zu verdeutlichen: Circa 10 Prozent der Jugendlichen in Deutschland werden als adipös eingestuft – Tendenz steigend. Bei den Erwachsenen über 18 Jahren in unserer Bevölkerung gelten fast 35 Prozent als übergewichtig – Tendenz steigend. Wen wundert’s?! Der Grund für diesen Befund: die Zunahme von ungesundem Ernährungsverhalten gepaart mit mangelnder Bewegung.
Man kann die Menschen nicht zwingen. Das ist richtig, und das wollen wir auch nicht als Politik. Deshalb muss das Ziel auf nationaler Ebene aber sein, das Wissen über Ernährung und Ernährungsstile zu verbessern und Verbraucherinnen und Verbrauchern die Wahl eines gesünderen, ausgewogenen Ernährungsverhaltens zu erleichtern.
Um den Menschen einen gesunden Lebensstil näherzubringen, wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, und viele stehen noch in den Startblöcken. Das reicht allerdings nicht aus. Meines Erachtens brauchen wir eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, die es uns Verbraucherinnen und Verbrauchern auch ohne Pharmaziestudium und Lupe ermöglicht, zu erkennen, welche Nährstoffe in einem Produkt enthalten sind, das unsere Verbraucher und Bürger und wir selber auch kaufen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Zum Abschluss noch einen Satz zum Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung; einiges ist schon gesagt worden. In den vergangenen dreieinhalb Jahren hat sich das Prinzip der gemeinsamen Arbeit im Beirat als sehr fruchtbar erwiesen. Wünschenswert für die Zukunft wäre es jedoch, wenn der Beirat nicht nur kontrollierende, sondern darüber hinausgehende Kompetenzen hätte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mit mehr Kompetenzen als bisher würde es künftig vielleicht auch gelingen, gemeinsam erarbeitete und vorangetriebene Projekte, zum Beispiel die erwähnte und leider gescheiterte Verankerung der Nachhaltigkeit im Grundgesetz, zu einem Erfolg zu führen. Wenn wir beim Grundgesetz sind, nehmen wir die Kinderrechte gleich noch mit dazu; dann haben wir schon ganz viel erreicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ganz kurz noch Folgendes: Frau Kipping und Frau Göring-Eckardt, so schwarz, wie Sie Deutschland und die Nachhaltigkeitspolitik malen, so schwarz ist Deutschland in der Nachhaltigkeit nicht. Sie als Opposition müssen das wahrscheinlich sagen; das gehört wahrscheinlich zu Ihrer Rolle dazu. Aber man kann auch als Opposition mal loben – das fände ich gut – und darf nicht nur meckern.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ein schönes Wochenende!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Matern von Marschall.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7093381 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 229 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie 2016 |